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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig und Berlin, 2.1913 - 1914

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Drittes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2778#0337
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Die Ausdrucksbewegung und ihre diagnostische Verwertung. 333

noch etwas höhere, obschon keineswegs hohe, Fig. 25 dagegen eine
ungemein hohe. Wenn wir nach Gründen für ein so unmittelbares
Urteil über den Bildungsmangel befragt, teils auf das mühsam Un-
beholfene der Linienführung wie in Fig. 30 und 31, teils und vor
allem hinweisen würden auf ihr unfreies Verhältnis zur Schulvor-
lage, so hätten wir verborgenerweise auch dem Formniveau Rech-
nung getragen. Eine Schrift kann nämlich in jedem Ausmaß leserlich
sein, also der Vorschrift nahe bleiben, zugleich einen Mangel an

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Fig. 81.

Schlankheit verraten und dennoch den höchsten Grad von Bildung
zeigen (vgl. Fig. 24); erst indem zur relativen Schulmäßigkeit des
Bildes ein niedriges Formniveau hinzutritt, erhält diese den Sinn
unfreiwilliger Bemühtheit und eines Sich-nicht-zu-Hause-fühlens im
Medium der Schreibausübung.

Wer aber nur darum in ihr nicht zu Hause wäre, weil es ihm
an Übung gebräche, wie zweifellos vielen Personen der handarbei-'
tenden Stände, der könnte auch unmöglich sein Formniveau zu voller
Ausprägung bringen. Unsere Überlegungen, soweit sie die Hand-
schrift betreffen, sind nicht ohne Einschränkung anzuwenden auf die
handschriftlichen Erzeugnisse von Kindern oder von selten schreibenden
Arbeitern und Bauern. Auch durch deren Züge freilich — und zwar
beim Kinde mindestens vom zweiten Schuljahre an — leuchten
Charaktereigenschaften hindurch, aber nur etwa wie das Tageslicht
durch einen schweren Wolkenhimmel, der uns im Ungewissen läßt,
wie hoch die Sonne gestiegen sei. Ganz ebenso, wer es erst lernt
oder es niemals zu Ende lernte, sich beim Speisen der Gabel zu
 
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