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reichm Reise nach Jtalien zur Reife, die der Münchener Kunst eine ganz neue
Wendung geben sollte. — Jm Dezember reiste der Prinz, begleitet von den Grafen
Seinsheim und Jngelheim, dem Leibarzt Ringseis und Dillis zunächst nach Rom
ab. Es ging ihm als Patriot und leidenschaftlichen Knnstfreund doch bereits ein zu
guter Ruf voraus, als daß er nicht darum schon lange von den zahlreich in Rom
versammelten deutschen Künstlern mit Sehnsucht erwartet worden wäre. Von seinem
treuen Martin Wagner und Thorwaldsen, die er bereits früher persönlich kennen
gelernt, abgesehen, traf er jetzt ja anch die ihm noch von Berlin her bekannten
Brüder Schadow. Jn der von ihm und seinen Genossen soeben mit Fresken verzierten
Casa Bartholdy machte er dann zuerst die Bekanntschaft des ihm schon von Niebuhr
warm empfohlenen Cornelius, sowie Overbecks und Veits.

Cornelius galt schon damals in Rom als das hervorragendste Talent
unter den jungen Deutschen, die wichtige Stellung aber, die er nunmehr bald in
der Münchener Kunst einnehmen sollte, nötigt hier zunächst auf sein Vorleben genaner
einzugehen. Jn Düsseldorf als der Sohn des Galerie-Jnspektors Cornelius, am
23. September 1783 geboren, war unser Peter der jüngere unter zwei Söhnen
einer zahlreichen Familie. Durch das Amt des in der Galerie wohnenden Vaters
bekam er srüh Gelegenheit seine Neigung zur Knnst in ihren und den anstoßenden
Antikensälen zu nähren. Schulunterricht genoß er dagegen freilich um so weniger,
obgleich er früh viel Neigung zum selbstündig Denken nicht nur, sondern ein für
Maler sehr auffallendes Bedürfnis schriftlicher Mitteilung und Entwickelnng seiner
Jdeen zeigte. Jmmer zeichnend, mnß er schon vom fünften Jahr an dem Vater
auch in allerhand technischen Hantierungen helfen, dann ließ ihn derselbe Kupfer-
stiche des Max-Anton kopieren. Darüber ist er nie mehr ganz hinausgekommen,
alle seine spateren Zeichnungen zeigen die peinlich harten Umrisse und engen
Schraffierungen dieses Vorbildes, aber nicht die Spur von der freien und malerischen
Behandlung der Studien eines Raffael und Michelangelo. Jm zwölften Jahre
durfte er bereits die Akademie besuchen, die damals unter der Leitnng Peter Langers
stand. Alsbald aber zeigte sich die Eigenart des jungen Künstlers, der sich durchaus
nicht dazu bequemen wollte, nach der Langer'schen Art, strenge Stndien nach der
Antike und der Natur zu zeichnen, überhaupt das Handwerk der Kunst zu lernen, so daß
ihm zuletzt Langer, wie erwähnt, das Talent absprach und den Eltern riet, ihn
etwas anderes lernen zu lassen — eine Ungerechtigkeit, die freilich nachher Cornelius
selber ebenso oft beging. Jm sechzehnten Jahre hatte dieser das Unglück seinen
Vater durch den Tod zu verlieren und mußte nun mit seinem ülteren Brnder, der
dem Vater bald im Amte folgte, die Familie erhalten, also um jeden Preis sich
Arbeit zu verschaffen suchen, welcher Art sie auch sein mochte. So malte er denn
Kirchenfahnen, zeichnete Kalenderbilder, Portrüte und alles mögliche. Auffallend ist
aber, daß er bei seiner unzweifelhaft glänzenden Begabung in den vier Jahren
seines Akademiebesuches sich nicht mehr malerische Fertigkeiten erwarb, als es that-
sächlich der Fall war. Es spricht das nicht für sein technisches Geschick und erklärt
das abfällige Urteil Langers, wenigstens einigermaßen. Jedenfalls besaß er für
einen jungen Menschen, der von Kindesbeinen an unter den größten Meisterwerken
der Malerei gelebt, auffallend wenig Farbensinn, um nicht zu sagen, gar keinen.
Dagegen las er mit Leidenschaft Goethe, Schiller, die Bibel, Homer und machte selbst
zahlreiche dichterische Versuche. — Ebenso knüpfte er schwärmerische Freundschaften

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