und vou 1868 an Pilotys Atelier, zu dessen ausgezeichnetsten Schülern er später
zählte. Löfstz seiner ganzen Anlage nach vielsach verwandt, die schürfste Beobachtung
und viel Phantasie mit ungewöhnlicher Willenskraft verbindend, gelang es ihm trotz
geringer Leichtigkeit des Schaffens um so eher dnrch die eiserne Beharrlichkeit, mit
welcher er nach Vollendung rang, es zu immer gediegeneren Schöpfungen zu bringen,
als er seinen Bildern einen echt poetischen Gehalt zu geben verstand und sich nach und
nach eine eigentümliche Formensprache von großem künstlerischen Reiz schuf, die er mit
tiefem Gemüt beseelte. So erregte er 1874 viel Aufsehen mit einem Bilde „Elaine"
nach Tennyson, wo die aufgebahrte Leiche der Verstorbenen von einem Klosterbrnder
über das Wasser gerndert wird, und er den phantastischen Jnhalt des Gedichts schon
durch die kühne Silhouette der einsam dahinziehenden Gruppe auszusprechen ver-
stand. Sehr ansprechend ist auch der im Schoße seiner Familie orgelspielende
Sebastian Bach 1870 (Museum in Leipzig). Weniger naturwüchsig erscheinen seine
humoristischen Bilder, wie die alarmierte Mädchenpension (1876) und die Tanz-
stunde (1887) obwohl die letztere wenigstens den Charakter einer vornehmen Gesell-
schaft des Empire vortrefflich wiedergibt, wie sie sich durch einen französischen Tanz-
ineister im Contretanz unterrichten läßt. — Sein bestes Bild ist indes „Der leere
Platz", ein armer deutscher Handwerker, dessen Blick bei Tische inmitten seiner drei
Kinder auf die leere Stelle fällt, wo noch eben seine treue Gefährtin gesessen (1882).
Das ist mit einer Tiefe der Empfindung beim Manne und mit einer Feinheit in
Schilderung der verschiedenen Kindercharaktere, sowie mit einer Vollendnng in allen
Nebendingen gegeben, daß es sich dem besten anreiht, was unsere Malerei in dieser
Art überhaupt geschaffen. Auch „Der Abschied" eines jungen Menschen vom Vater-
haus ist trefflich gelungen und ebenso die schauerliche Einmauernng der Konstanze
Beverley nach Walter Scotts Marmion (1883) wo er den barbarischen und heuch-
lerischen Fanatismus eiuer weit zurückliegenden Periode kanm weniger ergreifend
schilderte, als das Familienleben heutiger Handwerker. Überaus gediegen sind anch
seine das Jndividuelle meisterlich herausarbeitenden Bildnisse in ihrem schwärzlichen,
an die Spanier erinnernden Ton. Spezifisch amerikanisch ist freilich nichts an seiner
im Gegenteil vollständig deutschen, aus dem Gemüt stammenden und zu demselben
sprechenden Kunst.
Wie Rosenthal durch Raupps Schule gelaufen und jenem wenigstens in
der scharfen Charakteristik und unermüdlichen Durcharbeitung seiner Vorwürfe ver-
wandt ist Karl Seiler (geb. 1846 in Wiesbaden). Jm leichten rheinischen Blut
und dem witzigen Humor seinem Landsmann Knaus näher stehend, blieben in Mün-
chen seine nach der scharfen Art des Wattean reizend pikant gemalten und geistvoll
aufgefaßten kleinen Kabinettsstücke bis zum Jahr 1883 ziemlich unbekannt, deren
Stoffe er teils den Kämpfen von 1870, die er selber mitgemacht, oder dem sieb-
zehnten und achtzehnten Jahrhundert entnahm. Aber nach dem Feldzuge, der ihm
so reichen Stoff geboten und seinen Horizont mächtig erweitert hatte, war er erst in
Düsseldorf, dann in Frankreich und England gewesen und hatte seitdem alle seine
Bilder dorthin verkauft, so daß sich deren in Deutschland nur sehr wenige ffnden.
Zu den bedeutendsten sollen ein „Rembrandt im Atelier", dann derselbe „Beim
Notar" gehören, ebenso „Sir Jos. Reynolds Besuch beim sterbenden Gainsborough".
Jn München sah man von ihm 1883 eine Gefechtsszene von 1870, wo drei prenßische
Soldaten aus einem sranzösischen Hanse herausfeuern — offenbar selbst erlebt, der
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zählte. Löfstz seiner ganzen Anlage nach vielsach verwandt, die schürfste Beobachtung
und viel Phantasie mit ungewöhnlicher Willenskraft verbindend, gelang es ihm trotz
geringer Leichtigkeit des Schaffens um so eher dnrch die eiserne Beharrlichkeit, mit
welcher er nach Vollendung rang, es zu immer gediegeneren Schöpfungen zu bringen,
als er seinen Bildern einen echt poetischen Gehalt zu geben verstand und sich nach und
nach eine eigentümliche Formensprache von großem künstlerischen Reiz schuf, die er mit
tiefem Gemüt beseelte. So erregte er 1874 viel Aufsehen mit einem Bilde „Elaine"
nach Tennyson, wo die aufgebahrte Leiche der Verstorbenen von einem Klosterbrnder
über das Wasser gerndert wird, und er den phantastischen Jnhalt des Gedichts schon
durch die kühne Silhouette der einsam dahinziehenden Gruppe auszusprechen ver-
stand. Sehr ansprechend ist auch der im Schoße seiner Familie orgelspielende
Sebastian Bach 1870 (Museum in Leipzig). Weniger naturwüchsig erscheinen seine
humoristischen Bilder, wie die alarmierte Mädchenpension (1876) und die Tanz-
stunde (1887) obwohl die letztere wenigstens den Charakter einer vornehmen Gesell-
schaft des Empire vortrefflich wiedergibt, wie sie sich durch einen französischen Tanz-
ineister im Contretanz unterrichten läßt. — Sein bestes Bild ist indes „Der leere
Platz", ein armer deutscher Handwerker, dessen Blick bei Tische inmitten seiner drei
Kinder auf die leere Stelle fällt, wo noch eben seine treue Gefährtin gesessen (1882).
Das ist mit einer Tiefe der Empfindung beim Manne und mit einer Feinheit in
Schilderung der verschiedenen Kindercharaktere, sowie mit einer Vollendnng in allen
Nebendingen gegeben, daß es sich dem besten anreiht, was unsere Malerei in dieser
Art überhaupt geschaffen. Auch „Der Abschied" eines jungen Menschen vom Vater-
haus ist trefflich gelungen und ebenso die schauerliche Einmauernng der Konstanze
Beverley nach Walter Scotts Marmion (1883) wo er den barbarischen und heuch-
lerischen Fanatismus eiuer weit zurückliegenden Periode kanm weniger ergreifend
schilderte, als das Familienleben heutiger Handwerker. Überaus gediegen sind anch
seine das Jndividuelle meisterlich herausarbeitenden Bildnisse in ihrem schwärzlichen,
an die Spanier erinnernden Ton. Spezifisch amerikanisch ist freilich nichts an seiner
im Gegenteil vollständig deutschen, aus dem Gemüt stammenden und zu demselben
sprechenden Kunst.
Wie Rosenthal durch Raupps Schule gelaufen und jenem wenigstens in
der scharfen Charakteristik und unermüdlichen Durcharbeitung seiner Vorwürfe ver-
wandt ist Karl Seiler (geb. 1846 in Wiesbaden). Jm leichten rheinischen Blut
und dem witzigen Humor seinem Landsmann Knaus näher stehend, blieben in Mün-
chen seine nach der scharfen Art des Wattean reizend pikant gemalten und geistvoll
aufgefaßten kleinen Kabinettsstücke bis zum Jahr 1883 ziemlich unbekannt, deren
Stoffe er teils den Kämpfen von 1870, die er selber mitgemacht, oder dem sieb-
zehnten und achtzehnten Jahrhundert entnahm. Aber nach dem Feldzuge, der ihm
so reichen Stoff geboten und seinen Horizont mächtig erweitert hatte, war er erst in
Düsseldorf, dann in Frankreich und England gewesen und hatte seitdem alle seine
Bilder dorthin verkauft, so daß sich deren in Deutschland nur sehr wenige ffnden.
Zu den bedeutendsten sollen ein „Rembrandt im Atelier", dann derselbe „Beim
Notar" gehören, ebenso „Sir Jos. Reynolds Besuch beim sterbenden Gainsborough".
Jn München sah man von ihm 1883 eine Gefechtsszene von 1870, wo drei prenßische
Soldaten aus einem sranzösischen Hanse herausfeuern — offenbar selbst erlebt, der
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