Seilschaft, die Narren und Mohrenpagen, der ganze Schwarm
„theatralischer Figuren": die Charakterfiguren der italienischen
Komödie mit ihren Partnerinnen, die Sänger und Sängerinnen der
Oper, die Tänzer und Tänzerinnen des Balletts und das Volk von
der Straße, „le bas peuple": die Ausrufer und Warenverkäufe-
rinnen, Bauern, Bäuerinnen und Gärtner, Soldaten, Bettler und
Hausierer, die ganze Welt der bunten Gegenwart wie durch ein
Verkleinerungsglas oder durch ein verkehrt gehaltenes Fernrohr
gesehen: so lebendig in ihrer geschmeidigen, pointierten Beweg-
lichkeit — und so unwirklich zugleich in ihrer rein künstlerischen,
wirklichkeitsbefreiten Existenz, in Farben gekleidet, die mit ihrem
spiegelnden Schmelzglanz alle Farben der Natur übersteigern —
auf plastisch beblümte, mit vergoldeten oder bunt staffierten
Rokaillen belegte, ausgeschweifte oder in grasbewachsene Fels-
stufen aufgebaute Sockel gestellt, die diese künstliche Welt von
Miniaturfiguren über die Ebene des irdischen Lebens herausheben.
Alle diese Typen sind zuerst im Verlauf weniger Jahre in
Meißen geschaffen worden, und die meisten von ihnen scheinen
wirklich allein der künstlerischen Phantasie Johann Joachim
Kaendlers zu verdanken zu sein.
Von Franz Anton Bustetli, dem unvergleichlichen Schöpfer der
Mehrzahl aller Nymphenburger Figuren, die doch wohl — trotz
Kaendler und Konrad Linck — die höchste Steigerung dessen
geben, was dem Porzellan des 18. Jahrhunderts an Eleganz und
Grazie, an Liebenswürdigkeit, Geist und Witz überhaupt erreich-
bar gewesen ist, kennen wir nicht mehr als den nackten Namen
und die trockensten Aktennotizen über Gehaltszahlungen und
dergleichen. Er taucht ganz plötzlich und glanzvoll auf wie ein
Meteor, überschüttet die Welt mit der blitzenden Fülle seiner
künstlerischen Erfindungen, um ebenso plötzlich wieder zu ver-
schwinden: ein Phänomen der Kunstgeschichte ohne Vorgänger
und ohne Nachfolger in der makellosen Reinheit seines künst-
lerischen Stils, vielleicht auch in dem Empfindungsgehalt und der
dramatischen Spannung seiner plastischen Motive dem Höchsten
vergleichbar.
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„theatralischer Figuren": die Charakterfiguren der italienischen
Komödie mit ihren Partnerinnen, die Sänger und Sängerinnen der
Oper, die Tänzer und Tänzerinnen des Balletts und das Volk von
der Straße, „le bas peuple": die Ausrufer und Warenverkäufe-
rinnen, Bauern, Bäuerinnen und Gärtner, Soldaten, Bettler und
Hausierer, die ganze Welt der bunten Gegenwart wie durch ein
Verkleinerungsglas oder durch ein verkehrt gehaltenes Fernrohr
gesehen: so lebendig in ihrer geschmeidigen, pointierten Beweg-
lichkeit — und so unwirklich zugleich in ihrer rein künstlerischen,
wirklichkeitsbefreiten Existenz, in Farben gekleidet, die mit ihrem
spiegelnden Schmelzglanz alle Farben der Natur übersteigern —
auf plastisch beblümte, mit vergoldeten oder bunt staffierten
Rokaillen belegte, ausgeschweifte oder in grasbewachsene Fels-
stufen aufgebaute Sockel gestellt, die diese künstliche Welt von
Miniaturfiguren über die Ebene des irdischen Lebens herausheben.
Alle diese Typen sind zuerst im Verlauf weniger Jahre in
Meißen geschaffen worden, und die meisten von ihnen scheinen
wirklich allein der künstlerischen Phantasie Johann Joachim
Kaendlers zu verdanken zu sein.
Von Franz Anton Bustetli, dem unvergleichlichen Schöpfer der
Mehrzahl aller Nymphenburger Figuren, die doch wohl — trotz
Kaendler und Konrad Linck — die höchste Steigerung dessen
geben, was dem Porzellan des 18. Jahrhunderts an Eleganz und
Grazie, an Liebenswürdigkeit, Geist und Witz überhaupt erreich-
bar gewesen ist, kennen wir nicht mehr als den nackten Namen
und die trockensten Aktennotizen über Gehaltszahlungen und
dergleichen. Er taucht ganz plötzlich und glanzvoll auf wie ein
Meteor, überschüttet die Welt mit der blitzenden Fülle seiner
künstlerischen Erfindungen, um ebenso plötzlich wieder zu ver-
schwinden: ein Phänomen der Kunstgeschichte ohne Vorgänger
und ohne Nachfolger in der makellosen Reinheit seines künst-
lerischen Stils, vielleicht auch in dem Empfindungsgehalt und der
dramatischen Spannung seiner plastischen Motive dem Höchsten
vergleichbar.
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