VOM URSPRUNG
DER ITALIENISCHEN KOMÖDIE
Die Erweckung der antiken Sagenstoffe im Laufe des fünf-
zehnten Jahrhunderts brachte der epischen und dramatischen
Dichtung Italiens eine gewaltige Erweiterung ihres Stoffkreises.
An die antiken Stoffe heftete sich die erwachte und eifrig ge-
pflegte Gelehrsamkeit. Die Aufführung antiker Komödien, auch
der Lustspiele des Plautus und Terenz, wie sie in der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts an italienischen Fürstenhöfen üblich
wurde, erfreute die Gelehrten; dem Unterhaltungsbedürfnis der
übrigen, gegenwartsfrohen Zuhörerschaft genügte sie nicht. Um
sie vor Langeweile zu bewahren, schob man bei höfischen Festen
die „Intermezzi" ein, Grotesktänze, Ballette und Zauberkünste,
die mit dem Stück nichts zu tun hatten. Volkstümlich wurden die
antiken Komödien auch hierdurch nicht.
Unabhängig von jener Theaterkunst, manchmal auch in ge-
wolltem Gegensatz zu ihr, entfaltete sich allmählich eine Form
des Komödienspieles, an der das Bürgertum und die einfache
Bevölkerung lebhaftes Vergnügen fand. Noch heutzutage kann
man es in kleineren Städten Italiens erleben, daß plötzlich ein
kleiner Trupp bunter Gestalten mit Trommeln und Trompeten
einherzieht, um zu verkünden, daß ein Wanderzirkus am Abend
vor der Stadt mit einer Galavorstellung die Welt beglücken
werde. So kündigten auch die wandernden Theatertrupps ihre
Aufführungen an, für die sie einen Saal oder einen freien Platz
gemietet hatten.
Die Theatergesellschaften entnahmen ihre Stoffe der Gegen-
wart; die Zugkraft wuchs, wenn die Ankündigung besagte, daß
Vorfälle zur Darstellung kämen, die sich vor kurzem zugetragen
hatten. Was die gelehrten Dichter und Nachdichter nicht wagen
durften, das war die Stärke der Commedia dell’ arte: die Zeit-
satire, der schlagfertige Spott, der Witz, der anständige wie der
unanständige. Dabei ein Temperament in Mimik und Geste, das
auf die Zuschauer hinreißend wirkte,
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DER ITALIENISCHEN KOMÖDIE
Die Erweckung der antiken Sagenstoffe im Laufe des fünf-
zehnten Jahrhunderts brachte der epischen und dramatischen
Dichtung Italiens eine gewaltige Erweiterung ihres Stoffkreises.
An die antiken Stoffe heftete sich die erwachte und eifrig ge-
pflegte Gelehrsamkeit. Die Aufführung antiker Komödien, auch
der Lustspiele des Plautus und Terenz, wie sie in der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts an italienischen Fürstenhöfen üblich
wurde, erfreute die Gelehrten; dem Unterhaltungsbedürfnis der
übrigen, gegenwartsfrohen Zuhörerschaft genügte sie nicht. Um
sie vor Langeweile zu bewahren, schob man bei höfischen Festen
die „Intermezzi" ein, Grotesktänze, Ballette und Zauberkünste,
die mit dem Stück nichts zu tun hatten. Volkstümlich wurden die
antiken Komödien auch hierdurch nicht.
Unabhängig von jener Theaterkunst, manchmal auch in ge-
wolltem Gegensatz zu ihr, entfaltete sich allmählich eine Form
des Komödienspieles, an der das Bürgertum und die einfache
Bevölkerung lebhaftes Vergnügen fand. Noch heutzutage kann
man es in kleineren Städten Italiens erleben, daß plötzlich ein
kleiner Trupp bunter Gestalten mit Trommeln und Trompeten
einherzieht, um zu verkünden, daß ein Wanderzirkus am Abend
vor der Stadt mit einer Galavorstellung die Welt beglücken
werde. So kündigten auch die wandernden Theatertrupps ihre
Aufführungen an, für die sie einen Saal oder einen freien Platz
gemietet hatten.
Die Theatergesellschaften entnahmen ihre Stoffe der Gegen-
wart; die Zugkraft wuchs, wenn die Ankündigung besagte, daß
Vorfälle zur Darstellung kämen, die sich vor kurzem zugetragen
hatten. Was die gelehrten Dichter und Nachdichter nicht wagen
durften, das war die Stärke der Commedia dell’ arte: die Zeit-
satire, der schlagfertige Spott, der Witz, der anständige wie der
unanständige. Dabei ein Temperament in Mimik und Geste, das
auf die Zuschauer hinreißend wirkte,
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