Eis der Gletscher darstelluugswürdig zu fiuden. Als Landschafts-Jllustrator von
viel Geschick und Taleut nach München gekommen und dort allmählich heimisch ge-
worden, ging er bald auch zur Ölmalerei über und schildert mit Vorliebe und
großem Verständnis das Hochgebirge, wenn auch seine weißliche Malerei des klassi-
schen Farbensinnes entbehrt.
Umgekehrt strebt der Schweizer Otto Fröhlicher (geb. in Solothurn 1840),
der erst Staffens Schüler gewesen, eiue stilvolle Wiedergabe weiter Ebenen bei trüber
Regenwolken wechselnder Beleuchtnng an, und es gelingt ihm hier direkt an Ähnliches
von Ruysdael zu erinnern und es doch in eigenartig ernster Weise zn thun. So
bei seinem „Torfmovr vor Peissenberg", „Gegend bei Dachau", „An der Aare im
Haslithal", „An der Handeck" w.
Wir gehen nun zn den eigentlichen Stimmungsmalern und den Naturalisten
über, wie sie meist aus der großen von Lier gestifteten Schule hervorgegangen sind.
Unstreitig hat Lier durch diese noch weit mehr gewirkt, als durch seine
eigenen Arbeiten. Hier steht er neben Piloty fast einzig da, da er auf die Land-
schaft einen ebenso großen Einfluß ausgeübt hat, als dieser anf die Historie. Denn
es war keine Znfälligkeit bei beiden, daß sich eine so große Zahl bedeutender Talente
um sie versammelte, deren Begabung noch über die ihrige hinausging; im Gegen-
teil beweist gerade diese Thatsache selber, daß beider Meister Richtung dem innersten
Bedürfnis der Zeit cntgegenkam und darum die Talente anzog. Denn das ist ja
gerade Genialität, daß man fühlt, was die Zeit braucht und es ihr zn bieten ver-
steht. War es bei beiden Künstlern zunächst das so viel strengere Naturstudium,
was die Schüler magisch an sie fesselte, weil sie fanden, daß sie dadurch erst sesten
Boden unter die Füße bekamen, so schloß dies zugleich jene Hinwendung zur Natur
der Heimat in sich, die denn auch den Grundzug wenigstens der Lier-Schule bildet,
wie sie dem Charakter der ganzen Zeit von 1864—80 entspricht. Daß Piloty hier
den Jdealen seiner Jugend untren ward und Wallenstein oder Thusnelda mit Cäsar
und Alexander dem Großen vertauschte, verschuldete die vvllige Wirkungslosigkeit
seiner letzten Jahre, wie die Hinwendnng zur Antike selbst Goethe nnd Schiller nur
geschadet hat. Denn Künstler und Dichter können den nationalen Boden ebenso-
wenig entbehren, als die Staatsmünner, wenn sie Dauerndes schaffen sollen. — Bei
Lier aber war diese Hinwendung auch zugleich aufs innigste mit der Ausbildung
des echt deutschen Elementes der Stimmung, also mit der Absicht einer Wirknng auf
das Gemüt des Beschauers verbunden. Diese Tendenz vor allem ist es, die seinen
und seiner Schüler Bildern einen so großen Beifall sicherte. Denn auf die Natur
der Heimat hatte schon Schleich mit noch glünzenderer Begabung zurückgegriffen,
ohne aber dabei jemals so entschlossen die Landschaft zum Trüger der Stimmnng
zu machen. —
Wie immer ist die Schule später wieder vielfach über Lier hinausgegangen,
die Neigung znm Schlichten nnd Nächstliegenden wie die Bescheidenheit der künst-
lerischen Mittel nnd Vorliebe für gedämpfte Farben ist ihr aber doch bis heute als
ihre beste Errungenschaft geblieben.
Unter den Lier-Schülern, welche den vaterlündischen Charakter in ihren
Bildern am entschlossensten ansgeprägt haben, nimmt Joseph Wenglein (geb. in
434
viel Geschick und Taleut nach München gekommen und dort allmählich heimisch ge-
worden, ging er bald auch zur Ölmalerei über und schildert mit Vorliebe und
großem Verständnis das Hochgebirge, wenn auch seine weißliche Malerei des klassi-
schen Farbensinnes entbehrt.
Umgekehrt strebt der Schweizer Otto Fröhlicher (geb. in Solothurn 1840),
der erst Staffens Schüler gewesen, eiue stilvolle Wiedergabe weiter Ebenen bei trüber
Regenwolken wechselnder Beleuchtnng an, und es gelingt ihm hier direkt an Ähnliches
von Ruysdael zu erinnern und es doch in eigenartig ernster Weise zn thun. So
bei seinem „Torfmovr vor Peissenberg", „Gegend bei Dachau", „An der Aare im
Haslithal", „An der Handeck" w.
Wir gehen nun zn den eigentlichen Stimmungsmalern und den Naturalisten
über, wie sie meist aus der großen von Lier gestifteten Schule hervorgegangen sind.
Unstreitig hat Lier durch diese noch weit mehr gewirkt, als durch seine
eigenen Arbeiten. Hier steht er neben Piloty fast einzig da, da er auf die Land-
schaft einen ebenso großen Einfluß ausgeübt hat, als dieser anf die Historie. Denn
es war keine Znfälligkeit bei beiden, daß sich eine so große Zahl bedeutender Talente
um sie versammelte, deren Begabung noch über die ihrige hinausging; im Gegen-
teil beweist gerade diese Thatsache selber, daß beider Meister Richtung dem innersten
Bedürfnis der Zeit cntgegenkam und darum die Talente anzog. Denn das ist ja
gerade Genialität, daß man fühlt, was die Zeit braucht und es ihr zn bieten ver-
steht. War es bei beiden Künstlern zunächst das so viel strengere Naturstudium,
was die Schüler magisch an sie fesselte, weil sie fanden, daß sie dadurch erst sesten
Boden unter die Füße bekamen, so schloß dies zugleich jene Hinwendung zur Natur
der Heimat in sich, die denn auch den Grundzug wenigstens der Lier-Schule bildet,
wie sie dem Charakter der ganzen Zeit von 1864—80 entspricht. Daß Piloty hier
den Jdealen seiner Jugend untren ward und Wallenstein oder Thusnelda mit Cäsar
und Alexander dem Großen vertauschte, verschuldete die vvllige Wirkungslosigkeit
seiner letzten Jahre, wie die Hinwendnng zur Antike selbst Goethe nnd Schiller nur
geschadet hat. Denn Künstler und Dichter können den nationalen Boden ebenso-
wenig entbehren, als die Staatsmünner, wenn sie Dauerndes schaffen sollen. — Bei
Lier aber war diese Hinwendung auch zugleich aufs innigste mit der Ausbildung
des echt deutschen Elementes der Stimmung, also mit der Absicht einer Wirknng auf
das Gemüt des Beschauers verbunden. Diese Tendenz vor allem ist es, die seinen
und seiner Schüler Bildern einen so großen Beifall sicherte. Denn auf die Natur
der Heimat hatte schon Schleich mit noch glünzenderer Begabung zurückgegriffen,
ohne aber dabei jemals so entschlossen die Landschaft zum Trüger der Stimmnng
zu machen. —
Wie immer ist die Schule später wieder vielfach über Lier hinausgegangen,
die Neigung znm Schlichten nnd Nächstliegenden wie die Bescheidenheit der künst-
lerischen Mittel nnd Vorliebe für gedämpfte Farben ist ihr aber doch bis heute als
ihre beste Errungenschaft geblieben.
Unter den Lier-Schülern, welche den vaterlündischen Charakter in ihren
Bildern am entschlossensten ansgeprägt haben, nimmt Joseph Wenglein (geb. in
434