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Pataky, Sophie
Lexikon deutscher Frauen der Feder: eine Zusammenstellung der seit dem Jahr 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren nebst Biographien der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme (Band 1): A - L — Berlin: Pataky, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.60982#0010
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VIII

Vorwort.

„Humoresken“ oder „heiteren“ Bilder aus dem Leben geschrieben,
gleich dem Komiker, der den nagenden Wurm, den Trübsinn im Herzen,
in Ausübung seines Berufes und im Dienste der „heitern Kunst“ auf
der Bühne, seine und seiner Zuhörer Lachmuskeln in Bewegung setzt.
So manche hat eigenes Unglück z. B. Erblindung, Siechtum,
welches die Betreffende seit frühester Jugend auf das Kranken-
lager geworfen hat und sie für das ganze Leben nicht mehr verlassen
soll, zur Schriftstellerin, zur Poetin gemacht. Wie viele Tausende
wären diesem namenlosen Unglücke, diesen qualvollen, durch zahl-
lose unmenschliche Operationen erhöhten Leiden geistig erlegen;
hier haben diese „Starken“ des schwachen Geschlechts Trost und
Kraft in dem Selbststudium der verschiedensten Gebiete des Wissens
gefunden, bis die „Lust zum Fabulieren“ erwachte.
In vielen Fällen zeigt sich die Frau als überaus wertvolle Mit-
arbeiterin des schriftstellernden Gatten und aus der gemeinsamen
Thätigkeit des kongenialen Ehepaares entspringt ein Quell von Ehe-,
Familien- und Berufsfreuden, wie sie schöner und edler kaum zu
denken sind.
Dieses sich Vertiefen in den Werdeprozess vieler unserer*
„schreibenden“ Frauen würde alle jene, die verächtlich oder mitleidig
über den „Blaustrumpf“ die Nase rümpfen, belehren, dass die
schreibende Frau den ihr von den Verhältnissen oder der Gesell-
schaft aufgebürdeten Daseinskampf ebenso „mannhaft“ auszufechten
weiss, wie ihr männlicher Kollege. Es würde sie ferner belehren, dass,
so kurz auch die Zeit ist, seitdem sie mit der Feder diesen Daseins-
kampf zu führen gelernt hat, oder auch ohne diesen Kampf, nur
dem inneren Drange folgend, ihr Wissen und ihr Talent mit der
Feder zum Ausdruck bringt, doch schon eine Stellung im Reiche
des Geistes sich zu erringen wusste, die von der gebildeten Welt nicht
mehr missachtet oder übersehen werden kann.
Auch das könnten Viele, die es nicht schon wissen, aus den
Biographieen erfahren, dass die schreibende Frau, ganz entgegen der
Annahme des vorurteilsvollen Teiles unserer Gesellschaft, dort, wo sie
es sein kann, eine überaus aufopfernde, pflichttreue, hingebungsvolle
Hausfrau, Gattin und Mutter ist.
Dass fast jedes Gebiet, auch das der exakten Wissenschaften, von
der schreibenden Frau betreten worden ist, wird ein Durchblättern dieses
Werkes ebenso bezeugen, wie die Thatsache, dass alle Gebiete der Prosa
und Poesie ihr heimisch sind. Es ist aber gar nicht lange her, dass
dem nicht so war. Kaum 60 Jahre sind es, da hat, mit geringen Aus-
 
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