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Pechmann, Günther von; Pechmann, Günther von; Bustelli, Franz Anton [Ill.]
Franz Anton Bustelli: die italienische Komödie in Porzellan — Der Kunstbrief, Band 39: Berlin: Verlag Gebr. Mann, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.61770#0010
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DER KÜNSTLER UND SEIN WERK
Wer war dieser Franz Anton Bustelli? Wo kam er her, wo
hatte er die einzigartige Meisterschaft errungen, die schon aus
den ersten Modellen von seiner Hand mit bezaubernder Grazie
zu uns spricht? Noch im Jahre 1900 war nur Wenigen der Name
bekannt! Man hatte bis dahin seine Werke dem Nachfolger in
der Manufaktur, dem Modelleur Dominikus Auliczek zugeschrie-
ben. Dann lichtete sich das Dunkel dank der Forschungsarbeit
namhafter Gelehrter, unter denen Otto v. Falke, Adolf Brüning
und Friedrich H. Hofmann an erster Stelle zu nennen sind.
Heute wissen wir, daß er zu Locarno im Tessin am 11. April
1723 geboren wurde. Ein Nachkomme von ihm, der Pfarrer
Dr. Simona, hatte die Taufurkunde seines Ahnen gefunden. In
Intragna bei Locarno, am Eingang des Val Centovalli, steht noch
die Casa Bustelli aus dem 18. Jahrhundert, deren Balkongitter
mit dem Adlerwappen der Bustelli geschmückt ist (Abb. S. 21).
Doch weiß man nichts von seinem Werdegang und seinen Studien,
man weiß nicht, wo er tätig war, bevor er nach München kam.
Sein künstlerisches Schaffen in der kurfürstlichen Manufaktur
umfaßt 8V2 Jahre; der größere Teil dieser Zeit entfällt auf die
Tätigkeit in der Fabrik zu Neudeck, nur zwei Jahre arbeitete er
noch in Nymphenburg. Dann starb er, eine Woche nach der
Vollendung des 40. Lebensjahres, am 18. April 1763.
Was in diesem kurzen Zeitraum die Hände des Künstlers ge-
formt haben, gehört zu den vollendetsten Werken der Kleinkunst
des Rokoko: Damen und Kavaliere im Zeitkostüm, Handwerker,
Verkäufer und Ausrufer, Putten, Chinesen, Büsten und Gruppen.
Alle diese Gestalten werden, so reizvoll sie sind, übertroffen von
den Figuren aus der italienischen Komödie. In ihnen hat das
Temperament, die Vornehmheit und die Heiterkeit eines be-
gnadeten Künstlertums den schönsten Ausdruck gefunden.
Die Meisterschaft Bustellis zeigt sich in der vollkommenen
Beherrschung der plastischen Form. Die stürmische Bewegung des
angreifenden Capitano, die lebhafte Geste der abwehrenden Leda
oder des erstaunten Dottore fügen sich ganz der statuarischen

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