514 Erich Stern
dieses Erlebnis wohl bei dem schaffenden Künstler auf, der seinen
Wert am meisten, am tiefsten und am deutlichsten wohl auf der
Höhe des Schaffens erlebt. Daß diese Beziehungen zwischen Selbst-
werterleben und Leistung nicht immer deutlich und klar zum Ausdruck
kommen, hat seine Ursache vor allem in der Gleichgültigkeit, mit
der die Mehrzahl der Menschen ihrer beruflichen Arbeit und Erfolg
gegenüber stehen. Daß dies so ist, liegt wohl in der Hauptsache in
unserer heutigen Wirtschaftsorganisation. In einer Zeit, wo der
Mensch in einem großen Betriebe immer nur einen Teilprozeß aus-
zuführen hat, Ausgangs- und Endpunkt des Produktes nicht mehr
kennt, kaun der Beruf, die Arbeit und der Erfolg nicht mehr den
gleichen Einfloß auf das Leben des Einzelnen, auf sein Lebensge-
fühl und das Erleben seiner Persönlichkeit und ihres Wertes haben,
wie dies zu einer Zeit der Fall war, wo der Einzelne mit seiner
Arbeit und ihrem Erzeugnis viel tiefer und inniger verbunden war.
Man braucht nur an die zünftische Organisation des Handwerkers im
Mittelalter zu denken, die ihren Ausdruck in der hohen Selbstein-
schätzung der einzelnen Zunftmitglieder fand. Hierbei war nicht allein
das soziale Ansehen, das Bewußtsein, einem festgefügten und organi-
sierten Ganzen anzugehören, maßgebend, sondern auch die Organisation
der Arbeit als solche. Und heute finden wir, daß der geistig Arbeitende
und auch der Arbeiter, je selbständiger er ist und einen je größeren
Einblick er in den Produktionsprozeß hat, um so mehr seelische —
d. h. in diesem Falle: gefühlsmäßige — Beziehungen zu seiner Ar-
beit hat, daß sie für ihn in um so höherem Maße ein Mittel dar-
stellt, das geeignet ist, sein Selbstwerterleben weitgehendst zu be-
einflussen.
Auch das soziale Ansehen der verschiedenen Berufsgruppen
spielt naturgemäß eine gewaltige Holle. Der Angehörige einer so-
zial tieferen Schicht wird immer, wenn es ihm gelingt, einen ge-
hobeneren Beruf zu ergreifen oder in eine gehobenere Schicht hin-
einzukommen, eine Steigerung seines eigenen Wertes erleben. Der
äußere Erfolg und die äußere Anerkennung sind in ihrer Bedeutung
für die innere Befriedigung keinenfalls zu unterschätzen. Der Er-
folg steigert immer das Gefühl des Wertes, ganz gleich, ob die An-
erkennung nur von einer kleinen Schieb* ausgeht oder sich an eine
breite Masse wendet. Man wird nicht immer sagen können, daß
dieses Erlebnis wohl bei dem schaffenden Künstler auf, der seinen
Wert am meisten, am tiefsten und am deutlichsten wohl auf der
Höhe des Schaffens erlebt. Daß diese Beziehungen zwischen Selbst-
werterleben und Leistung nicht immer deutlich und klar zum Ausdruck
kommen, hat seine Ursache vor allem in der Gleichgültigkeit, mit
der die Mehrzahl der Menschen ihrer beruflichen Arbeit und Erfolg
gegenüber stehen. Daß dies so ist, liegt wohl in der Hauptsache in
unserer heutigen Wirtschaftsorganisation. In einer Zeit, wo der
Mensch in einem großen Betriebe immer nur einen Teilprozeß aus-
zuführen hat, Ausgangs- und Endpunkt des Produktes nicht mehr
kennt, kaun der Beruf, die Arbeit und der Erfolg nicht mehr den
gleichen Einfloß auf das Leben des Einzelnen, auf sein Lebensge-
fühl und das Erleben seiner Persönlichkeit und ihres Wertes haben,
wie dies zu einer Zeit der Fall war, wo der Einzelne mit seiner
Arbeit und ihrem Erzeugnis viel tiefer und inniger verbunden war.
Man braucht nur an die zünftische Organisation des Handwerkers im
Mittelalter zu denken, die ihren Ausdruck in der hohen Selbstein-
schätzung der einzelnen Zunftmitglieder fand. Hierbei war nicht allein
das soziale Ansehen, das Bewußtsein, einem festgefügten und organi-
sierten Ganzen anzugehören, maßgebend, sondern auch die Organisation
der Arbeit als solche. Und heute finden wir, daß der geistig Arbeitende
und auch der Arbeiter, je selbständiger er ist und einen je größeren
Einblick er in den Produktionsprozeß hat, um so mehr seelische —
d. h. in diesem Falle: gefühlsmäßige — Beziehungen zu seiner Ar-
beit hat, daß sie für ihn in um so höherem Maße ein Mittel dar-
stellt, das geeignet ist, sein Selbstwerterleben weitgehendst zu be-
einflussen.
Auch das soziale Ansehen der verschiedenen Berufsgruppen
spielt naturgemäß eine gewaltige Holle. Der Angehörige einer so-
zial tieferen Schicht wird immer, wenn es ihm gelingt, einen ge-
hobeneren Beruf zu ergreifen oder in eine gehobenere Schicht hin-
einzukommen, eine Steigerung seines eigenen Wertes erleben. Der
äußere Erfolg und die äußere Anerkennung sind in ihrer Bedeutung
für die innere Befriedigung keinenfalls zu unterschätzen. Der Er-
folg steigert immer das Gefühl des Wertes, ganz gleich, ob die An-
erkennung nur von einer kleinen Schieb* ausgeht oder sich an eine
breite Masse wendet. Man wird nicht immer sagen können, daß