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Oechelhäuser, Adolf von
Der Bilderkreis zum Wälschen Gaste des Thomasin von Zerclaere — Heidelberg, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.1389#0020
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— 16 —

mit langer, spitzer Nase und struppigen, rothen. Haaren dargestellt, steht abgewendet, dreht
aber den Kopf nach seiner Herrin herum und giebt durch den Spruchzettel Qcb tuoit
st»CH ir gebitet) seine Unterwürfigkeit zu erkennen. Weiter nach rechts in der Mitte des
Bildes erscheint eine männliche Gestalt in langem blauen Gewände, ohne nähere Bezeich-
nung, mit gekreuzten Armen nach beiden Seiten hinweisend. Zuäusserst rechts als Gegen-
stück: das Unterliegen des Lasters unter der Frömmigkeit; Der frum man (Du bift unter
minett 01103) *"rn^ nn* ^en Füssen auf die am Boden lang hingestreckt liegende Sosbett,
welche in ohnmächtigem Zorn den Blick nach oben richtet.

Der Vorgang ist einfach und verständlich dargestellt, in losem Anschluss an die
Verse 76—86 der Einleitung*), worin der Verfasser erklärt, dass er sich mit der Huld
der Guten zufrieden gebe und den Spott der Bösen verachte. Die mittlere Figur ist so-
mit wohl als der Dichter selbst aufzufassen, der auf den Sieg des Lasters und den der
Tugend hinweist.

In allen Mss., welche am Anfang vollständig sind, d. h. in G, H, D, a, b und
W dieselbe Scene in derselben Anordnung wiederkehrend.

2) Auf derselben Seite weiter unten: Der Empfang des „wälschen Gastes", (wie
der Verfasser sein Gedicht selbst nennt) in Deutschland, nach V. 87 ff. In einem von
zwei Thürmen fiankirten Thor bogen sitzt ein Weib mit Schapel und lang herabwallenden
Locken, die Ceuscbeu 3Unge, mit der Linken ein Spruchband (Seit mir cbcm st OC13) haltend
und die Bechte dem vor ihr knieenden Fremdling, Der Ifelscb gast, der eben vom Pferde
gestiegen ist, zum Willkomm entgegenstreckend. Das Pferd steht gesattelt und gezäumt
zuäusserst rechts vor einem Baum, dessen Fuss unten nicht sichtbar ist, so dass der
Stamm wie aus dem Sattel herauswachsend erscheint.

Die Handschriften G und D zeigen den Vorgang bis auf Kleinigkeiten genau
ebenso wiedergegeben, haben aber statt des auf unserm Schriftbande vorhandenen unvoll-
ständigen Textes die offenbar ursprünglichen und ganz ähnlich tönenden, richtigen Worte:
Senbet mir tomasin 003 (G) und: bis nn'lfum faufmann (D). Die Lesung von G und D
findet sich in H, a, b und W wieder, die aber in der Anordnung der Figuren mancherlei
Abweichungen von einander aufweisen. So erscheint z. B. in a die deutsche Zunge stehend
als modisch gekleideter Junker. Unverständlich ist in A die Beischrift: Verbot am Kopfe
des knieenden Gastes, ebenso wie diejenige in G: tarn efficiens und D: gnab fratr» an
derselben Stelle, Das gemeinsame Vorbild in 0 hat offenbar diese Abweichungen durch
Unklarheit oder Undeutlichkeit der Schriftzüge veranlasst, ein Vorgang, der uns wieder-
holentlich begegnen wird. Der ohne jede Erklärung leicht verständliche Vorgang wird

*) Wir citiren nach der Rückert'sehen Ausgabe, deren Text hauptsächlich aus A zu-
 
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