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malend, erreichte er nngefähr das beste mit einem Gastmahl des Belsazar im Maxi-
milianeum, ohne weder dnrch diese Bilder, noch dnrch eine spätere Marie Antoinette
am Hofe Lndwig XVI. die Empsindnng beseitigen zu können, daß seine Kostüme
viel wahrer seien als die, welche sie trugen. Weit besser gelang dies schon dem be-
gabten Karl Häberlin (geb. 1832 zu Obereßlingen), der erst in Stuttgart durch
Neher zu einem guten Zeichner, dann in Düsseldorf zum Maler gebildet, 1858 nach
München zn Piloty kam und den gesunden Verstand hatte, sich an vaterländische
Stoffe zu halten, die er mit Energie und malerischem Geschick ausführte. So sein
Erstlingsbild, die Aufhebung des Klosters Alpirsbach (Stuttgart. Gal.), dnnn die
Weiber von Schorndorf und Tezels Wanderzug dnrch Sachsen, Einbringung einer
Rüuberbande in ein schwäbisches Städtchen, ein Bild im Nationalmusenm w.
1864 verließ er die Schule, ging ohne sichtlichen Erfolg nach Jtalien und kam
dann 1866 nach Stuttgart znriick, wo er an der Kunstschule angestellt ward,
aber nuch diese Stelle spüter wieder anfgab. An dem Panorama, welches sein
Landsmann und Schulgenosse Faber du Faur von der Schlacht bei Gravelotte
in Hamburg malte, hat er auch große Teile hergestellt, welche seine energische,
bestimmte Art ins beste Licht setzen. Noch bedentender scheinen die Wandbilder
im Kreuzgang des ehemaligen Doininikaner-Klosters in Konstanz zu werden, welches
jetzt zu einem ebenso malerischen als berühmten Gasthof, dem „Jnsel-Hotel" um-
gewandelt ist und in denen Hüberlin die Geschichte des Klosters mit so viel
Stilgefühl als nerviger Charakteristik zu schildern angefangen hat, so daß er da
oft an Rethel erinnert.

Weniger realistisch begabt, aber nicht ohne feines Gefühl ist Emil Teschen-
dorf (geb. 1823 zu Stettin), der erst Theologe, zu Piloty durch die Begeisterung
für Luther geführt ward, von dessen Leben er auch mehrere Bilder mit Einsicht und
Glück malte, dann aber München mit Berlin vertanschend und dem dortigen unge-
snnden Geschmack nachgebend, zu antiken Stoffen überging und allerhand Ariadnen,
Antigonen und Jphigenien oder Cleopatras ins sentimental-Berlinische, übrigens
nicht ohne Talent übersetzte und dafür durch das Sekretariat der Akademie gestraft
ward. — Ein echtes Talent ist Hans Herterich (geb. 1843 zu Ansbach), der erst
Foltz Schüler, als solcher eine Jngeborg am Meere malte und dann, zu Piloty über-
gehend, 1868 mit einem Friedrich mit der gebissenen Wange und mit einer Szene
aus Shakespeare Glück machte, spüter aus der Renaissance- und Zopfzeit malte, um
dann als Lehrer an der Akademie zu wirken, wie Otto Seitz, welcher, der großen
Münchener Künstlerfamlie angehörig (geb. 1846), mit einer Ermordung Riceios
auftrat, dann zu mythologischen Bildern überging, eine Meerfahrt Neptuns u. a.
mit viel technischem Geschick, aber wenig Verständnis des antiken Geistes, daneben
energisch kolorierte Landschaften und Sittenbilder malte, bis er durch eine Lehrstelle an
der Akademie fast ganz absorbiert ward. Jn dieselbe Kategorie gehört auch Joseph
Flüggen (geb. 1842 zu München), der sich bei Piloty zu einem guten Koloristen
und besonders sehr kostümkundigen Künstler ausbildete, was zu seiner Anstellung als
Theaterkostümier führte. Von seinen Bildern, bei denen die Wiedergabe des jewei-
ligen Zeitcharakters immer das beste ist, wäre eine Elisabeth auf der Flucht, ein
„der Wirtin Töchterlein", Regina Jmhof, Tanfe Maximilian I. zu erwähnen, die,
obwohl im Grunde alle mehr Kostüm- als Charakterbilder doch als Zeitschilderungen
nicht ohne Verdienst sind.

Pecht, Geschichte der Münchener Kunst. 17

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