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An der Unstätheit des Wollens leidet etwas Max von Schmüdel (geb.
1856 zu Augsbnrgst der erst Max Adamos, dann Pilotys Schüler, zuletzt vorwie-
gend Einflüsse von Lindenschmit empfing nnd erst einen „philosophischen Hofnarren",
„Klostersuppe", „Vanitas", „Parzival" malte, aber mit einem „Klostergarten", in
welchem die frommen Franen ihren prächtig geratenen Kohl warten, entschieden mehr
Glück machte, da er hier in der Schilderung eines sonnigen Morgens echtes Natur-
gefühl mit poetischer Auffassung paarte. Auch seine Porträte sind verdienstlich und
ganz entschiedenes dekoratives Talent hat er bei Einrichtung der Offiziersspeiseanstalt
des 1. schweren Reiterregiments gezeigt, die unter seiner und Maisons Leitung eine
höchst interessante Meisterleistnng geworden.

Eine schöne Begabnng zeigt auch Frhr. Jos. Molitor von Mühlfeld (geb.
1856 in Schloß Westheim bei Augsburg), der bei ebenso entschiedenem Talent als
Fleiß in Lindenschmits Schnle große Erwartungen erregte, dann aber in extremen Na-
turalismus und auf die plsin-air Malerei geriet, in dieser indes doch einige talentvolle
Arbeiten, so ein „Wüsche aufhängendes Mädchen" und das Jnnere einer Kapelle mit
Betern malte. — Die Romantik führte Frhr. von Bredt (geb. 1860 in Leipzig), der erst
in Smttgart Nehers und Häberlins Unterricht genossen und dann zuLindenschmit ge-
kommen war, von dort ill den Orient nach Korfu, Tunis rc., von wo er „tunesische
Frauen", „Limonenernte in Korfn", „Kahnfahrt von vornehmen Arabern" und zuletzt eine
„Türkische Süngerül" heimbrachte, denen man malerisches Talent nicht absprechen kann.

Derberem, aber anch gesunderem Naturalismus wandte sich Hans Pöck
(geb. in Wiener-Neustadt 1855) zu, der erst znm Kanfmann bestimmt, dem Laden-
tisch anf eigene Faust entfloh und nach München kam, wo er erst bei Löfftz, dann
bei Lindenschmit rasche Fortschritte machte, aber am meisten von seinen Wanderungen
ins oberbayerische Gebirg bestimmt ward, dessen Volksleben er nun mit kernigem
Humor zu schildern anfing. So entstanden nacheinander „Das Dorfgenie", „Der
Elektrisenr in der Dorfschenke", „Beim Answandernngsagenten", „Beim Dorf-
mechanikns", „Der Brillenhändler", „Der Urlauber".

Jhm verwandt in dem ungewöhnlich frischen Humor ist Emil Ran (geb.
in Dresden 1858), der erst Schüler von Pohle dort, um 1879 nach München in
die Schnle Alex. Wagners und dann in die Lindenschmits kam, wo er sich bald
auszeichnete und von 1883 an selbständig, in Berlin 1886 dnrch ein Bild „Leichte
Kavallerie" Aufsehen machte, wo ein flotter Chevanleger mit der Geliebten und ihrer
Freundin vom Tanzplatz kommend, durch sein Kosen mit dieser, die Eifersucht der
ersteren reizt. Das war in lebensgroßen Figuren ein wenig bnnt und kalt, aber
doch mit so kerngesunder Laune nnd treffender Charakteristik gegeben, daß es seinem
Schöpfer alle Ehre machte, wie es ihm auch ein Ehrendiplom eintrug.

Ebenso fein und zierlich als Rau derb, erscheint der Wiener W. Löwith,
geb. 1867, der erst an der dortigen Akademie gebildet, bald an ihrem Klassizismus
kein Genügen fand und darum in Lindenschmits Schule eintrat. Erfolg hatte er
trotz schöner Begabnng erst, als er, die großen Leinwanden an den Nagel hängend,
zu ganz kleinen Kabinettsbildern überging, meist Szenen aus dem geselligen Leben des
vorigen Jahrhunderts, die er mit viel Geist und Witz, wie überraschender Delikatesse aus-
führt. So ein „Duett", eine „Schachpartie", „Billardspieler", „Neue Sendung" rc. rc.

Auch mehrere Norweger und Schweden hat Lindenschmit gebildet, so Erik
Werenskiold (geb. 1855 zu Vinger, Norwegen), der erst Student, 1874 zur

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