sie sich vor all dem Glanz und Flitter, mit dem
man sie erdrücken will? Wohin anders als zu
ihren geistigen Vätern, zu den Künstlern selbst und
zu allen denen, die es mit der Kunst ernst und
wahrhaft meinen.
Eine Spezialbühne also für Künstler .und wo-
möglich von Künstlern, eine Bühne, bei der alle
ausserhalb der Kunst liegenden Bedenken fortfallen
können, eine Bühne für künstlerische Sonderzwecke,
wo Könner und Kenner unter sich sind, ein intimes
Theater (nun sind wir dem Sinn der Sache näher
gekommen)----------Das ist die Meinung bei der
neuen Gründung in München, deren erster Ver-
such vor einem kleinen erlesenen Publikum glänzend
gelungen ist.
Schon einmal, in der Freien-Bühnen-Bewegung,
hat der Gedanke des Zusammenschlusses aller
Reifen und Feinen eine schöne aber kurze Blüte
getrieben. Der Zusammenschluss aller Reifen und
Feinen! An diesen ureigentlichen Ausgangspunkt
der «Freien Bühnen» knüpft auch unser Intimes
Theater an. Die Wege aber, auf denen das Ziel
erreicht werden soll, führen ab von denen jener
ersten Gründung.
Die «Freie Bühne» war ein regelrechtes Theater,
aufgebaut auf dem Prinzip der öffentlichen Bühnen
auch, dem Prinzip der grösstmöglichen, denkbarst
vollkommenen Illusion, nicht nur der Darstellung,
sondern auch des scenischen Apparates. So brauchte
man in erster Linie Geld, um die Kosten für
Ausstattung und Schauspieler aufzubringen, und
die weitere Folge davon war, dass man auch hier
sich auf einen viel weiteren Kreis angewiesen sah,
als wohl ursprünglich die Intention gewesen war.
Was aber dem Feineren nur bittere Nothwendig-
keit war, entwickelte sich bald zum Selbszweck
und hiess nun Propaganda, Verbreitung neuer
Kunst im Publikum. Manch Verdienst ward wohl
auch so erworben.
Dem Künstler aber und schliesslich auch der
Kunst war auf die Dauer wenig gewonnen. Denn
wieder dictirte für ihr Geld die Masse ihre Gesetze,
und die Masse hat auch noch nirgend und zu keiner
Zeit ein Verständniss für die feineren und tieferen
künstlerischen Wirkungen besessen, ja, sie hat sie
zumeist in Grund und Boden gelacht, wo sie
einmal in neuem ungewohnten Gewand aufge-
treten sind. Wohl dem Künstler, der sich diese
Thatsache stets wach erhält.
Wer also einmal der Kunst eine wahrhafte
Freiheit schaffen will, der halte die Masse fern
und darum auch das, was immer noch der Masse
Thür und Thor öffnete, das Geld. Das «Intime
Theater» darf nicht dem Geld zugänglich sein.
Geschlossen bleibe der Kreis von Künstlern und
Kunstfreunden, mit einem Wort, von Sachver-
ständigen, die hier für ihre Zwecke sich eine
Bühne gründen wollen.
In diesen Bedingungen liegt kurz zusammen-
gefasst, was das «Intime Theater» sondert und
abgrenzt von dem Gebiet der «Freien Bühne». Wie
aber gestaltet sich die Ausführung des Programms?
Zunächst äusserlich vermeiden wir die Vereins-
bildung und begnügen uns mit einem kleinen,
vorbereitenden Comite, das zu jeder Vorstellung
zwanglose Einladungen an alle diejenigen verschickt,
die unsres Wissens in irgend welchem intimen
Verkehr mit der Kunst stehen. Dass dabei mancher
Würdige übergangen, mancher Ungeeignete hinzu-
gezogen wird, lässt sich, besonders in den Anfängen
des Unternehmens, nicht vermeiden. Bald ge-
sammelte Erfahrungen und von aussen heran-
tretende Wünsche werden die Auswahl berichtigen
und vervollständigen.
Zu .dieser Form des Conventikels zwingt uns
allein schon die Rücksicht auf eine hochwohllöb-
liche Censur, die alle Welt beleckt und jetzt nach
neuesten Berichten aus Berlin, auch auf die «Freien
Bühnen» sich erstreckt.
Also kein öffentlicher Verein, der ausserdem
noch den Nachtheil hat, dass für sein Baargeld
nun jeder Herr Irgendwer unsre Kreise mit seinem
plumpen Rüssel stören darf, sondern ein ge-
schlossener Privatzirkel, dem selbst der findigste
und strebsamste Gesetzesausleger nicht auf den
Leib kann! Ein nicht gering anzuschlagender Vor-
teil in diesen Zeiten!
Für die Sache selbst ist das entscheidende
Moment, dass die Vorstellungen des «Intimen
Theaters» ohne finanzielle Beihilfe seiner Gäste
und Zuschauer zu Stande kommen müssen, da ja
der Eintritt in keiner Form mit Geld erkauft
werden kann. Unsere Aufführungen dürfen also
nichts oder nur ein Geringstes kosten, soviel wie
allenfalls durch die Opferwilligkeit der Leiter oder
der Mitwirkenden für das Gelingen des Ganzen
aufgebracht werden kann.
So schwierig eine solche Voraussetzung aufs erste
auch erscheinen mag und so sehr sie den heutigen
Anschauungen von Bühnenausstattung und Bühnen-
illusion in's Gesicht schlagen mag — mit den Ge-
setzen des Dramas selbst steht sie glücklicherweise
nicht im Widerspruch. Und hiermit knüpfe ich
wieder an den Eingang dieser Betrachtungen an.
(L 107 D
w*
man sie erdrücken will? Wohin anders als zu
ihren geistigen Vätern, zu den Künstlern selbst und
zu allen denen, die es mit der Kunst ernst und
wahrhaft meinen.
Eine Spezialbühne also für Künstler .und wo-
möglich von Künstlern, eine Bühne, bei der alle
ausserhalb der Kunst liegenden Bedenken fortfallen
können, eine Bühne für künstlerische Sonderzwecke,
wo Könner und Kenner unter sich sind, ein intimes
Theater (nun sind wir dem Sinn der Sache näher
gekommen)----------Das ist die Meinung bei der
neuen Gründung in München, deren erster Ver-
such vor einem kleinen erlesenen Publikum glänzend
gelungen ist.
Schon einmal, in der Freien-Bühnen-Bewegung,
hat der Gedanke des Zusammenschlusses aller
Reifen und Feinen eine schöne aber kurze Blüte
getrieben. Der Zusammenschluss aller Reifen und
Feinen! An diesen ureigentlichen Ausgangspunkt
der «Freien Bühnen» knüpft auch unser Intimes
Theater an. Die Wege aber, auf denen das Ziel
erreicht werden soll, führen ab von denen jener
ersten Gründung.
Die «Freie Bühne» war ein regelrechtes Theater,
aufgebaut auf dem Prinzip der öffentlichen Bühnen
auch, dem Prinzip der grösstmöglichen, denkbarst
vollkommenen Illusion, nicht nur der Darstellung,
sondern auch des scenischen Apparates. So brauchte
man in erster Linie Geld, um die Kosten für
Ausstattung und Schauspieler aufzubringen, und
die weitere Folge davon war, dass man auch hier
sich auf einen viel weiteren Kreis angewiesen sah,
als wohl ursprünglich die Intention gewesen war.
Was aber dem Feineren nur bittere Nothwendig-
keit war, entwickelte sich bald zum Selbszweck
und hiess nun Propaganda, Verbreitung neuer
Kunst im Publikum. Manch Verdienst ward wohl
auch so erworben.
Dem Künstler aber und schliesslich auch der
Kunst war auf die Dauer wenig gewonnen. Denn
wieder dictirte für ihr Geld die Masse ihre Gesetze,
und die Masse hat auch noch nirgend und zu keiner
Zeit ein Verständniss für die feineren und tieferen
künstlerischen Wirkungen besessen, ja, sie hat sie
zumeist in Grund und Boden gelacht, wo sie
einmal in neuem ungewohnten Gewand aufge-
treten sind. Wohl dem Künstler, der sich diese
Thatsache stets wach erhält.
Wer also einmal der Kunst eine wahrhafte
Freiheit schaffen will, der halte die Masse fern
und darum auch das, was immer noch der Masse
Thür und Thor öffnete, das Geld. Das «Intime
Theater» darf nicht dem Geld zugänglich sein.
Geschlossen bleibe der Kreis von Künstlern und
Kunstfreunden, mit einem Wort, von Sachver-
ständigen, die hier für ihre Zwecke sich eine
Bühne gründen wollen.
In diesen Bedingungen liegt kurz zusammen-
gefasst, was das «Intime Theater» sondert und
abgrenzt von dem Gebiet der «Freien Bühne». Wie
aber gestaltet sich die Ausführung des Programms?
Zunächst äusserlich vermeiden wir die Vereins-
bildung und begnügen uns mit einem kleinen,
vorbereitenden Comite, das zu jeder Vorstellung
zwanglose Einladungen an alle diejenigen verschickt,
die unsres Wissens in irgend welchem intimen
Verkehr mit der Kunst stehen. Dass dabei mancher
Würdige übergangen, mancher Ungeeignete hinzu-
gezogen wird, lässt sich, besonders in den Anfängen
des Unternehmens, nicht vermeiden. Bald ge-
sammelte Erfahrungen und von aussen heran-
tretende Wünsche werden die Auswahl berichtigen
und vervollständigen.
Zu .dieser Form des Conventikels zwingt uns
allein schon die Rücksicht auf eine hochwohllöb-
liche Censur, die alle Welt beleckt und jetzt nach
neuesten Berichten aus Berlin, auch auf die «Freien
Bühnen» sich erstreckt.
Also kein öffentlicher Verein, der ausserdem
noch den Nachtheil hat, dass für sein Baargeld
nun jeder Herr Irgendwer unsre Kreise mit seinem
plumpen Rüssel stören darf, sondern ein ge-
schlossener Privatzirkel, dem selbst der findigste
und strebsamste Gesetzesausleger nicht auf den
Leib kann! Ein nicht gering anzuschlagender Vor-
teil in diesen Zeiten!
Für die Sache selbst ist das entscheidende
Moment, dass die Vorstellungen des «Intimen
Theaters» ohne finanzielle Beihilfe seiner Gäste
und Zuschauer zu Stande kommen müssen, da ja
der Eintritt in keiner Form mit Geld erkauft
werden kann. Unsere Aufführungen dürfen also
nichts oder nur ein Geringstes kosten, soviel wie
allenfalls durch die Opferwilligkeit der Leiter oder
der Mitwirkenden für das Gelingen des Ganzen
aufgebracht werden kann.
So schwierig eine solche Voraussetzung aufs erste
auch erscheinen mag und so sehr sie den heutigen
Anschauungen von Bühnenausstattung und Bühnen-
illusion in's Gesicht schlagen mag — mit den Ge-
setzen des Dramas selbst steht sie glücklicherweise
nicht im Widerspruch. Und hiermit knüpfe ich
wieder an den Eingang dieser Betrachtungen an.
(L 107 D
w*