Die werden, stell' ich mir vor, sich bemühen, ihren
Schülern wenigstens die Grundlagen der Kunst,
Poesie zu lesen, beibringen. Ohne an die grossen
Alten zu rühren, vielmehr unter stätigem Hinweis auf
diese und ihre Entwickelung, werden sie sich bemühen,
den Werdegang im geistigen Leben ihres Volkes bis
auf die Gegenwart zu verfolgen. Sie werden nicht
blos Sprachkunde, sondern auch Sinn für Sprach-
kunst pflegen und sich bemühen, ihre Schüler auch
auf dem Gebiet des modernen Literaturlebens zu
gebildeten Leuten zu machen, die den Stümper vom
Künstler zu unterscheiden verstehen und sichs in
Literaturdingen nicht mit dem Standpunkte des
Unter ofhciers genügen lassen.
Der Eine: Also der Richtungsskandal auf der
Schulbank? Heitere Perspektive!
Der Andere: Du willst mich nicht verstehen.
Gerade das, was du andeutest, geschieht jetzt,
wenn ich recht berichtet bin. Gerade jetzt werden
die jungen Leute häufig noch auf der Schule mit
den Schlagworten traktiert, die den Aufenthalt in
Literaturkonventikeln zur Qual machen, und man
züchtet Leute, die sich kritisch geberden, ohne
dass man ihnen wirkliches Interesse und die Fähig-
keit zu verstehender Anteilnahme an dem beige-
bracht hätte, worüber sie reden. Aber gerade
darauf und auf der Schule nur darauf kommt es
an: dieses Interesse zu bilden, der Jugend es als
notwendiges Erfordernis zur wirklichen Bildung
einzuprägen, dass man Anteil nehmen muss auch
am gegenwärtigen Geistesleben seines Volkes.
Um Gottes willen keine Literaten und keine Lite-
raturschwätzer heranziehen! Nein: nur geneigt
und fähig machen zum literarischen Genuss. Das
ist es, was fehlt. Der Uterarische Sinn muss rege
und kräftig gemacht werden. Dann wird es viel-
leicht einmal dahin kommen, dass man auf Reisen
nicht blos Engländer und Franzosen mit guter Lek-
türe in der Hand trifft, während es sich die
Deutschen gewöhnlich mit dem Fliegenden-Blätter-
Kalender oder einer sensationellen Broschüre ge-
nügen lassen.
Der Eine: Du bist ein unzeitgemässer Herr, mein
Guter. Hast du vielleicht noch mehr Schmerzen?
Da kommt Erhardt, — ihm magst du sie klagen;
ich habe genug.
Er hat sogar ein Buch in der Hand. Alle Wetter:
in Goldschnitt! Ein Bundesgenosse für dich, —
es können nur Verse sein!
Erhardt (beleidigt und empört): Mach keine Witze!
Eine neue Skatkarte. Wollen wir?
Otto Julius Bierbaum
C 105 3
\*k
Schülern wenigstens die Grundlagen der Kunst,
Poesie zu lesen, beibringen. Ohne an die grossen
Alten zu rühren, vielmehr unter stätigem Hinweis auf
diese und ihre Entwickelung, werden sie sich bemühen,
den Werdegang im geistigen Leben ihres Volkes bis
auf die Gegenwart zu verfolgen. Sie werden nicht
blos Sprachkunde, sondern auch Sinn für Sprach-
kunst pflegen und sich bemühen, ihre Schüler auch
auf dem Gebiet des modernen Literaturlebens zu
gebildeten Leuten zu machen, die den Stümper vom
Künstler zu unterscheiden verstehen und sichs in
Literaturdingen nicht mit dem Standpunkte des
Unter ofhciers genügen lassen.
Der Eine: Also der Richtungsskandal auf der
Schulbank? Heitere Perspektive!
Der Andere: Du willst mich nicht verstehen.
Gerade das, was du andeutest, geschieht jetzt,
wenn ich recht berichtet bin. Gerade jetzt werden
die jungen Leute häufig noch auf der Schule mit
den Schlagworten traktiert, die den Aufenthalt in
Literaturkonventikeln zur Qual machen, und man
züchtet Leute, die sich kritisch geberden, ohne
dass man ihnen wirkliches Interesse und die Fähig-
keit zu verstehender Anteilnahme an dem beige-
bracht hätte, worüber sie reden. Aber gerade
darauf und auf der Schule nur darauf kommt es
an: dieses Interesse zu bilden, der Jugend es als
notwendiges Erfordernis zur wirklichen Bildung
einzuprägen, dass man Anteil nehmen muss auch
am gegenwärtigen Geistesleben seines Volkes.
Um Gottes willen keine Literaten und keine Lite-
raturschwätzer heranziehen! Nein: nur geneigt
und fähig machen zum literarischen Genuss. Das
ist es, was fehlt. Der Uterarische Sinn muss rege
und kräftig gemacht werden. Dann wird es viel-
leicht einmal dahin kommen, dass man auf Reisen
nicht blos Engländer und Franzosen mit guter Lek-
türe in der Hand trifft, während es sich die
Deutschen gewöhnlich mit dem Fliegenden-Blätter-
Kalender oder einer sensationellen Broschüre ge-
nügen lassen.
Der Eine: Du bist ein unzeitgemässer Herr, mein
Guter. Hast du vielleicht noch mehr Schmerzen?
Da kommt Erhardt, — ihm magst du sie klagen;
ich habe genug.
Er hat sogar ein Buch in der Hand. Alle Wetter:
in Goldschnitt! Ein Bundesgenosse für dich, —
es können nur Verse sein!
Erhardt (beleidigt und empört): Mach keine Witze!
Eine neue Skatkarte. Wollen wir?
Otto Julius Bierbaum
C 105 3
\*k