156 Vorwort.
psychologischer und zum Teil anch physiologischer Struktur handelt,
und daß wir gar nicht wissen, welchen Einfloß der Alkohol auf die
einzelnen Funktionen hat, die an den untersuchten Leistungen be-
teiligt sind.
Für die praktische Seite der Alkoholforschung ist diese Erkenntnis
von untergeordneter Bedeutung. Ihr kann die Tatsache genügen,
daß die psychische Leistungsfähigkeit durch den Alkohol in der
Weise herabgesetzt wird, wie es Kraepelin nachgewiesen hat. Die
psychologische Forschung aber sieht sich damit vor eine ganze Reihe
unbeantworteter Fragen gestellt, und es erwächst ihr die Aufgabe,
ihre Methoden zu erweitern, um auch auf sie eine Antwort zu finden.
Aus solchen Erwägungen heraus, um tiefer in die psychische
Wirkung des Alkohols einzudringen, habe ich selbst vor mehreren
Jahren den Einfluß des Alkohols auf die Unterschiedsempfindlichkeit
und Reizempfindlichkeit zu ermitteln versucht. Die Bedeutung solcher
Untersuchungen erkannte ich vor allem darin, daß wir in der Unter-
schiedsschwelle ein Präzisionsmaß für die Vergleichung einfacher
Gegenstände wie Töne oder Farben besitzen. Und aus ähnlichen
Erwägungen hat man in den letzten Jahren, so in einer Arbeit von
Busch und in einer Arbeit aus dem Institut von Ach, mit neuen
Fragestellungen und neuen Methoden die Erforschung der psychischen
Alkoholwirkung fortgesetzt. Diese Arbeiten haben zu neuen und znm
Teil ganz unerwarteten Ergebnissen geführt.
Die vorliegenden Untersuchungen von Lange bilden eine Fort-
setzung meiner Arbeit über die Beeinflussung der Sinnesfunktionen
durch geringe Alkoholmengen. Ich hatte gefunden, daß die Unter-
schiedsempfindlichkeit für Schallreize herabgesetzt wird, während da-
mit gleichzeitig eine Erhöhung der Reizempfindlichkeit einhergeht.
Bei der Schwierigkeit von Schwellenbestimmungen, namentlich der
Reizschwelle, war es mir seiner Zeit nur möglich, meine Unter-
suchungen in einem einzigen Sinnesgebiet vorzunehmen. Hier soll
nun entschieden werden, ob sich eine analoge Beeinflussung der
Schwellen auch auf anderen Sinnesgebieten und zwar dem Gebiet
der Sehfunktion findet. Sollte das der Fall sein, so dürfen wir wohl
annehmen, daß es sich bei der Wirkung des Alkohols auf die Schwellen
um eine gesetzmäßige handelt, und die von mir ausgesprochene Ver-
mutung, daß der Beeinträchtigung der Unterschiedsempfindlichkeit
psychologischer und zum Teil anch physiologischer Struktur handelt,
und daß wir gar nicht wissen, welchen Einfloß der Alkohol auf die
einzelnen Funktionen hat, die an den untersuchten Leistungen be-
teiligt sind.
Für die praktische Seite der Alkoholforschung ist diese Erkenntnis
von untergeordneter Bedeutung. Ihr kann die Tatsache genügen,
daß die psychische Leistungsfähigkeit durch den Alkohol in der
Weise herabgesetzt wird, wie es Kraepelin nachgewiesen hat. Die
psychologische Forschung aber sieht sich damit vor eine ganze Reihe
unbeantworteter Fragen gestellt, und es erwächst ihr die Aufgabe,
ihre Methoden zu erweitern, um auch auf sie eine Antwort zu finden.
Aus solchen Erwägungen heraus, um tiefer in die psychische
Wirkung des Alkohols einzudringen, habe ich selbst vor mehreren
Jahren den Einfluß des Alkohols auf die Unterschiedsempfindlichkeit
und Reizempfindlichkeit zu ermitteln versucht. Die Bedeutung solcher
Untersuchungen erkannte ich vor allem darin, daß wir in der Unter-
schiedsschwelle ein Präzisionsmaß für die Vergleichung einfacher
Gegenstände wie Töne oder Farben besitzen. Und aus ähnlichen
Erwägungen hat man in den letzten Jahren, so in einer Arbeit von
Busch und in einer Arbeit aus dem Institut von Ach, mit neuen
Fragestellungen und neuen Methoden die Erforschung der psychischen
Alkoholwirkung fortgesetzt. Diese Arbeiten haben zu neuen und znm
Teil ganz unerwarteten Ergebnissen geführt.
Die vorliegenden Untersuchungen von Lange bilden eine Fort-
setzung meiner Arbeit über die Beeinflussung der Sinnesfunktionen
durch geringe Alkoholmengen. Ich hatte gefunden, daß die Unter-
schiedsempfindlichkeit für Schallreize herabgesetzt wird, während da-
mit gleichzeitig eine Erhöhung der Reizempfindlichkeit einhergeht.
Bei der Schwierigkeit von Schwellenbestimmungen, namentlich der
Reizschwelle, war es mir seiner Zeit nur möglich, meine Unter-
suchungen in einem einzigen Sinnesgebiet vorzunehmen. Hier soll
nun entschieden werden, ob sich eine analoge Beeinflussung der
Schwellen auch auf anderen Sinnesgebieten und zwar dem Gebiet
der Sehfunktion findet. Sollte das der Fall sein, so dürfen wir wohl
annehmen, daß es sich bei der Wirkung des Alkohols auf die Schwellen
um eine gesetzmäßige handelt, und die von mir ausgesprochene Ver-
mutung, daß der Beeinträchtigung der Unterschiedsempfindlichkeit