Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (25) — 1890

DOI Kapitel:
Nr. 201 - Nr. 210 (3. Septmber - 14. September)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44151#0833
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


; '@.ä}}m tägli mit Ausnahme der Sonn- und Teiertage.
* * 1 mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlih
U 420 ohne Trägerfohn n. Pokauffhlag. Befelungen
Boftanftalten u Bei der Erxpedition Zwingerfiraße 7.
Verantwortlicher Redalteur:

4 Al ]
1 Jmlins Jeder in Heidelberg.








für Stadt





*
p}

Soldatenhinderei.

* Fauptmann a. D. Miler, deſſen Enthüllungen
4 * im württembergiſchen Offizierkorps herrſchen⸗
ude kürzlich ſo großes Aufſehen erregt haben,
zwente Broſchüre perbffentlicht, welche zu—
8 Uen Schlußbericht über das gehen ihn einge—
U Serichtliche Verfahren enthält, wobei er auch
’eiqmm der betheiligten Perſonen nicht mehr ver—
4 %. Sn die chronologiſche Darſtellung einge—
ſnd diesmal Enthüllungen über Offizier8ge-
4 Offizierzerſatz Rejerveoffiziere, Offizierspen—
14 zweijährige Präſenz, Militärbeamtliches,
1 und Jast not least Soldatenmiß-
‚tm%{ngen. Zu dieſem traurigen Kapitel liefert
Vller einige Beitraͤge, gegenüber denen Alles,
14 Cr Kurt Abel kuͤrzlich zu erzählen wußte,
Yn 4 Spielereien ſind Wir entnehmen der Miller—

* roſchüre folgende Stelle:
en. will ich nicht reden, daß man den Mann-
ñ die Fauſt ins Geſicht ſchlägt, in's Geſicht
n er ihnen mit gewaltiger Wucht den ſchweren
f Q den Kopf ſetzt, daß man fie mit dem Ge—
N DI[’‚W bearbeitet und auf Ddie Zehen {tößt, Daß
( Ker die Mannſchaſten Fahre lang mit der
4 8 unten herauf gegen Kinn und Kaſe ſtößt,
ſſe Zunge verletzt wird, und das Blut aus der
ir Uit, und- daß er dann vom Regimentskomman—
' Z e8 mit angeſehen, nur gerügt wird. Dies
4 leinigfeiten“, mit denen ich den Leſer nicht
e SM mill. Doͤch will ich ihnı einige der ſchwe—
2 ülle nicht vorenthHalten. Ein Offizier hat die
1 Beit, bei ſeinen nächtlichen Viſitationen der
—— Manſchaft mit brennender Eigarre zu er-
p 7 Die Nöume find ſtark belegt, die Hitze iſt
— Leute ſtoßen ganz von ſelbſt im Schlafen
lenen Decken ab! Sie hierfür zu beſttafen,
” f der Elende die Tchlafenden Solda-
‘ ten‘f jeiner Cigarre an ihre Extremi—
Ag . Der nichtämürdige Burjche endigte
( C108 ſeine Kaͤrriere im Gefängniß. Die Sache
1 * doch zu arg, als daß man ſie hätte dieſes
chen koͤnnen. Ein anderer Fall: Die jungen
tulh! N haben, was ganz natürlich iſt, anfangs die
i wenn ſie das Gewehr „über“, das heißt
ie Schulter nehmen, den Kopf ganz un
l etwas rechts zu neigen. Dieſe Untugend
d M %Qßöugembbnen‚ zieht der Peiniger dieſer Leute
M b‘.‘ü}inenmefier‚ itellt ſich vor den Mann und
5iefifl ESpitze desjelben ihin dicht vor die rechte

4 Licht und Schatten, (Rad. vecb.)
2 Öriginal-Novelle von Hans Fordaens

ſiel — Koland,“ fagte Matalie, endlich die Stille unter-
ſic Lid „ Mie dort am Horizont fchon Teife Die Itnadht Her-
HME i — DieleS geheimniBvoNe Halbdunkel, das fich jeßt
(D} 4 ganze Gegend breitet, ſollteſt Du auf die Lein—
ul dr dannen {uchen.“ E ;
‚e o Süngling ftand mit verfhränften Armen an die
4 3 den Blick bald auf die Dame in ſeiner Nähe,
n Außen gerichtet. Ueber die geiftvolen Züge, auf
“ein“h eben noch ein ungewöhnlicher Srnit gelagert,
Qfi” M;}B.‚f)flüer Schein, als er erwiederte ; . -
ibp e ich im Stande, alles Schöne, das mich hier
8 idrich ſo wiederzugeben, wie €$ meinen Yugen
\ Sfelt, {o mürde mi für den @lückichjten unter
‚umet-rbhd)en halten, Aber ich fühle e8,” fuhr er
/n I© fort, „daß eines Künfilers Wünfche auf diefen
1 5 nie werden befriedigen laſſen ; ich fihle eS, daß
o 14 ** unerreicht gebliebenen Ideale im Herzen wird
4 * müſſen ohne die troſbringende Gewißheit, der
4 * derErreichuns iecines hohen Bieles Fönne ſemals

‚M etden.“ }

N 9?ftfiä'i°rum auch,“ jagte Natalie, während ihr Auge mit
* 64 AWohlgefallen auf dem alfo Sprechenden ruhte,
it : Künfiler Eure Hoffnungen und Wünjche 10

e"“h u3? — Die Flügel Cures Genius,“ fuhr ſie
O Jort, „brauchten Euch, denke ich nicht ſo hoch über
® hinwegzuheben, daß Ihr un arme ANtags-
ä@nsl‚ darüber vergeßt.“

e 1*
N ame fam mit einer ſo vieljagenden Betonuns

4 Lippen, daß die Angeredete trotz der
zii DG figenen. Sicherheit, darüber Nüchlig erröthete.

4 * aft Du nun die Revanche für die Deine unzu-
en ‘\‘tenb%_emermnp‚ von letzthin! jagte die Dame ſcherzend⸗
8 8* le zu dem vor ihr Stehenden ruhig und. Har

Aydüjer : me glaube übrigen3, wenn wir läͤngex heute

‘Tllimt“! Liebling&plägchen verweilen. werden wix noch

In Streit gerathen. Und um uns vor ſolchem







Wange in die Gegend des Ohrs. Beim geringſten
Zucken ſtößt der Mann ſich in die Spitze. Fürchter—
lich aufgeregt, von namenloſer Angſt erfüllt, neigt er
den Kopf viel weiter rechts als ſonſt! Er ſchreit
förmlich vor Schmerz Ich trete in das Zimmer und
ſehe die entſetzliche Szene, Wenn ich nicht ſelbſt an
die größte Selbſtheherrſchung gewöhnt geweſen wäre
und mich nicht für zu gut gefühlt hätte, ich würde
das elende Subjekt mit meinem Säbel zuſammenge—
hauen haben. Dagegen jagte ich ihn wie einen räu—
digen Hund von den Rekruten hinweg und zur Thüre
hinaus Ich ſandte direkt einen Bericht an das Re—
giment. Niemand ſagte mir ein Wort. Doch ſah
man mich etwas ſonderbar an. Mein Hauptmann
ward von dieſem Tage an mein Todfeind und erſt
ein halbes Jahr ſpäter gelaug es mir, ihHm zu ent-
kommen; aber mit welchen Mühen und weiteren Fol—
gen für mich, will ich hier lieber verſchweigen Mein
Bataillonstommandeur, weit berühmt durch ſeine
rohe Ausdrucksweiſe, meinte, ſoetwas hHängt
man nicht gleich an die große Glocke und
auch meine freundſchaftlichen Beziehungen zu meinem
Regimentskommandeur wurden durch meinen Bericht
nicht weſentlich gehoben Der Verbrecher ſelbſt wurde
militärgerichtlich ahgeurtGeilt und hat 8& vder 14
Tage gelinden Arreſt erhalten. Mich, den Kläger
hatte man gar nicht vernommen und meinen urſprüng—
lichen Bericht zurücgegeben.. Der Kompagniechef
faßte einen anderen ab, der vorgelegt wurde Als
ich dem beim Militärgericht funktionirenden Premier—
lieutenant begegnete, hob derſelbe, ſcherzhaft natürlich,
den Finger ſcheltend gegen mich und meinte, wie kann
man ſo etwas zur Meldung bringen? Der miß—
han delte Mann der ſich nichteinmalbe—
ſchwert hatte wurde bei jeder Gelegen—
heit gefaßt. Sein Peiniger avancirteru—
Hig weiter.

Den Mißhandlungen, unter welchen Einzelne zu
leiden haben, ſtehen andere gegenüber, welche daͤs
ganze Regiment treffen. Miller erinnert an den all—
gemein bekannten Fall des neunten baͤheriſchen In—
fanterie Regiments und erzählt dann ein Beiſpiel
aus ſeiner eigenen Erfahrung. Er ſagt, daß ein
General W. in Württemberg befohlen habe, den Lauf—
ſchritt immer noch mehr zu ſteigern, und wenn ein
Soldat deswegen ſterbe, dann ſei er eben im Frie—
den für das Vaterland geftorben. Das Be-
ſchwerderecht bezeichnet Miller als iluforijch, ja als
gar nicht beſtehend! Cr ſagt, daß er in zwanzig
Jahren von Beſchwerde Erhebungen ſeitens der Sol-









ote

Anzeige=-Slatt für vie Amtsbezirke Heitelberg,
Ladenburg, Weinheim, Schhwebingen, Philippsburg,
Wiesloch, Bruchfal, Breiten, Nedargemänd, Mosbach,
Eberbach/ Buchen, Walldärn, Z.-Bifchofsh, Wertheime.



daten „fo gut wie nichts gehört Habe.“ Ein Soldat
der ſich beſchwere werde jedenfalls zu Grunde ge—
richtet werden. Miller ſchreibt:

„Ich habe oft Offiziere ſagen hören, beim Militär
könne man jeden Soldaten leicht in das Feſtungs—
gefängniß bringen. Ich habe auch Offiziere fagen
hören: „Ich werde mein Moͤglichſtes thuͤn, dieſen
Kerl unter die Gallioten zu {teden.“ Der „Kerl“
hatte ſich nämlich wegen Mißhandlungen be—
ſchwert Ein Kompagnie-Chef verſicherte mir einmal,
in ſeiner Kompagnie fämen keine Beſchwerden vor,
dafür ſorge der Feldwebel! Als Fähnrich war ich
Zeuge, wie ſolch ein Feldwebel eine Beſchwerde er—
ledigte. Ein Mann, der von ſeinem Offizier ins Ge—
ſicht geſchlagen worden war, ging zum Feldwebel und
meldete die Beſchwerde an. Kaum war ihin das Wort
entfahren packte ihn der Feldwebel und priügelte ihn
mit der Klopfpeitſche regelrecht Durch: Hierauf ver—
ſammelte der Gewaltige die Kompagnie, ſprach den
Vorfall gründlich durch am Schluffe hinzufügend,
daß er den württembergiſchen Humanitätsſchwindel mun
endlich ſatt habe und künftig wie er eben gezeigt,
nach preußiſchem Muſter derfahren werde Viele
Offiziere verſicherten mir auch, daß ſie gar nie über
das Beſchwerdeweſen inſtruirten, der „Kerl“ brauche
gar nicht zu wiſſen, daß er überhaupt das Recht habe,
ſich zu beſchweren. Andere meinten wieder, ſie in—
ſtruirten zwar, um gegebenen Falles ſagen zu können,
ſie hätten inſtruirt, ſie fügten aber ihrer Fuſtrüktion
immer bei, daß uur ein „ehrfojer Qump“ fich über—
haupt beſchwere

Nachdem Miller noch die Maͤngel des Verfahrens
vor den Militärgerichten beſprochen hat, bei denen
Unterſuchungsrichter, Prototollführer, Anklaͤger und
Vertheidiger ein und dieſelbe Perſon, die Richter zu⸗
gleich die Geſchworenen ſeien, ſchließt er mit folgenden
Worten, denen wohl allgemein beigeftimmt werden wird:

Hier hilft nur Eines: Gründliche Beiſeitigung der
bisherigen Zuſtände eine völlig nenue Militär-
Jujiz, Deffentiidhkeitdes Verfahrens,
ein anderes Beſchwerdeweſen vollkom:
mener und ſicherer Schut des Mannes,
DEr ſich beſchwert hat vor Verjalgung,
3 B. durch Verſetzung in eine andere Kompagnie 2C.

Deutſches Reich.

* Berlin, 10. Sept In der Rede, die der Abg.
Liebknecht dieſer Tage in Berlin über die Taktik der
Sozialdemokratie gehalten hat, ſagte er ı. N: Keine
Regierung der Welt, und wäre ihre Macht noch ſo























Unalück zu retten, kehren wir lieber wieder zu Bapa zurüc,
der uns doch ſchon vermißt haben wird. Willſt Dr mir
Deinen Arm reichen Roland 2“

Es Iag etwas in dem Tone mit dem dieſe Zrage ge-
ſtelt wurde das deutlich genug verrieth, daß die Dame
mit ihrer Aufforderung weit mehr beabfichttate eine Gunſt—
bezeugung: zu erweifen, , als um eine Dienftleiftung. zu
bitten . Der Jüngling mußie die an.ihHn ergangene Yuf-
jorderung auch in erfterem Sinne verftanden hHaben ; denn
mit ſichtlichem Stolze und großer Befriedigung führte er
jeine ſchöne Gefährtin die Meine Anhöhe hinab.

Sie waren indeſſen faum einige Schritte auf dem nun
wieder ebenen Kieswege gegangen, alS die Dame plößlih
ſtehen blieb und zu ihrem jungen Begleiter eilig fagte:

O bitte, Koland, dort an den großen Orangen fehe
ich den Gärtner; jage ihHm, er möge mich am Eingange
der Treibhäuſer erwarten, weilich mit ihm zu reden hätte
In wenia Augenblicken fomme ich Dir nad. — AYuf der
Terraſſe habe ich meinen Shwal vergeſſen und den möchte
ich dort nicht zurücklaſſen“

Die letzten Worte wurden ſchon aus einiger Entfer—
nung gejprochen, und ehe Reland noch Zeit gefunden hätte⸗
ſeine Hilfe für beide Ritterdienſte anzubieten, fah er ſich
allein. — Er ſchickte ſich demgemäß an, Dder erhaltenen
Weifung zu folgen und ſchritt eilig vorwärts dem Gärtner
entgegen, der joeben mit der Gießkaune in den Händen in
einer weiterhin gelegenen Baumgruppe verſchwand

Natalie hatte unterdeſſen im Fluge die Anhöhe wieder
erſtiegen.

Der vergefjene Shawl, das ſah man deutlich, war nicht
das Haupfmotiv zu ihrer ſo ſchnellen Rüctfehr an den
Tanm verlaffenen Ausfichtspunkt; denn das Tuch hing, von
jeiner Herrin unbeachtet, noch wie vordem auf Der eijernen
Umzäumumig:; vielmehr ſchien ein Geräuſch! das für Nataliens
geübtes Ohr ſchon ſeit einer Weile hemerklich ſein mußte,
die ganze Aufmerklamkeit der Danıe in Anfpruch zu nehmen.
— SJn der Ferne ließ ſich der Hufſchlag von Pferden und
* dumpfe Rollen eines herannahenden Wagens ver—
nehmen.



VBorgebeugt über das Geländer der Terraſſe ſpäyte






„Sa, ja, Ichtäufche mich nicht es find wirtlih Georas
Halben,“ Jagte fie freudig vor ſich hin während fie- fich
bemühte, durch den immer tiefer ſinkenden abendlichen
Schleier hindurhHzubliden. Zedenfalls wird er den heu:
tigen Abend bei uns zubringen wolen.“

Der Wagen kanı näher ung näher, und jeßt ließen ſich
ſchon ganz deutlich die Umrifje der yrächtig. aufgezäumten,
mutihigen Pferde und der eleganten Calefche erkennen. Auf
den HZügen,der harrenden Dame aber malte ſich eine ſicht
liche Cnttäuldhung, . als fie fait nleichzeitig bemerkte, Ddaß
das Zunere des Herrichaftlichen Wagens leer jei. — In
dieſen Augenblice hatte derjelbe die Terraffe erreicht, und
der Roffelenker, der die junge Dame irogß der Abendichatten
zwijcheit den Bäumen erfannt haben mußte, brachte mit
fräftiger Hand die Pferde zum Stehen und. nöthigte Na-
talie durch ein lautes „®uten Abend gnädiges Fräulein,”
aus dem Dunkel der Bäume Hervorzutreten.

Ich habe unſexe Madanıe ſoeben nach N. zum Herrn
Sandrath gefahren,“ begann der Kutjdher, al3 die Dame
an dem Raude des Giters anfichtig wurde, in einem Ton
der jhon ; ein näheres Bekanntfein der Herrſchaften vor⸗
auzſesen lVieß, „und der junge Herr hat mich. beauftragt,
auf der Nüdfahrt nadhzırjehen, - ob das gnädige, Fräulein
auf der Terrafie jei; dann Jollte ich Ihnen vermelden, daß
der junge Herr in den nächſten Tıagen nicht woht mürde
herausfommen können, weil er heutẽ Morgen pISglich habe
verreiſen müſſen.“

Gat Euer Herr nicht geſagt, wann er zurückkommen
mwürde, und wohin er gereift iſt? ; fragie die Dame, die
von der erhaltenen Meldung nicht ganz befriedigt jhien.

„Der junge Herr mußte in Geſchaͤftsfachen eben ein®
mal nach London hHinüber,“ erwiderte der Kuͤtſcher gleich-
gülfig und in einem Tone, der dentlich bekundete, daß er
an Häufig wiederkehrende große Meijen feines. Herru _ ge-
wöhnt jei. — Er befahl mir, nach fünf Tagen für den
ÜWbendzug mit dem Wagen: an der Bahnftation zu fein :
Ddenn, fagte er, er müſfe ſich beeilen, - um an demjelben
Abende noch zu dem Herrn Präfidenten hinausfahren 3K
fünnen.“ Fortſetzung folgt.)


 
Annotationen