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lieh nicht zu Gunsten der Deutlichkeit seiner Illustrationen, verfahren, am vernünf-
tigsten der von b.

Schwieriger als diese Constatirung der Uebereinstimmung ist die Frage nach dem
Grade der Abhängigkeit der einzelnen Mss. von der Original - Handschrift und der Ver-
wandtschaft derselben untereinander.

Zunächst ist die Annahme einer direkten Benutzung einer und derselben Vor-
lage für sämmtliche Mss., abgesehen von den hier nicht zu erörternden sprachlichen
Gründen, allein schon im Hinblicke auf die zeitlichen und örtlichen Entfernungen, welche
die Handschriften von einander trennen, ganz auszuschliessen. Ausserdem würde auch
die in einzelnen Handschriften wiederholt vorkommende Uebereinstimmung in den Ab-
weichungen von 0 einer solchen Annahme direkt entgegenstehen. Aus verschiedenen,
oben bei Besprechung der Bilderreihe an den entsprechenden Stellen angeführten Grün-
den ist aber nicht einmal für ein einziges der vorhandenen und von uns benutzten Mss.
eine direkte Benutzung des Originals anzunehmen, weder für G, welches den Cyklus am
vollständigsten bewahrt hat, noch für A, welches dem Originale lextlich und zeitlich am
nächsten steht. In Uebereinstimmung mit den aus der Textkritik gewonnenen Resultaten
lässt sich ferner auch bei keiner unserer Handschriften ein direkter Zusammenhang mit
einer der übrigen nachweisen, nur zwischen U und W erscheint ein solcher als sehr
wahrscheinlich. Die sich in verschiedene Arme spaltende Kette, welche die Bilderreihen
der Handschriften des wälschen Gastes verknüpft, geht für uns von einem unbekannten
Ursprungsorte, dem verloren gegangenen Original-Codex 0, aus und ist im weiteren Ver-
laufe, mit Ausnahme von U und W, nur noch in getrennten, zusammenhangslosen Glie-
dern constatirbar. Jedes unserer Mss. A, S, G, E, H, D, a, b bildet ein solches ohne
direkten vorderen oder hinteren Anknüpfungspunkt vorhandenes Glied. Da das Gedicht
des Thomasin im späten Mittelalter sich grosser Beliebtheit erfreute und in Folge dessen
in zahlreichen Abschriften verbreitet gewesen ist, so liegt in dieser Thatsache, dass die
spärlichen auf uns gekommenen Ueberbleibsel isolirt dastehen, an und für sich nichts be-
fremdliches; die Mittelglieder sind eben verloren gegangen. Dennoch können wir zwi-
schen einigen Handschriften wenigstens einige weitere oder nähere Verwandtschaftsgrade
feststellen, welche uns berechtigen, von Handschriften - Familien unter den Mss. des wäl-
schen Gastes zu sprechen.

Eine enge Verwandtschaft zeigen zunächst A und G, welche zeitlich nur etwa
ein halbes Jahrhundert auseinanderliegen, deren Dialekte aber zwei völlig verschiedenen
Sprachgebieten angehören. Wiederholt haben wir die auffallendsten Uebereinstimmungen
zwischen beiden Bilderreihen hervorzuheben gehabt (s. No. 4, 6, 8, 10, 14, 19, 20, 21,
23, 24, 26, 27, 31, 32, 38, 39 u. s. f.). Es wäre nun denkbar, dass der Codex A durch
irgend welche Umstände nordwärts in die ostfränkischen Lande verschlagen und dort

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