RUNDSCHAU
ZUR EINFUEHRUNG
Ueberall regen sich ia Deutschland junge Kräfte,
die auf eine Neugestaltung der künstlerischen Zu-
stände, auf eine Neubegründung der gesammten
künstlerischen Erziehung und Production drängen.
Künstler wirken für eine gründlichere und um-
fassendere Schulung der heranwachsenden Schüler-
generation, denn das Mass von Ausbildung, das unsere
Akademien bisher für auskömmlich erachteten, hatte
sie schliesslich zu einer Art von Vorschulen der Pariser
Ateliers herabgedrückt, und das tragische Bekenntniss
„wir haben den Kopf voll Ideen, aber wir können
nichts machen" hatte seine Geltung bisher noch
nicht verloren. — Während vor zehn Jahren
fast allein Klinger und Stauffer die reproducirenden
„Griffelkünste" pflegten, unbeachtet von Sammlern,
Händlern und öffentlichen Kunstsammlungen, ist
ihnen die ganze Schaar der Jugend auf das lange
vernachlässigte Gebiet gefolgt und zu den führen-
den Meistern hat sich auch der Sammler gesellt. —
An einigen Orten haben die Gemäldegalerien und
Kupferstichkabinette enge Fühlung mit der leben-
digen Kunst gesucht und gefunden, während man
vor zehn Jahren noch aus dem Munde von
Historikern die vornehm überhebende Aeusserung
hören konnte, moderne Kunst gäbe es eigentlich
gar nicht. — In einer Denkschrift, die freilich
öffentlich noch nicht bekannt geworden ist, hat
sich schon 1892 die Kommission eines deutschen
Museums zu der Auffassung bekannt, dass eine für
unser Leben fruchtbare künstlerische Bildung nur
auf dem Boden der lebenden Kunst möglich sei,
ein Gedanke, der vor nicht langer Zeit wie ein
Frevel erschienen wäre. — Universitätsprofessoren
graben in historischen und ästhetischen Unter-
suchungen den Boden der Skulptur, der Architektur,
des Unterrichtswesens um, mit der ausgesprochenen
Absicht, der Praxis in die Hände zu arbeiten. —
Der Dilettantismus wendet sich von der Musik in
steigendem Masse den bildenden Künsten zu. —
Die decorativen Künste (Kunstgewerbe) fangen
langsam an, den Kultus der historischen Stile zu
verlassen und sich an die Quelle zu wenden, die
C 97 D
J3
ZUR EINFUEHRUNG
Ueberall regen sich ia Deutschland junge Kräfte,
die auf eine Neugestaltung der künstlerischen Zu-
stände, auf eine Neubegründung der gesammten
künstlerischen Erziehung und Production drängen.
Künstler wirken für eine gründlichere und um-
fassendere Schulung der heranwachsenden Schüler-
generation, denn das Mass von Ausbildung, das unsere
Akademien bisher für auskömmlich erachteten, hatte
sie schliesslich zu einer Art von Vorschulen der Pariser
Ateliers herabgedrückt, und das tragische Bekenntniss
„wir haben den Kopf voll Ideen, aber wir können
nichts machen" hatte seine Geltung bisher noch
nicht verloren. — Während vor zehn Jahren
fast allein Klinger und Stauffer die reproducirenden
„Griffelkünste" pflegten, unbeachtet von Sammlern,
Händlern und öffentlichen Kunstsammlungen, ist
ihnen die ganze Schaar der Jugend auf das lange
vernachlässigte Gebiet gefolgt und zu den führen-
den Meistern hat sich auch der Sammler gesellt. —
An einigen Orten haben die Gemäldegalerien und
Kupferstichkabinette enge Fühlung mit der leben-
digen Kunst gesucht und gefunden, während man
vor zehn Jahren noch aus dem Munde von
Historikern die vornehm überhebende Aeusserung
hören konnte, moderne Kunst gäbe es eigentlich
gar nicht. — In einer Denkschrift, die freilich
öffentlich noch nicht bekannt geworden ist, hat
sich schon 1892 die Kommission eines deutschen
Museums zu der Auffassung bekannt, dass eine für
unser Leben fruchtbare künstlerische Bildung nur
auf dem Boden der lebenden Kunst möglich sei,
ein Gedanke, der vor nicht langer Zeit wie ein
Frevel erschienen wäre. — Universitätsprofessoren
graben in historischen und ästhetischen Unter-
suchungen den Boden der Skulptur, der Architektur,
des Unterrichtswesens um, mit der ausgesprochenen
Absicht, der Praxis in die Hände zu arbeiten. —
Der Dilettantismus wendet sich von der Musik in
steigendem Masse den bildenden Künsten zu. —
Die decorativen Künste (Kunstgewerbe) fangen
langsam an, den Kultus der historischen Stile zu
verlassen und sich an die Quelle zu wenden, die
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