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Press, Volker [Hrsg.]
Barock am Oberrhein — Oberrheinische Studien, Band 6: Karlsruhe: Braun, 1985

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Quarthal, Franz: Öffentliche Armut, Akademikerschwemme und Massenarbeitslosigkeit im Zeitalter des Barock
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https://doi.org/10.11588/diglit.52724#0207

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Quarthai

Element in Erinnerung geblieben ist: mit 1,4 Millionen knapp ein Zehntel der Mili-
tärausgaben. Rund 260 Millionen Gulden kostete Österreich der Siebenjährige
Krieg, den es 1763 wegen finanzieller Erschöpfung aufgeben mußte70.
Neben diesen Summen wirken die Aufwendungen für Schloß- und Kirchenbauten
der Barockzeit fast bescheiden. So wurden beispielsweise von 1715 bis 1722 für den
Neubau der prächtigsten Abtei Oberschwabens, für die Kirche des Klosters Weingar-
ten mit 227 000 fl. weniger als ein Tausendstel dieser Summe verbaut71. Daß aber
Schlösser und Kirchen trotz drückender Finanznot gebaut wurden, ist der Vorstel-
lung von fürstlicher Repräsentation und Reputation zuzuschreiben, wobei eine
Unterlassung Ansehen und Einfluß des Staates geschadet hätten. So gaben bei grund-
sätzlich defizitärem Budget aus: Bayern für Militär 26%, zur Schuldentilgung die
gleiche Summe, für Hof- und Zivilverwaltung knapp 50%, Österreich für das Militär
50%, zur Schuldentilgung 25% und ebensoviel zur Hof- und Zivilverwaltung72. Die
Verhältniszahlen für die Kurpfalz unter Karl Ludwig entsprechen in etwa denen
Österreichs, später nähert sich das Verhältnis bei einem Anwachsen des Defizits dem
der Ausgaben in Bayern73. Die gleiche defizitäre Entwicklung zeigt der Staatshaus-
halt in Württemberg unter Eberhard Ludwig, dem Erbauer von Schloß und Stadt
Ludwigsburg: Seine aufwendige Hofhaltung und das kleine stehende Heer erforder-
ten weit mehr, als das kleine Herzogtum aufbringen konnte74. So hinterließ er meh-
rere Millionen Gulden Schulden, die unter Karl Eugen bis zum Jahre 1750 auf
13 Millionen anwuchsen75.
Ein einziges Territorium im deutschen Reich war nicht diesem Trend unterwor-
fen: der große Gegenspieler Habsburgs seit 1740, der Kurstaat Brandenburg-Preu-
ßen. König Friedrich Wilhelm von Preußen (1713-1740), der die Finanzwirtschaft
seines Vaters als die „dolleste Haushaltung von die weldt” bezeichnet hatte, schlug
auf Grund dieser Erfahrungen einen völlig anderen Kurs ein. Wie ein Paukenschlag
wirkte es in Europa, als er fast den gesamten Hofstaat seines Vaters entließ und
die Kosten für den Hof von 335 676 Taler auf 102 569 Taler zusammenstrich76.
Strengste Sparsamkeit und Rentabilität waren die Maximen seiner Verwaltungsor-
ganisation. Nun gelang es, die Staatseinnahmen während der 27 Jahre seiner Regie-
rung von 9 Millionen Gulden auf 14 Millionen Gulden zu steigern. Als einziges
Territorium konnte Preußen im 18. Jahrhundert seinen Haushalt ausgeglichen hal-
ten, seine Armee von 40 000 auf 83 000 Mann vergrößern und noch einen Schatz
70 Adolf B eer, Die Staatsschulden (wie Anm. 67) S. 18 .
71 Peter Scherer, Reichsstift und Gotteshaus Weingarten im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag
zur Wirtschaftsgeschichte der südwestdeutschen Grundherrenschaft, (Stuttgart 1969) S. 70.
72 Peter Claus Hartma n n, Geld als Instrument europäischer Machtpolitik im Zeitalter des
Merkantilismus, (München 1978) S. 30.
73 Volker S e lli n, Die Finanzpolitik Karl Ludwigs von der Pfalz. Staatswirtschaft im Wieder-
aufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg (Stuttgart 1978) S. 38-41.
74 Karl Otto Müller, Die Finanzwirtschaft in Württemberg unter Herzog Ludwig Alexan-
der (1733-1737). In: WVjH 38 (1932) S. 276-317.
75 Ernst Klein, Geschichte der öffentlichen Finanzen in Deutschland, 1500-1870 (Wies-
baden 1974) S. 76 f.
76 Ebd., S. 48.
 
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