Vom Traumbewnßtsein. 427
Speise, aber sie ist ohne Geschmack and sättigt nicht. Man nähert
sich einem glühenden Ofen, aber er wärmt nicht. Man greift in
einen mnrmelnden Bach, aber er kühlt nicht. Auf dem Hexensabbat
nehmen die Gäste an reichbesetzten Tafeln Platz, allein sämtliche
Speisen sind nur Schangerichte!-------
Wir haben am Empfinden zwei Züge ermittelt, deren jeder gleich-
sehr nnentbehrlich ist: das neutrale Gepaartsein des Empfindenden
mit der raumzeitlichen Gegenwärtigkeit des Empfundenen und die
artlich nach Wollust und Schmerz orientierte Erregung des Sinnen-
leibes von stetig steigerbarer Heftigkeit. Die Empfindung ist inten-
sives Berührungserlebnis, und es entspricht ihr in Kaum und Zeit
die spezifische Materialität. Wir haben aber nichts ermittelt, was
die Auffassung derjenigen Dingeigenschaften begründen könnte, die
nach Abzug aller wirkenden »Kräfte« rein qualitativ unterschieden
werden. Wählen wir den unempfindbaren Farbenton zum Symbol
der sinnlichen Qualität überhaupt, so erweist sich die besondere und
identisch niemals wiederkehrende Farbe als Element nicht nur aller
Klänge, Düfte und Geschmäcke, sondern sogar noch der Tastein-
drücke, an denen z. B. Stumpfheit, Rauhigkeit, Glätte, Klebrigkeit,
Feuchtigkeit, Nässe keineswegs zu zerlegen sind in bloße Wider-
standsunterschiede der berührbaren Körperlichkeit. Wie der wesen-
haft eine und selbe Raum — und folglich auch die wesenhaft eine
und selbe Zeit — das gemeinsame Daseinsmedium des Körpers und
der bloßen Erscheinung des Körpers ist, so auch treten gleicherweise
am empfundenen und geschauten Bilde der Welt sämtliche Qualitäten
auf, die unseren Begriffen von Gleichheit und Verschiedenheit der
Dinge zugrunde liegen, und es leuchtet ein, daß die Ähnlichkeiten
der Qualitäten die Brücke bilden zwischen der Wirklichkeit der Ma-
terie und der Wirklichkeit körperloser Phantasmen. Ehe wir in-
dessen auseinanderlegen, was am Phasma des Dinges vom Dinge
selber erhalten bleibe, werfen wir zum Schluß nochmals einen Blick
zurück auf ihrer beider Gegensätzlichkeit, wie wir sie nunmehr für
verstanden erachten dürfen aus der Verschiedenheit des lediglich
schauenden Träumens vom überdies noch empfindenden Wachen.
Wir fanden es bestätigt, daß unser träumendes Schauen etwas
vom Akte des Wahrnehmens völlig Verschiedenes sei, spiegelfähig
für ein in aller Sinnenpracht Erscheinendes, dagegen unvermögend,
Speise, aber sie ist ohne Geschmack and sättigt nicht. Man nähert
sich einem glühenden Ofen, aber er wärmt nicht. Man greift in
einen mnrmelnden Bach, aber er kühlt nicht. Auf dem Hexensabbat
nehmen die Gäste an reichbesetzten Tafeln Platz, allein sämtliche
Speisen sind nur Schangerichte!-------
Wir haben am Empfinden zwei Züge ermittelt, deren jeder gleich-
sehr nnentbehrlich ist: das neutrale Gepaartsein des Empfindenden
mit der raumzeitlichen Gegenwärtigkeit des Empfundenen und die
artlich nach Wollust und Schmerz orientierte Erregung des Sinnen-
leibes von stetig steigerbarer Heftigkeit. Die Empfindung ist inten-
sives Berührungserlebnis, und es entspricht ihr in Kaum und Zeit
die spezifische Materialität. Wir haben aber nichts ermittelt, was
die Auffassung derjenigen Dingeigenschaften begründen könnte, die
nach Abzug aller wirkenden »Kräfte« rein qualitativ unterschieden
werden. Wählen wir den unempfindbaren Farbenton zum Symbol
der sinnlichen Qualität überhaupt, so erweist sich die besondere und
identisch niemals wiederkehrende Farbe als Element nicht nur aller
Klänge, Düfte und Geschmäcke, sondern sogar noch der Tastein-
drücke, an denen z. B. Stumpfheit, Rauhigkeit, Glätte, Klebrigkeit,
Feuchtigkeit, Nässe keineswegs zu zerlegen sind in bloße Wider-
standsunterschiede der berührbaren Körperlichkeit. Wie der wesen-
haft eine und selbe Raum — und folglich auch die wesenhaft eine
und selbe Zeit — das gemeinsame Daseinsmedium des Körpers und
der bloßen Erscheinung des Körpers ist, so auch treten gleicherweise
am empfundenen und geschauten Bilde der Welt sämtliche Qualitäten
auf, die unseren Begriffen von Gleichheit und Verschiedenheit der
Dinge zugrunde liegen, und es leuchtet ein, daß die Ähnlichkeiten
der Qualitäten die Brücke bilden zwischen der Wirklichkeit der Ma-
terie und der Wirklichkeit körperloser Phantasmen. Ehe wir in-
dessen auseinanderlegen, was am Phasma des Dinges vom Dinge
selber erhalten bleibe, werfen wir zum Schluß nochmals einen Blick
zurück auf ihrer beider Gegensätzlichkeit, wie wir sie nunmehr für
verstanden erachten dürfen aus der Verschiedenheit des lediglich
schauenden Träumens vom überdies noch empfindenden Wachen.
Wir fanden es bestätigt, daß unser träumendes Schauen etwas
vom Akte des Wahrnehmens völlig Verschiedenes sei, spiegelfähig
für ein in aller Sinnenpracht Erscheinendes, dagegen unvermögend,