e K hein 10 glich wut Ausnah e der Bonn u. Feiertage
3 91 vierteljährlich Nek. 1.20 ohne Trägerſohn u. Poſt-
Rufſchlag. Be 5 5 8 den ine A. bei der 7 ® 2
kbxpedition Zwingerſtraße 7. S . 1 „ i
Rede fteur: Baf. Err ins, Hauptſtr. 121, Heidelberg. mit d Untertzaltungsblatt, als wöchent > ratisbe age Druck u
e . TVT . z S —— z
1
Treue und Glauben.
Man braucht nicht zu den gewerbsmäßigen Schwarz-
ſehern ur den unbedingten Bemunderern der guten
alten Zeit zu gehören, um manchen Zug im Geſichte
unſerer Zeit recht häßlich zu finden. Daß win's
herrlich weit gebracht haben, das künden die hrauſen-
den Dampfzüge, die fern hin ſprechenden Drähte,
mit Blitze eile ſcheffenden Maſchinen, das gleißende
Licht, das die Nacht zum Tage macht. Aber dieſes
glänzende, ſchimmernde, blendende Bild hat eine ganz
verwünſchte Kehrſeite. Was iſt denn alles Jagens
und Haſtens, alles Feilſchens und Marktens, alles
Schaffens und Erraffens letztes Ziel? Das Glück,
das vielgerühmte, vielgeſuchte, ſchwergefundene, viel-
geſtaltige Glück! Und was ſſtt dern alles Glückes
Inhalt? Glück iſt Frieden. Ohne innern
Frieder, ohne des ſille Sechgenügenlaſſen kein
Glück! Man wähnt wohl hin und wieder, ein an-
deres Glück erfaßt zu haben; aber bald wird es
klar, daß das ſcheinbare Glück Schaum und Schemen
war; dem Rauſche pflegt Ernüchterung u. ſchmerz-
haftes Erwachen zu folgen. :
Haben wir Menſchen des zu Ende gehenden Jahr-
hunderts etwa das wahre Glück, den vollen Frieden
gefunden? Wer wagt die Frage zu bejahen? Das
Glühlicht fällt auf ebenſo verhärmte Wangen, in eben ſo
ſuchende und ſehnende Augen, wie ſonſt des Kien-
ſpans trübe Flemme. Es iſt viel erſchloſſen aorden,
aber das Land des Friedens bat keiner zu erſchließen
gewußt, wir haben wan ches erfunden, aber das Land
uicht, das die Herzen ſtill und damit glücklich macht.
Ja, je weiter wir „fortgeſchritten“ ſind, um ſo teller
iſt die Haſt, um ſo kürzer die Raſt geworden. Wir
haben vielfach bei dem Jagen das rechte Ziel verloren:
bei der Zerriſſenheit des Tageelebens ı uns die
Sammlung verloren gegangen.
per, auch das Seelenleben iſt „nervös“ geworden.
Wer tieſer ſchaut, wen die glützernde Naßenſeite
der einen Srite mindeſtens das verloren haben, was
wir auf der andern gewannen.
Was hat denn heute den meiſten Werth? Der
Beſitz, das rothe Gold! Das Geſchlecht dieſer
Tage iſt verteufelt ſtolz geworden auf ſeine „Errungen-
e
das Edelſte und Erhabenſte, wagt ſich der billige Witz,
der eines fremden Volksthums Wahrzeichen iſt. Nur
eine Autorität wird noch anerkannt, das iſt die
des Geldſacks, des Mammons; vor der beugen
ſich die ſto zen Nacken und erſterben in Demuth. An
der Schwelle des Mammontempels ſchweigt der Witz
und wandelt ſich in ehrfurchtsvolle Bewunderung.
Sonſt werthete man den Mann nach dem, was er
wat und leiſtete, jetzt nach dem, was er hat und aus-
giebt. Wenn man ſonſt von einem Manne ſagte, er
Werth; heute iſt „gut“ gleichbedeutend mit „zahl-
Aus ſolchen Kleinigkeiten erkennt
man den Zeitgeiſt. Sonſt war nur der
worbene Beſitz eine Ehre;
undeutſche Wort: „Geld riecht nicht.“ Gewiß, es
riecht nicht, aber es brennt, wennzes unehrlich erworben
iſt, auf die Seele und es rollt. Die Erfahrung auch
dieſer Tage zeigt, daß unrecht Gut ſelten an den
dritten Erben kommt. Hut ay vor dem ehrlich er-
worbenen Gute und ſeinem Beſitzer! Der Erwerbs-
ſinn an ſich iſt ebenſo wenig unſittlich und undeutſch
wie die Freude am Beſitze. Aber es iſt kein Ver-
dienſt, Erbe des väterlichen Geldſacks zu ſein, und
es iſt eire Schande, dadurch reich geworden zu
ſein, daß man das Zuchthaus mit dem Aermel
in dieſen Dingen
den geplanten Geſetzentwurf geltend macht, die A b⸗
arten dieſes unlauteren Wettbewerbs ſeien ſo zahl-
reich, daß man ſie gar nicht unter ein Geſetz faſſen
könne? Dem deutſchen Weſen iſt das von Haus aus
nicht eigen, es iſt ein fremder Tropfen im deutſchen
Blute. Aber das entſchuldigt uns nicht. Daß wir
in dieſen Punkten oo gelehrige Schüler waren, iſt
unſere Schande. Nicht gegen die fremden Träger u
wenden, ſondern gegen den Geiſt ſeloſt und gegen
die ſchmiegſame Gelehrſamkeit, die wir gezeigt haben.
Zum phariſäerhaften Herabſehen haben wir wahrhaftig
keinen Grund; ſchlagen wir vielmehr an unsere Bruſt
mit dem Bekenntniſſe der eigenen Schuld! Geſetze
vermögen hier etwas, aber nicht viel. Die Haupt-
ſache iſt die Volkserziehung, die Läuterung des Volks-
geiſtes, die Reinigung der öffemlichen Meinung.
Daran zu arbeiten iſt jeder berufen, der eine im
Wenn man ſich nur allgemein der Pflicht ſolcher Mit-
arbeit bewußt wäre oder würde.!
öffentlichen Verachtung anheimfiele, wie
ſegeln vermag, — wenn der geriebene Geſchäftsgauner,
dem die Täuſchung gelingt, ebeuſo gemieden und ver-
femt würde wie der täppiſche Schwindler, der die
Außenſeite weniger geſcheckt
ren, ſich dieſer Verachtung auszusetzen. Jetzt aber
wiſſen ſie, daß der „Erfolg“ alles Schlimme zu-
deckt, daß des gewonnenen Goldes Glanz alles
Dunkle überſtrahlt, daß das ergaunerte Gold im
Geruche nicht zu unterſcheiden iſt von dem erar-
beiteten. 5
So kommen wir zurück zu dem, wovon wir aus-
gegangen waren. Das Grundübel liegt tiefer. Mit
dem Beſchneiden der Auswüchſe wird kein Grundübel
veredelt. Das Schwinden von Treue und Glauben
iſt eine notwendige Folge der Hatz nach dem Gelde,
der Sucht, reich zu werden um jeden Preis; u. dieſe
unſelige Sucht iſt wiederum eine Folge der falſchen
{ Glücke. Nicht im roien, kalten Golde
Mn me
> 9627
a een E
ſchaften“. Es mag ſich nicht beugen und ſchmiegen den unlauteren Wettbewerb nothwendig iſt, liegt das Glück, ſondern im warmen Herzen, nicht in
vor den Autoritäten, die ſonſt galten, kaum noch vor d. h. gegen die mannigfachen Arten des Schwindels, der ruheloſen Jagd heſteht es, ſondern in dem
der höchſten Autorität, vor dem Quell der Autorität, des Halbbetrugs, der Unehrlichkeit, des Treubruchs. genügen laſſenden Frieden. Den wahren Frieden
vor Gott. An alles, an das Höchſte und Heiligſte, ] Iſt es nicht ein Zeichen der Zeit, daß man gegen aber, nach dem die Herzen ſehnend verlangen, nach
E am g en m en S
Helene. V Als Dalberg am andern Morgen im Schnellzug ſaß, „ wiß mühſam erlangte Ruhe nicht auf's Neue; dann“ —
. 0 der ihn im Laufe desſelben Tages noch bis nach Ebenhau⸗ ſetzte ſie zögernd und erröthend hinzu — „wenn mein
50 Erzählung von Th. Küſter. ſen bringen ſollte, da war er ſo glücklich wie noch nie in Vater es Ihnen erlaubt — dann, ja dann ſchreiben Sie
Erſtaunt hatte der Graf zugehört, er ſchauderte zurück
. gm{:‚ abg;' was mußte ſie Schweres, Schwarzes begangen
aben ?! —
Sie war ihm ſchon aus den Augen, Nachdenklich ging
er weiter und fuhr dann nach Hauſe. Dort fand er einen
Brief von Herrn von Ebenhauſen. Mit zitternder Hand
oͤffnete er denſelben; der alte Herr hattte ihm lange nicht
geſchrieben; was veranlaßte ihn jetzt zu einer Mittheilung,
für die gewiß ein triftiger Grund vorhanden war? —
Wieder und wieder las er die wenige Zeilen, ſeine
Augen glänzten und er vermochte kaum zu faſſen, was da
vor ihm ſtand. Der wie gewöhnlich kurze Brief lautete
wiie folgt: ;
\ „Komm', mein Junge, komm' ſchnell; es wird Alles
wieder gut! — Helene iſt wieder hier, ſie liebt Dich,
der Freiherr nimmt Dich wieder auf — darum
komm! — Mit Dir fühlt und freut ſich
Dein väterlicher Freund
„Helene! — Sie liebt mich noch immer drang es
jubelnd aus ſeiner glück⸗ und freudegeſchwellten Bruſt,
während er in leichtbegreiflicher Aufregung durch ſein
Wohnzimmer ſchritt. . .
Lange dauerte es, ehe er ſeine Faſſung ſo weit wieder-
erlangt hatte, um ſeine Reiſe vorzubereiten und das
Nöthige für ſeine Abweſenheit anzuordnen. Doch endlich
kam er auch damit zu Stande und beſtellte ſein Haus wie
ein ordentlicher, ſorglicher Hausvater und namentlich Guts-
herr. Er war dabei ſo freundlich, ſo gütig gegen ſeine
Untergebenen, daß dieſe es ihm anſahen, wie er eine gute,
— Jreudige Nachricht erhalten haben mußte; ſie freuten ſich
ſtillſchweigend für ihn, denn ſie liebten ihn Alle und ſchätz-
traurig geweſen für ſein jugendliches Alter. An ſeine
Strenge hatten ſie ſich gewöhnt, weil ſie erkannten, daß ſie
berechtigt ſei und er ſelbſt ihnen als ein Beiſpiel treueſter
Pflichterfüllung ſtets voranging. ;
ſeinem Leben; ſollte er doch die auf immer verloren Ge-
glaubte wiederſehen, von nun an in aller Sicherheit die
Seine nennen; die lange Zeit ſchmerzlicher Trauer ſollte
1 werden durch eine Zukunft voll des roſigſten
ückes.
* *
*
Als Herr von Ebruhauſen jenen Brief Dalberg's er-
halten, der ihm Kenntniß gab von deſſen ſo günſtig ver-
änderten materieller Lage und damit den alten Herren zu-
gleich den Beweis lieferte, wie ſehr eben ſein Schützling
und demnächſtiger Erbe nun ein ganz anderer Menſch ge-
worden, wie er aus eigner Kraft ſich emporgearbeitet hatte
aus der bedrängten, faſt hoffnungsloſen Lage, in der er
lich ſeit Jahren regelmäßig befunden: da begann er den
Freiherrn zu Gunſten des Grafen umzuſtimmen; er zeigte
) und Berichte, erzählte ihm, wie Dalberg
gäpzlich mit der vergangenen Zeit gebrochen habe und nun
guf dem Punkte ſtehe, in wenigen Jahren ein ſchulden-
freier, mit der Zeit ein reicher Grundbeſitzer zu wer-
9 Wie Helene ſelbſt dachte, das wußte Herr von Eben-
aufen.
Eines Tages — Helene war ſchon ſeit mehreren Wo-
chen aus dem Kloſter zurück — hatte der alte Herr Gele-
genheit, das junge Mädchen allein zu ſprechen. Auch ihr
erzählte er von dem jetzigen Leben des Grafen, wie er ſich
anſcheinend mit ſeinem Unglück vertraut gemacht habe und
noch immer glaubte, ſie — Helene — habe wirklich den
Schleier genommen. Er ſchloß mit der Verſicher ung, es ſei
doch jammerſchade, daß der thälige, fleißige und noch ſo
junge und liebenswürdige Mann ſein Leben ſo einſam
vertrauern müſſe. . .
„Darf ich ihm mittheilen, daß Sie wieder hier ſind,
Fräulein Helene?“ fragte Herr von Ebenhauſen das
Made mit klopfendem Herzen ihm zuhörende
ädchen.
ihm, daß ich zurückgekehrt bin aus dem Kloster und der
Welt wieder angehöre, weil ich mit der Liebe zu ihm im .
Herzen, die ich daraus nicht zu verdrängen vermocht, eine
Braut Chriſti nicht werden konnte,
geſſen kann!“ —
die H
„Iſt es auch werth,“ ſagte er; „guter Kern hat immer
nun, das iſt nun einmal nicht anders, und ein Mann, der
ſich die Hörner abgelaufen, iſt beſſer als ein Duckmäuſer.
Schlecht iſt er nie geweſen! Wollen den Papa ſchon
bearbeiten; hilft ihm Nichts, muß „ja“ ſagen, wenn Sie
nur ernſtlich wollen!“ —
Statt aller Antwort drückte Helene ihm ſtumm die
Hand
Herr von Ebenhauſen!“ ſagte ſie.
von Anfang an ein treuer Freund
auch geblieben!“ — } S
„Warum ſollte ich auch nicht? — Dalberg iſt ja jetzt
ſo gut wie mein Sohn, iſt mein Erbe — Ja,
„Sie ſind uns wirklich
geweſen und ſind es
braucht nicht mehr auf Geld zu ſehen, Be-
ſitzung auch noch einſt erhalten — und 1
auf Ebenhauſen lebt es ſich ebenfalls ganz gut, namentlich
wenn erſt eine junge Frau dort das Seepter ſchwingen
puff 125 iſt ſchon recht lange her, daß das dort nicht
aſſirte..“ — . ®
„Sie ſind ſo gut, Herr von Ebenhauſen!“ rief Helene
freudig. „Wir wollen Ihnen vergelten, wenn wir ſelbſt erſt
glücklich ſein werden!“ —
Die Hoffnung war nun zurückgekehrt in das Herz des
jungen Mädchens und Helene begann mit friſchem Muth
in die Zukunſt zu blicken. Ihr Vater mußte ja nun zun
der Einſicht kommen, daß er jetzt Nichts mehr gegen Dal-
wird meine
3 91 vierteljährlich Nek. 1.20 ohne Trägerſohn u. Poſt-
Rufſchlag. Be 5 5 8 den ine A. bei der 7 ® 2
kbxpedition Zwingerſtraße 7. S . 1 „ i
Rede fteur: Baf. Err ins, Hauptſtr. 121, Heidelberg. mit d Untertzaltungsblatt, als wöchent > ratisbe age Druck u
e . TVT . z S —— z
1
Treue und Glauben.
Man braucht nicht zu den gewerbsmäßigen Schwarz-
ſehern ur den unbedingten Bemunderern der guten
alten Zeit zu gehören, um manchen Zug im Geſichte
unſerer Zeit recht häßlich zu finden. Daß win's
herrlich weit gebracht haben, das künden die hrauſen-
den Dampfzüge, die fern hin ſprechenden Drähte,
mit Blitze eile ſcheffenden Maſchinen, das gleißende
Licht, das die Nacht zum Tage macht. Aber dieſes
glänzende, ſchimmernde, blendende Bild hat eine ganz
verwünſchte Kehrſeite. Was iſt denn alles Jagens
und Haſtens, alles Feilſchens und Marktens, alles
Schaffens und Erraffens letztes Ziel? Das Glück,
das vielgerühmte, vielgeſuchte, ſchwergefundene, viel-
geſtaltige Glück! Und was ſſtt dern alles Glückes
Inhalt? Glück iſt Frieden. Ohne innern
Frieder, ohne des ſille Sechgenügenlaſſen kein
Glück! Man wähnt wohl hin und wieder, ein an-
deres Glück erfaßt zu haben; aber bald wird es
klar, daß das ſcheinbare Glück Schaum und Schemen
war; dem Rauſche pflegt Ernüchterung u. ſchmerz-
haftes Erwachen zu folgen. :
Haben wir Menſchen des zu Ende gehenden Jahr-
hunderts etwa das wahre Glück, den vollen Frieden
gefunden? Wer wagt die Frage zu bejahen? Das
Glühlicht fällt auf ebenſo verhärmte Wangen, in eben ſo
ſuchende und ſehnende Augen, wie ſonſt des Kien-
ſpans trübe Flemme. Es iſt viel erſchloſſen aorden,
aber das Land des Friedens bat keiner zu erſchließen
gewußt, wir haben wan ches erfunden, aber das Land
uicht, das die Herzen ſtill und damit glücklich macht.
Ja, je weiter wir „fortgeſchritten“ ſind, um ſo teller
iſt die Haſt, um ſo kürzer die Raſt geworden. Wir
haben vielfach bei dem Jagen das rechte Ziel verloren:
bei der Zerriſſenheit des Tageelebens ı uns die
Sammlung verloren gegangen.
per, auch das Seelenleben iſt „nervös“ geworden.
Wer tieſer ſchaut, wen die glützernde Naßenſeite
der einen Srite mindeſtens das verloren haben, was
wir auf der andern gewannen.
Was hat denn heute den meiſten Werth? Der
Beſitz, das rothe Gold! Das Geſchlecht dieſer
Tage iſt verteufelt ſtolz geworden auf ſeine „Errungen-
e
das Edelſte und Erhabenſte, wagt ſich der billige Witz,
der eines fremden Volksthums Wahrzeichen iſt. Nur
eine Autorität wird noch anerkannt, das iſt die
des Geldſacks, des Mammons; vor der beugen
ſich die ſto zen Nacken und erſterben in Demuth. An
der Schwelle des Mammontempels ſchweigt der Witz
und wandelt ſich in ehrfurchtsvolle Bewunderung.
Sonſt werthete man den Mann nach dem, was er
wat und leiſtete, jetzt nach dem, was er hat und aus-
giebt. Wenn man ſonſt von einem Manne ſagte, er
Werth; heute iſt „gut“ gleichbedeutend mit „zahl-
Aus ſolchen Kleinigkeiten erkennt
man den Zeitgeiſt. Sonſt war nur der
worbene Beſitz eine Ehre;
undeutſche Wort: „Geld riecht nicht.“ Gewiß, es
riecht nicht, aber es brennt, wennzes unehrlich erworben
iſt, auf die Seele und es rollt. Die Erfahrung auch
dieſer Tage zeigt, daß unrecht Gut ſelten an den
dritten Erben kommt. Hut ay vor dem ehrlich er-
worbenen Gute und ſeinem Beſitzer! Der Erwerbs-
ſinn an ſich iſt ebenſo wenig unſittlich und undeutſch
wie die Freude am Beſitze. Aber es iſt kein Ver-
dienſt, Erbe des väterlichen Geldſacks zu ſein, und
es iſt eire Schande, dadurch reich geworden zu
ſein, daß man das Zuchthaus mit dem Aermel
in dieſen Dingen
den geplanten Geſetzentwurf geltend macht, die A b⸗
arten dieſes unlauteren Wettbewerbs ſeien ſo zahl-
reich, daß man ſie gar nicht unter ein Geſetz faſſen
könne? Dem deutſchen Weſen iſt das von Haus aus
nicht eigen, es iſt ein fremder Tropfen im deutſchen
Blute. Aber das entſchuldigt uns nicht. Daß wir
in dieſen Punkten oo gelehrige Schüler waren, iſt
unſere Schande. Nicht gegen die fremden Träger u
wenden, ſondern gegen den Geiſt ſeloſt und gegen
die ſchmiegſame Gelehrſamkeit, die wir gezeigt haben.
Zum phariſäerhaften Herabſehen haben wir wahrhaftig
keinen Grund; ſchlagen wir vielmehr an unsere Bruſt
mit dem Bekenntniſſe der eigenen Schuld! Geſetze
vermögen hier etwas, aber nicht viel. Die Haupt-
ſache iſt die Volkserziehung, die Läuterung des Volks-
geiſtes, die Reinigung der öffemlichen Meinung.
Daran zu arbeiten iſt jeder berufen, der eine im
Wenn man ſich nur allgemein der Pflicht ſolcher Mit-
arbeit bewußt wäre oder würde.!
öffentlichen Verachtung anheimfiele, wie
ſegeln vermag, — wenn der geriebene Geſchäftsgauner,
dem die Täuſchung gelingt, ebeuſo gemieden und ver-
femt würde wie der täppiſche Schwindler, der die
Außenſeite weniger geſcheckt
ren, ſich dieſer Verachtung auszusetzen. Jetzt aber
wiſſen ſie, daß der „Erfolg“ alles Schlimme zu-
deckt, daß des gewonnenen Goldes Glanz alles
Dunkle überſtrahlt, daß das ergaunerte Gold im
Geruche nicht zu unterſcheiden iſt von dem erar-
beiteten. 5
So kommen wir zurück zu dem, wovon wir aus-
gegangen waren. Das Grundübel liegt tiefer. Mit
dem Beſchneiden der Auswüchſe wird kein Grundübel
veredelt. Das Schwinden von Treue und Glauben
iſt eine notwendige Folge der Hatz nach dem Gelde,
der Sucht, reich zu werden um jeden Preis; u. dieſe
unſelige Sucht iſt wiederum eine Folge der falſchen
{ Glücke. Nicht im roien, kalten Golde
Mn me
> 9627
a een E
ſchaften“. Es mag ſich nicht beugen und ſchmiegen den unlauteren Wettbewerb nothwendig iſt, liegt das Glück, ſondern im warmen Herzen, nicht in
vor den Autoritäten, die ſonſt galten, kaum noch vor d. h. gegen die mannigfachen Arten des Schwindels, der ruheloſen Jagd heſteht es, ſondern in dem
der höchſten Autorität, vor dem Quell der Autorität, des Halbbetrugs, der Unehrlichkeit, des Treubruchs. genügen laſſenden Frieden. Den wahren Frieden
vor Gott. An alles, an das Höchſte und Heiligſte, ] Iſt es nicht ein Zeichen der Zeit, daß man gegen aber, nach dem die Herzen ſehnend verlangen, nach
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Helene. V Als Dalberg am andern Morgen im Schnellzug ſaß, „ wiß mühſam erlangte Ruhe nicht auf's Neue; dann“ —
. 0 der ihn im Laufe desſelben Tages noch bis nach Ebenhau⸗ ſetzte ſie zögernd und erröthend hinzu — „wenn mein
50 Erzählung von Th. Küſter. ſen bringen ſollte, da war er ſo glücklich wie noch nie in Vater es Ihnen erlaubt — dann, ja dann ſchreiben Sie
Erſtaunt hatte der Graf zugehört, er ſchauderte zurück
. gm{:‚ abg;' was mußte ſie Schweres, Schwarzes begangen
aben ?! —
Sie war ihm ſchon aus den Augen, Nachdenklich ging
er weiter und fuhr dann nach Hauſe. Dort fand er einen
Brief von Herrn von Ebenhauſen. Mit zitternder Hand
oͤffnete er denſelben; der alte Herr hattte ihm lange nicht
geſchrieben; was veranlaßte ihn jetzt zu einer Mittheilung,
für die gewiß ein triftiger Grund vorhanden war? —
Wieder und wieder las er die wenige Zeilen, ſeine
Augen glänzten und er vermochte kaum zu faſſen, was da
vor ihm ſtand. Der wie gewöhnlich kurze Brief lautete
wiie folgt: ;
\ „Komm', mein Junge, komm' ſchnell; es wird Alles
wieder gut! — Helene iſt wieder hier, ſie liebt Dich,
der Freiherr nimmt Dich wieder auf — darum
komm! — Mit Dir fühlt und freut ſich
Dein väterlicher Freund
„Helene! — Sie liebt mich noch immer drang es
jubelnd aus ſeiner glück⸗ und freudegeſchwellten Bruſt,
während er in leichtbegreiflicher Aufregung durch ſein
Wohnzimmer ſchritt. . .
Lange dauerte es, ehe er ſeine Faſſung ſo weit wieder-
erlangt hatte, um ſeine Reiſe vorzubereiten und das
Nöthige für ſeine Abweſenheit anzuordnen. Doch endlich
kam er auch damit zu Stande und beſtellte ſein Haus wie
ein ordentlicher, ſorglicher Hausvater und namentlich Guts-
herr. Er war dabei ſo freundlich, ſo gütig gegen ſeine
Untergebenen, daß dieſe es ihm anſahen, wie er eine gute,
— Jreudige Nachricht erhalten haben mußte; ſie freuten ſich
ſtillſchweigend für ihn, denn ſie liebten ihn Alle und ſchätz-
traurig geweſen für ſein jugendliches Alter. An ſeine
Strenge hatten ſie ſich gewöhnt, weil ſie erkannten, daß ſie
berechtigt ſei und er ſelbſt ihnen als ein Beiſpiel treueſter
Pflichterfüllung ſtets voranging. ;
ſeinem Leben; ſollte er doch die auf immer verloren Ge-
glaubte wiederſehen, von nun an in aller Sicherheit die
Seine nennen; die lange Zeit ſchmerzlicher Trauer ſollte
1 werden durch eine Zukunft voll des roſigſten
ückes.
* *
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Als Herr von Ebruhauſen jenen Brief Dalberg's er-
halten, der ihm Kenntniß gab von deſſen ſo günſtig ver-
änderten materieller Lage und damit den alten Herren zu-
gleich den Beweis lieferte, wie ſehr eben ſein Schützling
und demnächſtiger Erbe nun ein ganz anderer Menſch ge-
worden, wie er aus eigner Kraft ſich emporgearbeitet hatte
aus der bedrängten, faſt hoffnungsloſen Lage, in der er
lich ſeit Jahren regelmäßig befunden: da begann er den
Freiherrn zu Gunſten des Grafen umzuſtimmen; er zeigte
) und Berichte, erzählte ihm, wie Dalberg
gäpzlich mit der vergangenen Zeit gebrochen habe und nun
guf dem Punkte ſtehe, in wenigen Jahren ein ſchulden-
freier, mit der Zeit ein reicher Grundbeſitzer zu wer-
9 Wie Helene ſelbſt dachte, das wußte Herr von Eben-
aufen.
Eines Tages — Helene war ſchon ſeit mehreren Wo-
chen aus dem Kloſter zurück — hatte der alte Herr Gele-
genheit, das junge Mädchen allein zu ſprechen. Auch ihr
erzählte er von dem jetzigen Leben des Grafen, wie er ſich
anſcheinend mit ſeinem Unglück vertraut gemacht habe und
noch immer glaubte, ſie — Helene — habe wirklich den
Schleier genommen. Er ſchloß mit der Verſicher ung, es ſei
doch jammerſchade, daß der thälige, fleißige und noch ſo
junge und liebenswürdige Mann ſein Leben ſo einſam
vertrauern müſſe. . .
„Darf ich ihm mittheilen, daß Sie wieder hier ſind,
Fräulein Helene?“ fragte Herr von Ebenhauſen das
Made mit klopfendem Herzen ihm zuhörende
ädchen.
ihm, daß ich zurückgekehrt bin aus dem Kloster und der
Welt wieder angehöre, weil ich mit der Liebe zu ihm im .
Herzen, die ich daraus nicht zu verdrängen vermocht, eine
Braut Chriſti nicht werden konnte,
geſſen kann!“ —
die H
„Iſt es auch werth,“ ſagte er; „guter Kern hat immer
nun, das iſt nun einmal nicht anders, und ein Mann, der
ſich die Hörner abgelaufen, iſt beſſer als ein Duckmäuſer.
Schlecht iſt er nie geweſen! Wollen den Papa ſchon
bearbeiten; hilft ihm Nichts, muß „ja“ ſagen, wenn Sie
nur ernſtlich wollen!“ —
Statt aller Antwort drückte Helene ihm ſtumm die
Hand
Herr von Ebenhauſen!“ ſagte ſie.
von Anfang an ein treuer Freund
auch geblieben!“ — } S
„Warum ſollte ich auch nicht? — Dalberg iſt ja jetzt
ſo gut wie mein Sohn, iſt mein Erbe — Ja,
„Sie ſind uns wirklich
geweſen und ſind es
braucht nicht mehr auf Geld zu ſehen, Be-
ſitzung auch noch einſt erhalten — und 1
auf Ebenhauſen lebt es ſich ebenfalls ganz gut, namentlich
wenn erſt eine junge Frau dort das Seepter ſchwingen
puff 125 iſt ſchon recht lange her, daß das dort nicht
aſſirte..“ — . ®
„Sie ſind ſo gut, Herr von Ebenhauſen!“ rief Helene
freudig. „Wir wollen Ihnen vergelten, wenn wir ſelbſt erſt
glücklich ſein werden!“ —
Die Hoffnung war nun zurückgekehrt in das Herz des
jungen Mädchens und Helene begann mit friſchem Muth
in die Zukunſt zu blicken. Ihr Vater mußte ja nun zun
der Einſicht kommen, daß er jetzt Nichts mehr gegen Dal-
wird meine