30
Endlich sind noch die goldenen Dienerinnen des Hephaistos zu nennen, die nun
zu lebendiger Bewegung auch mit Vernunft sogar und Stimme begabt sind, und &ewv ano
iQyci icaciv, so dass man an die ebenfalls von Hephaistos gebildete Pandora erinnert wird,
die ein Trugbild war gleich dem von Zeus für Hera untergeschobenen Wolkengebilde.
Freilich eben diese goldenen Dienerinnen sind für Overbeck Gesch. d. Gr. PI. 1. S. 43
ein Beleg für Bildung freier Figuren in homerischer Zeit; und nachdrücklich versichert er:
die Schilderung derselben als lebender sei ‘nichts anderes als die dichterische Umschreibung
dessen, was die Sage von der Lebendigkeit Daidalischer Statuen zu berichten weiss’, d.
h. nach ihm eine lebhafte Anerkennung der lebendigen Darstellung. Da haben wir’s
wieder! Das eine Wort xgvcsai in der durch drei Verse gehenden Beschreibung wird
festgehalten, und alles übrige nach der bekannten Methode weggedeutelt. Aber wie fest
müsste da der gute Homer geschlafen haben! In diesen ganzen Wunderbereich passt ja
das Wunder goldener und doch lebender Dienerinnen vollkommen: was aber helfen dem
lahmen Gott zum Gehen Dienerinnen von Gold, wenn sie auch noch so naturwahr dar-
gestellt waren? Oder denkt sich Overbeck am Ende auch den Hephaistos als Statue?
Mit grösserem Rechte lässt sich behaupten, dass diese goldenen Dienerinnen ein Phantasie-
gebilde sind, dem weder Gold noch Statuen zu Grunde liegen, sondern etwas ganz andres.
Ueberblickt man nun jene Dinge, die von Form und Stoff sehr verschieden sind,
aber alle die wunderbare Bewegung gemein haben, so wird man inne, dass weit eher in
der Bewegung grade ein reales Moment enthalten ist, als in Stoff und Form, wie bei den
Dreifüssen, Bäumen, Hunden, so auch bei den Figuren. Für die Kunstgeschichte behalten
sie somit eigentlich gar keine Bedeutung; kaum so viel, dass man sagen könnte: der
Mythos hätte nicht von Bildern reden können, wenn man nicht schon Bilder gekannt hätte.
Denn allerdings die Dinge, mit welchen der Mythos die unbegreiflichen Wunder vergleicht,
und deren Namen er denselben beilegt, muss er kennen; aber was ist das in diesem Fall?
Man kann jene Bilder eben auf verschiedene Weise in verschiedene Elemente zerlegen:
entweder sind sie aus der Vorstellung von Bildern von diesem oder jenem Stoff und der-
jenigen des Gehens zusammengesetzt; oder die Vorstellung von lebenden Wesen hat sich
mit derjenigen eines todten Stoffes verschmolzen. Während jene Composition allerdings
reale Bilder voraussetzt, sind bei dieser die Bilder auch nicht mal im Worte vor der Zu-
sammensetzung des Mythos, sondern erst durch diese vorhanden. Geben wir aber auch
zu, der Mythos sei auf die erste Art entstanden, obgleich die Dienerinnen des Hephaistos
die zweite viel näher legen; so wissen wir doch nicht, wann zuerst, noch was für Bilder
dabei vorgelegen haben.
Die Wunderbilder des Daidalos führen also nicht weniger als früher die Mythen
auf die Identität des Daidalos mit dem Hephaistos; sie würden es vielleicht noch deutlicher
thun, wenn wir dieselben noch in conkretem mythischen Zusammenhang kennten, den sie
gewiss einst gehabt, aber bei der sprichwörtlichen Verwendung eingebüsst haben. Ob ein
Rest davon in der Nothwendigkeit die Bilder anzubinden erhalten sei, oder ob dies Moment
erst durch die Witze der Komiker hinzugekommen, entscheide ich nicht. Conkreler ist,
was von dem Heraklesbild berichtet wird, welches Daidalos dem Herakles zum Dank für
Endlich sind noch die goldenen Dienerinnen des Hephaistos zu nennen, die nun
zu lebendiger Bewegung auch mit Vernunft sogar und Stimme begabt sind, und &ewv ano
iQyci icaciv, so dass man an die ebenfalls von Hephaistos gebildete Pandora erinnert wird,
die ein Trugbild war gleich dem von Zeus für Hera untergeschobenen Wolkengebilde.
Freilich eben diese goldenen Dienerinnen sind für Overbeck Gesch. d. Gr. PI. 1. S. 43
ein Beleg für Bildung freier Figuren in homerischer Zeit; und nachdrücklich versichert er:
die Schilderung derselben als lebender sei ‘nichts anderes als die dichterische Umschreibung
dessen, was die Sage von der Lebendigkeit Daidalischer Statuen zu berichten weiss’, d.
h. nach ihm eine lebhafte Anerkennung der lebendigen Darstellung. Da haben wir’s
wieder! Das eine Wort xgvcsai in der durch drei Verse gehenden Beschreibung wird
festgehalten, und alles übrige nach der bekannten Methode weggedeutelt. Aber wie fest
müsste da der gute Homer geschlafen haben! In diesen ganzen Wunderbereich passt ja
das Wunder goldener und doch lebender Dienerinnen vollkommen: was aber helfen dem
lahmen Gott zum Gehen Dienerinnen von Gold, wenn sie auch noch so naturwahr dar-
gestellt waren? Oder denkt sich Overbeck am Ende auch den Hephaistos als Statue?
Mit grösserem Rechte lässt sich behaupten, dass diese goldenen Dienerinnen ein Phantasie-
gebilde sind, dem weder Gold noch Statuen zu Grunde liegen, sondern etwas ganz andres.
Ueberblickt man nun jene Dinge, die von Form und Stoff sehr verschieden sind,
aber alle die wunderbare Bewegung gemein haben, so wird man inne, dass weit eher in
der Bewegung grade ein reales Moment enthalten ist, als in Stoff und Form, wie bei den
Dreifüssen, Bäumen, Hunden, so auch bei den Figuren. Für die Kunstgeschichte behalten
sie somit eigentlich gar keine Bedeutung; kaum so viel, dass man sagen könnte: der
Mythos hätte nicht von Bildern reden können, wenn man nicht schon Bilder gekannt hätte.
Denn allerdings die Dinge, mit welchen der Mythos die unbegreiflichen Wunder vergleicht,
und deren Namen er denselben beilegt, muss er kennen; aber was ist das in diesem Fall?
Man kann jene Bilder eben auf verschiedene Weise in verschiedene Elemente zerlegen:
entweder sind sie aus der Vorstellung von Bildern von diesem oder jenem Stoff und der-
jenigen des Gehens zusammengesetzt; oder die Vorstellung von lebenden Wesen hat sich
mit derjenigen eines todten Stoffes verschmolzen. Während jene Composition allerdings
reale Bilder voraussetzt, sind bei dieser die Bilder auch nicht mal im Worte vor der Zu-
sammensetzung des Mythos, sondern erst durch diese vorhanden. Geben wir aber auch
zu, der Mythos sei auf die erste Art entstanden, obgleich die Dienerinnen des Hephaistos
die zweite viel näher legen; so wissen wir doch nicht, wann zuerst, noch was für Bilder
dabei vorgelegen haben.
Die Wunderbilder des Daidalos führen also nicht weniger als früher die Mythen
auf die Identität des Daidalos mit dem Hephaistos; sie würden es vielleicht noch deutlicher
thun, wenn wir dieselben noch in conkretem mythischen Zusammenhang kennten, den sie
gewiss einst gehabt, aber bei der sprichwörtlichen Verwendung eingebüsst haben. Ob ein
Rest davon in der Nothwendigkeit die Bilder anzubinden erhalten sei, oder ob dies Moment
erst durch die Witze der Komiker hinzugekommen, entscheide ich nicht. Conkreler ist,
was von dem Heraklesbild berichtet wird, welches Daidalos dem Herakles zum Dank für