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Der Pfälzer: periodical — 1841

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Nro. 4 (20. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43929#0018
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Karlsruhe, 16. Jan. Die hier anwesende Kriegs-
commission wird ihre Arbeiten bald beendet haben, da der
Plan der Rastadter Festungswerke nun definitiv fest-
gestellt und eben so entschieden ist, daß diese Stadt zur Festung
ersten Ranges gemacht werde, und ihre Linien einerseits
bis an den Rhein reichen, andererseits bis gegen Baden
sich ziehen. Der Zug der Eisenbahnen wird die Stadt be-
rühren und durch die Festungswerke gehen. Der Festungsbau
soll mit dem Anfänge des Frühjahres begonnen werden.
Stuttgart. Bis jetzt hörte man von Rüstungen in
Würtembcrg wenig oder gar nichts, jedoch wird nun ernst
daran gedacht, oder vielmehr es treten die in der Stille
betriebenen Vorkehrungen öffentlicher hervor. Die großen
Ersparnisse im Staatshaushalte lasten hoffen, daß man
einer außerordentlichen Aufbringung von Geldmitteln nicht
bedürfen werde; da jedoch auch dieser Fall eintreten kann,
so glaubt man, es dürfte schon im Februar eine außeror-
dentliche Ständcvcrsammlung einberufen werden, deren Ge-
nehmigung zur Vermehrung des Budgets für Kriegsrüstungen
nothwendig ist. Es ist der Wille des Königs, daß am
Recht und an dem Gesetze der beschworenen Verträge un-
wandelbar und nntcr allen Umständen festgehalten werde.
Paris, den 14. Januar. Der von Hrn. Thiers
verlesene Bericht über die pariser Fortifikationen umfaßt.7
Spälten der Debats; wir muffen uns darauf beschränken,
die wesentlichsten Punkte desselben mitzutheiteu. Die Be-
festigung von Paris sey keine Frage der Verhältnisse: Vau-
ban und Napoleon staben sich damit beschäftigt, Vauban habe
inmitten der glücklichen Ereignisse der Negierung Ludwigs
XIV. daran gedacht, Napoleon habe daran gedacht, als
seine und die Macht Frankreichs am festesten begründet ge-
wesen, nach der Schlacht von Austerlitz; aber die Furcht
die Nutzbarkeit der Pariser zu verwunden und die außer-
ordentliche Schnelligkeit der Ereignisse haben ihn verhindert
diesen Gedanken auszuführen. 1814 hätte ein befestigtes
Paris vielleicht Frankreich gerettet. Jndeß enthalte die Be-
festigung Schwierigkeiten. Hr. Thiers zählt die haupt-
sächlicheren auf.
Jedermann wisse, daß die neue vou Napoleon veran-
laßte Genieschule die Zwischenplätze bei Seite liegen lasse,
und gradcwegs auf die Hauptstadt marschire, um die Macht,
die man schlagen wolle, im Herzen zu treffen.
Die Eroberung von diesem Ziel abzuhalten, heiße, eine
ungeheure Modificativn in die strategischen Combinationen
tragen; Paris befestigen, heiße, dieses Ziel, das er beim
ersten Anlauf zu erreichen vorhabe, der Thätigkeit deö Fein-
des entziehen.'
Also—fährt der Berichterstatter fort—beweisen frü-
here und neuere Ereignisse, beweiset die Ansicht der größ-
ten Feldherr» und namentlich die des Urhebers des mo-
dernen strategischen Systems, daß Paris befestigt werden
müsse. Wenn Paris in den Stand gesetzt werde, einer
Belagerung zu widerstehen, so sey es auf ewig gegen die
Gefahren und Schrecknisse einer solchen Belagerung geschützt;
denn eine solche Belagerung könne in einem feindlichen Lande
nicht mit gewöhnlichen Mitteln unternommen werden, und
außergewöhnliche Mittel in ein fremdes Land hinüber zu neh-
men, sey unmöglich. Der Berichterstatter läßt sich nun

weitläufig über den Muth der Pariser aus, die eine Be-
lagerung, wenn demungeachtct eine solche einträte, nicht
fürchten, vielmehr ertragen würden und detaillirt die Sub-
sistenzmittel, die Paris, im Falle einer Belagerung, selbst
bei einer Einwohnerzahl von 1,300,000 Seelen, 60 Tage
hindurch zu Gebote stehen; während die Belagerungsarmee,
wenn sie sich nur auf 250,000 Mann belaufe, mehrerer
Armeen und ungeheurer Magazine bedürfe, um sich zu ver-
proviantiren. Die letztere werde dem Hunger anheim ge-
geben werden, wenn Paris wohlauf sey. Die Totalsumme
der Kosten veranschlagt Hr. ThierS in detaillirter Auf-
zählung des Terrains, der Erd- und Maurerarbeiten auf
65,970,000 Frcs. Dazu müsse man 4 Millionen für
einige accessvrische Arbeiten rechnen, waS die Kosten der
Umwällung auf 69 Millionen erhebe. Die Forts schlügt
der Berichterstatter zu 80 Millionen an. Demnach würde
die Totalsnmme 133 Mill, betragen. Er erklärt sich für
die Ringmauer und Forts dotachüö, und der betreffende
Gesetzentwurf lautet, daß 140 Mill, zu den Befestigungs-
werken bewilligt werden, und daß diese Werke 1) eine fort-
laufende beide Seine-llfer cinschließende Ringmauer mit Bast-
ionen und Wällen, 2) casemattige Außenwcrke enthalten,
sowie, daß dieselben gleichzeitig hcrgestellt werden.
London, 11. Jan. Das ministerielle Morm'ng Chron-
nicle versichert, daß keine Note von der englischen an die
französische Negierung in Betreff ihrer Rüstungen gerichtet
worden sei; ferner, daß Hr. Guizot im Laufe der letzten
6 Wochen keine Note oder Depesche von Wichtigkeit von
einer der großen Mächte erhalten habe. Nie habe ein bes-
seres Vernehmen, als jetzt, zwischen Frankreichs Negierung
und sämmtlichen (?) großen Mächten geherrscht. Den-
noch werde Frankreich wohl daran thun, die über-seine
Rüstungen obwaltenden Besorgnisse und die mögliche Miß-
deutung seiner Absichten zu beschwichtigen.
Aus der Schweiz, den 12. Jan. Das Jahr 1841
hat für die Schweiz mit Stürmen begonnen. In Solo-
thurn scheint zwar die Regierung ohne Blutvergießen Mei-
ster der Bewegung geblieben zu sein. Ihre kräftigen Maß-
regeln haben die Ultramontanen eingeschüchtert; diese Parthci
der Unzufriedenen hat nach den rasch vollzogenen Verhaft-
ungen keinen Kopf mehr an ihrer Spitze. Die Verfassung
ist bereits mit ziemlichem Stimmenmehr als angenommen
zu betrachten, wenigstens war am 11. daö bis dahin be-
kannt gewordene Verhältniß der Annehmenden zu den ver-
werfenden etwa wie 5 : 2. Tumultuarischer ging es da-
gegen in Aargau her. Auf die Verhaftungen einiger Mit-
glieder der Priesterpartei im Freienamte brach ein Aufruhr
aus. Die Gefangenen wurden befreit, und ein starker
Haufen bewaffneter Bauern setzte sich gegen die Stadt Aa-
rau in Bewegung. Die Regierungstruppen zogen am 11.
den Insurgenten entgegen, die aus den Häusern und Gär-
ten deö Dorfes Villmergen das Feuer gegen sie eröffneten.
Endlich ließ der Anführer der Negierungstruppen mit Ka-
nonen fenern, worauf die Aufrührer zerstäubten. Sie sollen
einen Verlust von 6—8 Todten und mehreren Verwundeten
gehabt haben; auf Seite der Truppen ward Einer erschossen
und Einige verwundet. Das Wichtigste ist, daß die Ver-
haftungen in Solothurn und die Beschlagnahme von Pa-
 
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