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behandlung und die klare Komposition. Jm Jahre 1880 ward Liezenmayer als
Direktor der Kunstschule nach Stuttgart berufen, vertauschte diese Stelle aber schon
nach vier Jahren mit einer Professnr an der Münchener Akademie, als er bemerkte,
daß ihm die Jsoliernng dort nicht gut bekam.

Zwei Vollblnt-Ungarn waren dann der geistvolle Bert. Szeckely (geb.
1835 in Klausenburg), der nur einige Jahre in dem Pilotyschen Atelier blieb, aber
da mehrere treffliche Porträte und auch mit Glück Szenen aus der Geschichte seines
Vaterlandes malte, der fast alle diese Ungarn, die damals haufenweise Piloty zu-
strömten, mit gesnnder Einsicht treu blieben, während die Deutschen in der Schule
nur zu oft ihre „Unglücksfälle" in allen Weltteilen zusammenfischten und natürlich
dann diesen Mißgriff nicht weniger teuer bezahlten, als der Meister selber. Auch
Julius Benczur (geb. 1844 zu Nyiregyhaza in Ungarn) hat alle seine Lorbeeren
auf dem Felde der heimatlichen Geschichte gepslückt, während er mit einem Ludwig XVI.
am 10. Augnst, dann bei einem Ludwig XV. und der Dubarry eher plump, jeden-
falls sehr viel weniger glaubwürdig erschien. Eben weil er ungewöhnlich begabt
war, stellte er hier die Schattenseite der Schnle: die stofflich greifbare Wahrheit des
Details an Stelle der Charakterschildernng zu setzen, am reinsten dar. Jndes kam
er davon bald zurück, wenn ihm auch ein Hang zum Derben, etwas Barbarisch-
Kräftigen, wie fast allen Ungarn, geblieben ist. llm so überzeugender wirkten später
Hunyadys Abschied, besouders aber sein Hauptbild, die Taufe Stephans U Nachher
half er als gewandter Kolorist seinem Meister Piloty viel bei dessen Bildern, malte
auch verschiedene Rokokoszenen sür den König Ludwig II. von Bayern, besonders
aber eine Anzahl sehr energischer Bildnisse, bis ihn 1883 sein Vaterland zur Leitung
der Pesther Akademie zurückrief. Dort hat er sich fast ganz der Bildnismalerei ge-
widmet, wie denn seine Darstellnng der Stiftung der ungarischen Assekuranzgesell-
schaft ein koloristisch sehr bedeutendes, in der Krast und dem schwärzlichen Ton seiner
Schatten direkt an die Spanier erinnerndes Bild ist. Ohne Zweifel besitzt Benczur
ein bedeutendes, malerisches Talent, das noch mächtig verstärkt wird durch die
energische Art, wie es den nationalen Charakter ausspricht und dadurch entschieden
Rasse erhalt.

Wie die Schule bei solch überwiegender Tendenz zur Bevorzugung des
Stofflichen und zur Modellmalerei leicht in eine gewisse innere Leblosigkeit geriet,
je größer die materielle Wahrheit war, das zeigte dann der Münchener Georg
Conräder (geb. 1838), der, mit am frühesten in sie eingetreten, schon 1860 mit
einer Darstellnng des mit seinen Generalen im Totengraberhaus zu Leipzig beraten-
den Tilly Aufsehen machte durch die Soliditüt des Tons und der Ausführung,
diesen Rnf aber durch seine späteren großen Bilder, so der Zerstörung Karthagos
für das Maximilianeum, dann bei einem Tasso im Gefüngnis, einer Charlotte
Corday, endlich dem Tode Kaiser Josephs, wie später dessen Zusammenknnft mit
dem Papst in Neisse nicht aufrecht zu erhalten vermochte, da sie des echten Lebens
entbehrten, zu sehr im Kostümlichen stecken blieben.

Jmmerhin war es aber schon ein großes Verdienst, daß die Schule hier
überall in Stoffgebiete hineingriff, an die sich der Klassizismus im Gesühle seiner
Schwäche nie gewagt hatte. —- Auch von Karl Otto (geb. in Osterode 1830) gilt
ungeführ dasselbe wie vom Vorgenannten. Mit einem Huß im Kerker und dem
Todesgang der Maria Stuart auftretend, dann drei Wandbilder im Nationalmuseum

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