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Optimismus dieser Darstellungen ist aber so echt, daß er besonders allen reichen
Sammlern in ungewöhnlichem Grade entsprach, weil sie hier einen ihnen tief sympa-
thischen Charakter sofort herausfühlten, so daß bald ein Anton Seitz im Jnventar
keines Kabinetts fehlen durfte.

Jn manchen Stücken, so besonders in der Neigung für die alte, gute Zeit,
Seitz verwandt, wenn auch weit mehr von Paris beeinflnßt und darum des spezifisch
nationalen Charakters durchans entbehrend, erscheint Louis v. Hagn (geb. 1820
in München). Erzogen ward er im dortigen Kadettenkorps, das er indes bald mit
Berlin und der Malerei vertanschte. Nachdem er die Münchener Akademie von 1841
an besncht, ging er erst zu Wappers uach Brüssel, stndierte dann Menzel in Berlin
und vertauschte dieses 1853—55 mit Paris. Er hat seine Bedeutung darin, daß
er nnter den Sittenbildmalern der erste eigentliche Kolorist der Schule ward nnd
besonders die Rokokozeit in die Mode gebracht hat, wo ihm denn die Darstelluug
der höheren Stände oft vorzüglich gelang. So bei dem, schönen Damen im Park
vorlesenden Dichter (N. Pinakothek), der mnsikalischen Unterhaltung (Galerie Schack).
Mehr bloß Typen als bestimmte Jndividuen gebend, hat er doch den ganzen Cha-
rakter des Rokoko- und Barockstils vorzüglich begriffen nnd selbst das Münchener
Volksleben jener Zeit in seinen „Kegelspwlern" oder der „Frvnleichnamsprozession"
(Müncheuer Rathaus) mit viel malerischem Reiz wenn auch ohne alle spezifische
Lokalfarbe, geschildert. Später lünger in Jtalien verweilend, erreichte er zwar in
der „Klosterbibliothek", der „Audienz bei Leo XIII." nnd anderen Bildern den Reiz
der früheren nicht mehr, entwickelte aber doch immer sein anffallendes koloristisches
Talent, das oft an Wattean oder selbst an Diaz erinnert.

Hagn fand um so eher bald eine Menge Nachfolger mit seinen Rokoko-
szeneu, als die köstlichen Schloßbanten dieses Stils, die Bayern in so reichem Maße
besitzt, die Künstler förmlich einluden, sie mit entsprechenden Gestalten zu bevölkern.
Jndes hat außer Hagn und Ramberg keiner die aristokratische Zierlichkeit des Rokoko
begriffen, wie viele es anch anstrebten. So Paneraz Körle (geb. 1813 in
München, f ebenda 1875), der gleich Seb. Zimmermann nicht weit über die Schil-
derung der Lokalitäten selbst hinansging, nnr daß er sie, statt wie dieser mit ver-
blüfften Bauern, doch wenigstens mit koketten Zofen belebte. Auch Joseph Munsch,
der, in Wien gebildet, seit 1853 in München auftauchte, sich bei Werber-, Kammer-
jungfer- nnd Lakaienszenen mit Geschick des Rokokokostüms bedient. Sein bestes
Bild ist ein durch Werber nnd ihre Helfershelferinnen eingefangener jnnger Menfch.
Jhm verwandt erscheint Felix Schlesinger (geb. 1833 zu Hamburg), der erst
Schüler Jordans in Düsseldorf, dann mehrere Jahre in Paris lebend, dort den
Geschmack für das Rokoko bekam, dem er später aber vorzugsweise die ganz moderne
Kinderwelt nicht ohne Humor und Naturgefühl folgen ließ.

Ganz besonders nber bemächtigte sich die erste Generation der Pilotyschule
des Rokoko, da dasselbe ihrer Vorliebe für Samt und Seide, Kostümprnnk jeder
Art so sehr entgegenkam. Dies gilt speziell von Heinrich Lossow, Sohn des
Bildhaners (geb. 1843 in München), der einer der frühesten Schüler Pilotys wnrde
und, glänzend begabt, zuerst durch eine Darstellung des jungen Dichters und der Sphinx
nach Heine die größten Erwartungen erregend, seither dem Rokoko treu geblieben ist.

Er hat sich dabei aber vorzugsweise an die Darstellung der lüsternen
Maitressenwirtschaft jener Zeit in Deutfchland gehalten. Vortrefflicher Zeichner nnd guter

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