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sarter Glashütten133 und ähnlichen Dingen hervor. Gekauft wurde
jedoch nur nach sorgfältigen Erkundigungen, Preisvergleichen und u. U.
längerem Feilschen134. Neben der Freude an Erzeugnissen der moder-
nen Zeit schätzte Carl Gottfried aber auch die älteren „Familien-
stücke“, wie „drey Stück groß gewürckte Tapeten, davon die eine die
Auferstehung Christi, die andere die Taufe Christi, die dritte die
Kreutzigung Christi worinnen Georg Sigmund und Augustin Kheven-
müller sambt dero Hochgräffl. Gemahlin und deren Familien schön
mit Wappen genehet; vier andere dergl. gewürckte mit Ffistorien und
Figurien gezierte Tapetten Stücke“130.
Die Bautätigkeit Carl Gottfrieds beschränkte sich nicht nur auf Thur-
nau. Auch in Buchau, dem Wohnsitz seiner Mündel, sorgte er für die
nötigen Reparaturarbeiten und ließ dort Quardi verschiedene Räume
ausstukkieren130. Als Beispiel für die Verpflichtung Thurnaus gegen-
über der Bayreuther Kunst darf der Neubau der St.-Lorenz-Kirche in
Thurnau gesehen werden137. Zwischen 1701138 und 1707 erbaut,
arbeiteten an ihr neben Thurnauer Handwerkern139 nicht nur Bay-
reuther Künstler10, die Architektur der Kirche selber ist ganz dem
Typ der Markgrafenkirchen verpflichtet: Das fast quadratische, saal-
artige, von doppelten Emporen umzogene Langhaus unterstreicht
den Gedanken des Versammlungsraumes der Gemeinde. Im Westen
findet es seinen Abschluß durch den doppelstöckigen, von Elias Räntz
1706 gearbeiteten, wappengeschmückten Künsberg-Giechischen Her-
renstand. Diesem antwortet im Osten der Chorturm mit übereinander-
stehendem Altar und Orgel aus der Werkstatt des Elias Räntz. Von
dem reifen Typ der Markgrafenkirche unterscheidet sich die Thurnauer
Kirche nur durch die Anordnung der Kanzel. Statt eines Kanzelaltars,
der die Gleichwertigkeit von Sakrament und Predigt betonte, ließ man
geschickt die untere Nordempore zu einen Kanzelkorb auslaufen, über
den zwei, von Quardi gearbeitete, das Alte und Neue Testament symbo-
lisierende Figuren141 den reichen Schalldeckel tragen142. In Krögel-
stein, das 1719 von einem schweren Feuer heimgesucht wurde, welches
mehr als die Hälfte der Ortschaft zerstörte13, wurde unter Carl
Gottfried 1721 das Pfarrhaus neu errichtet und für die Kirche ein
neuer Kanzelaltar angeschaffen144.
Auf bayreuthische Anregung mag auch die Anlage der Mailspielbahn
zurückgehen; gab es doch in dem nahe gelegenen markgräflichen Him-
melkron seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine prachtvolle,
vom Bayreuther Hof gern besuchte „Baille Maille“, die sich in einer
vierfachen Reihe von je 200 Lindenbäumen auf einer Länge von 1000
Schritt hinzog145. Bei dem Mailspiel, das sich an den Höfen Italiens,
Frankreichs und Englands, aber auch in Deutschland im 17. Jahr-

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