Das Problem des myronischen Diskobois.
107: Torso von Castelporziano.
Der Fund des Torso von Castel-
porziano (Abb. 107) *) hat die Auf-
merksamkeit weiter Kreise auf Myrons
in alter und neuer Zeit viel bewun-
dertes Meisterwerk gelenkt und zu
überraschenden neuen Gedanken über
dasselbe Anlaß gegeben. Zwar der
Entdecker selbst, G. E. Rizzo, hat
sich darauf beschränkt, zur Ergän-
zung der gefundenen Fragmente und
zur Rekonstruktion der Statue in
Gips die bisher bekannten Repliken
heranzuziehen und so eine erheblich
verbesserte, aber mit den bisherigen
Versuchen im wesentlichen überein-
stimmende Wiederherstellung zu lie-
fern2), doch sind bald darauf Zweifel
an der Richtigkeit einer wichtigen
Einzelheit aufgetaucht.
Die Berliner Bildhauerin Marie
Dihl, die in Paris bald nach dem Fund
eine photographische Wiedergabe des Torso neben solchen des Londoner und des
Vatikanischen Exemplars sah, wurde dadurch angeregt, eine Ergänzung zu versuchen,
und schuf auf Grund eingehender anatomischer und sportlicher Studien eine Wieder-
herstellung des myronischen Diskobois, die sich von dem bisher als authentisch gelten-
den Schema vor allem dadurch unterschied, daß der linke Fuß nicht umgeknickt und
schleifend, sondern mit dem Ballen aufstehend gebildet war, was die Künstlerin als
die allein mögliche, praktisch ausführbare Stellung ansieht (Abb. 108)3).
*) Nach Brunn-Bruckmann 631.
2) G. E. Rizzo, Notizie d. Scavi III (1906)
403 ff.; Bollett. d’Arte I iff.; Brunn-Bruckmann,
Taf. 631, 632. W. Amelung, Zeitschr. f. bild. Kunst,
N. F. 18 (1907) 185 ff.
3) Nach Br. Schröder, Der Sport im Altertum,
Berlin 1927, Taf. 58 b (weiterhin zitiert Schröder,
Sport). Verschiedene Stellungen abgebildet Zeitschr.
f. b. K. 27 (1916) 305, Abb. 4 bis 7. Die Fußstellung
in „Die Leibesübungen“ 1925, 498.
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107: Torso von Castelporziano.
Der Fund des Torso von Castel-
porziano (Abb. 107) *) hat die Auf-
merksamkeit weiter Kreise auf Myrons
in alter und neuer Zeit viel bewun-
dertes Meisterwerk gelenkt und zu
überraschenden neuen Gedanken über
dasselbe Anlaß gegeben. Zwar der
Entdecker selbst, G. E. Rizzo, hat
sich darauf beschränkt, zur Ergän-
zung der gefundenen Fragmente und
zur Rekonstruktion der Statue in
Gips die bisher bekannten Repliken
heranzuziehen und so eine erheblich
verbesserte, aber mit den bisherigen
Versuchen im wesentlichen überein-
stimmende Wiederherstellung zu lie-
fern2), doch sind bald darauf Zweifel
an der Richtigkeit einer wichtigen
Einzelheit aufgetaucht.
Die Berliner Bildhauerin Marie
Dihl, die in Paris bald nach dem Fund
eine photographische Wiedergabe des Torso neben solchen des Londoner und des
Vatikanischen Exemplars sah, wurde dadurch angeregt, eine Ergänzung zu versuchen,
und schuf auf Grund eingehender anatomischer und sportlicher Studien eine Wieder-
herstellung des myronischen Diskobois, die sich von dem bisher als authentisch gelten-
den Schema vor allem dadurch unterschied, daß der linke Fuß nicht umgeknickt und
schleifend, sondern mit dem Ballen aufstehend gebildet war, was die Künstlerin als
die allein mögliche, praktisch ausführbare Stellung ansieht (Abb. 108)3).
*) Nach Brunn-Bruckmann 631.
2) G. E. Rizzo, Notizie d. Scavi III (1906)
403 ff.; Bollett. d’Arte I iff.; Brunn-Bruckmann,
Taf. 631, 632. W. Amelung, Zeitschr. f. bild. Kunst,
N. F. 18 (1907) 185 ff.
3) Nach Br. Schröder, Der Sport im Altertum,
Berlin 1927, Taf. 58 b (weiterhin zitiert Schröder,
Sport). Verschiedene Stellungen abgebildet Zeitschr.
f. b. K. 27 (1916) 305, Abb. 4 bis 7. Die Fußstellung
in „Die Leibesübungen“ 1925, 498.
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