ERSTAUFFÜHRUNG EINER ITALIENISCHEN KOMÖDIE
AM HERZOGLICHEN HOF ZU MÜNCHEN
Herzog Albredht V. aus dem Hause Wittelsbach, einer der ge-
bildetsten und gelehrtesten Fürsten seiner Zeit, regierte in Bayern
von 1550—-1579. Seine Residenzstadt München war damals die
glänzendste und vornehmste Pflegestätte der Künste nördlich der
Alpen. Die Hofbibliothek mit wertvollen Büchern und Hand-
schriften, das herrliche Schloßantiquarium, ein Werk des Mantu-
aners Jacopo Strada, die Bildergalerie und Kunstkammer mit dem
sogenannten Turnierhof, das Institut St. Michael, das Collegium
Gregorianum sind Schöpfungen dieses Fürsten. Seine Hofkapelle
war die vorzüglichste Deutschlands; an ihrer Spitze stand der
Meister der nordischen Musik, Orlando di Lasso.
Die Vermählung des Erbprinzen Wilhelm mit der Prinzessin
Renata von Lothringen wurde 1568 mit der Prachtentfaltung
eines Fürstenhofes der Renaissance über eine Woche lang ge-
feiert. Auf die kirchlichen Feiern folgten Festspiele, Turniere und
die Aufführung einer fünfaktigen Tragödie durch die Jesuiten.
Am Morgen des letzten Festtages kam es dem zwanzigjährigen,
neuvermählten Herzog in den Sinn, einmal ein italienisches Ko-
mödienspiel zu sehen. Er teilte seinen Wunsch dem Hofkapell-
meister Orlando di Lasso mit, der den Hofmusiker Massimo di
Trajano beauftragte, ein Lustspiel zu entwerfen und in Szene zu
setzen. Noch am selben Abend wurde der Wunsch des Erb-
herzogs erfüllt. Es gehört zum Wesen der Commedia dell’ arte,
daß sie aus dem Stegreif gespielt wird. Nur die Umrisse der
Handlung und der musikalische Teil werden festgelegt, alles
andere, wie Dialog, Pantomime und die Einstreuung burlesker
Auftritte bleibt dem Einfall der Schauspieler überlassen.
Die Vorstellung wurde mit einem Prolog und einem fünf-
stimmigen Madrigale des Orlando di Lasso eingeleitet. Dann
begann das Spiel, das an die Gewandheit und Geistesgegenwart
der Spielenden erhebliche Anforderungen stellte:
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AM HERZOGLICHEN HOF ZU MÜNCHEN
Herzog Albredht V. aus dem Hause Wittelsbach, einer der ge-
bildetsten und gelehrtesten Fürsten seiner Zeit, regierte in Bayern
von 1550—-1579. Seine Residenzstadt München war damals die
glänzendste und vornehmste Pflegestätte der Künste nördlich der
Alpen. Die Hofbibliothek mit wertvollen Büchern und Hand-
schriften, das herrliche Schloßantiquarium, ein Werk des Mantu-
aners Jacopo Strada, die Bildergalerie und Kunstkammer mit dem
sogenannten Turnierhof, das Institut St. Michael, das Collegium
Gregorianum sind Schöpfungen dieses Fürsten. Seine Hofkapelle
war die vorzüglichste Deutschlands; an ihrer Spitze stand der
Meister der nordischen Musik, Orlando di Lasso.
Die Vermählung des Erbprinzen Wilhelm mit der Prinzessin
Renata von Lothringen wurde 1568 mit der Prachtentfaltung
eines Fürstenhofes der Renaissance über eine Woche lang ge-
feiert. Auf die kirchlichen Feiern folgten Festspiele, Turniere und
die Aufführung einer fünfaktigen Tragödie durch die Jesuiten.
Am Morgen des letzten Festtages kam es dem zwanzigjährigen,
neuvermählten Herzog in den Sinn, einmal ein italienisches Ko-
mödienspiel zu sehen. Er teilte seinen Wunsch dem Hofkapell-
meister Orlando di Lasso mit, der den Hofmusiker Massimo di
Trajano beauftragte, ein Lustspiel zu entwerfen und in Szene zu
setzen. Noch am selben Abend wurde der Wunsch des Erb-
herzogs erfüllt. Es gehört zum Wesen der Commedia dell’ arte,
daß sie aus dem Stegreif gespielt wird. Nur die Umrisse der
Handlung und der musikalische Teil werden festgelegt, alles
andere, wie Dialog, Pantomime und die Einstreuung burlesker
Auftritte bleibt dem Einfall der Schauspieler überlassen.
Die Vorstellung wurde mit einem Prolog und einem fünf-
stimmigen Madrigale des Orlando di Lasso eingeleitet. Dann
begann das Spiel, das an die Gewandheit und Geistesgegenwart
der Spielenden erhebliche Anforderungen stellte:
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