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Pfälzer Bote für Stadt und Land (68) — 1933 (April bis Juni)

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Nr. 100-124 (2. - 31. Mai)
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netianische Kammerzofe, war ein ebenso kindi-
sches Ding wie ich. Schon am Markustag hatte
ich einmal ihre venetianische Tracht angezoaen
und dann ihr besonderes Gefallen erregt. Ich
müsse einmal in dieser Tracht spazieren gehen,
drängte sie. An jenem Abend nun, wo ich zu
Ihnen in den Markusdom kam, bat ich Luzia,
sie möge mir zu einem Ausgang ihre Tracht
leihen. Mit Freuden war sie bereit und klei-
dete mich sorgsam in das fremde Kostüm; aber
mein blondes Haar wollte ihr zur dunklen
Garderobe incht gefallen. Darum schaffte sie
eine schwarze Perücke herbei und malte auch
meine Augenbrauen schwarz. Und sie hatte einen
ungeheuren Spaß, als mich niemand erkannte.
Mir taugte das vortrefflich für meinen Zweck."
„Aber etwas ist mir noch aufgefallen, Fräu-
lein. Sie nannten mich damals Elmar, Sie
kannten diesen Namen. Woher denn?"
„Sie haben sich ja selbst auf dem Zettel, den
Sie mir schickten, so unterschrieben."
„Habe ich das wirklich? — Ja, ja, damals
waren wir so in einer burschikosen Atmosphäre
und unterschrieben immer unsere Kneipnamen.
Aus dieser Gewohnheit, in der Eile mag es
geschehen sein, vielleicht auch aus einer gewis-
sen Laune . . . Warum kamen Sie dann am
nächsten Abend und an den folgenden nicht prchr
in dieMarkuskircbe?"
„Weil es mir ganz unmöglich war. Am ande-
ren Tag, zirka um ein Uhr nachmittags, kehrte
der Onkel zurück. Er war heiß erregt, lachte
aber grell auf und bemerkte, daß er den Spür-
hunden ein Schnippchen geschlagen und sie auf
eine falsche Fährte gehetzt habe. Sodann forschte
er nach dem „Auge der Alpen". Als ich ihm
erzählte, was ich getan, runzelte er zuerst die
Stirne, aber gleich lobte er meine Klugheit
und sagte, wir würden das Stück heuten abend
wieder an uns nehmen und dann schnell Wei-
terreisen. Wenn irgend etwas Unvorhergesehe-
nes eintreffe, dürfte ich von dem Schmuck nie
eine Silbe verraten, sonst könnten wir in einen

Das Auge der Alpen
Eine Erzählung vom Reimmichl.
Urheberrechtsschutz durch Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck.
49) (Nachdruck verboten.)
Was Sie dazumal für mich taten, Herr
Doktor, habe ich Ihnen noch viel zu wenig ge-
dankt, aber ich werde Ihnen mein Leben lang
dankbar sein . . . Einen Tag lang mußten
wir beide, der Onkel und ich, das Bett hüten;
natürlich die Erkältung und das viele ver-
schluckte Wasser hatten doch ihre Folgen. Darum
konnten wir auch Ihren ersten Besuch nicht an-
nehmen. Am zweiten Morgen ging der Onkel
sehr früh aus und versprach, bald wieder zu
kommen. Statt seiner erschien aber vormittags
ein schwarzlockiger, etwas zerlumpter Fischer-
knabe, der ein Billett von ihm brachte. Das
Schreiben hatte beiläufig folgenden Inhalt:
„Liebe Ella; Zerreiße schnell die Dokumente
des Grafen Weiden und wirf die Stücke m den
Kanal. Auch „Das Auge der Alpen" mußt Du
in den Kanal werfen, merke Dir aber genau
die Stelle! Wir werden verfolgt und wahr-
scheinlich bezichtigt man uns des Diebstahls.
Soeben bin ich einem, Wiener Detektiv (Ge-
heimpolizist) begegnet, der mich vielleicht er-
kannt har. Wenn jemand kommt und Dich aus-
fragt, segnest Du alles! Mich darfst Du vor
ein, zwei Tagen nicht erwarten, weil.ich einen
Abstecher aufs Land machen muß. Beschäftige
Dich unterdessen mit Lektüre und gehe nicht aus
dem Hause. Dies in Eile von Deinem Papa."
' — Ich war wie aus den Wolken gefallen. Mit
einem Mal ging mir ein furchtbares Licht auf.
In meiner Ratlosigkeit und Verlassenheit wußte
ich nichts anderes zu tun, als- zu weinen. So-
weit befolgte ich die Vorschriften des Onkels,
daß ich die Dokumente vernichtete; aber den
kostbaren Familienschmuck auf Nimmerwieder-

äußevst gefährlichen Handel verwickelt werden.
Ich wollte ihm Vorwürfe machen, da ging plötz-
lich die Türe auf, und herein traten zwei fein
gekleidete Herren. Sie nannten mich und den
Onkel sofort bei den richtigen Namen und legi-
timierten sich als Wiener Detektivs. Da nützte
nichts mehr. Wir mußten uns eine peinliche
Durchsuchung aller unserer Habseligkeiten ge-
fallen lassen. Als sie absolut nichts Verdächti-
ges entdecken konnten, erklärten sie in höflich-
ster Form, daß sie den unangenehmen, aber
strikten Auftrag hätten, uns sofort nach Wien
zurückzubringen. Mein Onkel protestierte hef-
tig dagegen. Den Herren machte das keinen
Eindruck, sondern sie fragten nur mit kühlem
Lächeln, ob wir freiwillig mitgehen wollten
oder nicht. Im Weigerungsfälle müßten sie
sich mit der venetianischen Polizei in Verbin-
dung setzen, und das würde sehr peinliche Fol-
gen für uns haben. Da blieb nichts anderes
übrig, als uns in das Unvermeidliche zu schic-
ken. Unter fortwährender Kontrolle der Detek-
tivs mußten wir unsere Sachen Packen und die
Hotelrechnung begleichen. Sie ließen uns keine
Sekunde aus den Augen, so daß wir nicht ein
Wörtchen allein mitsammen wechseln, und nicht
das leiseste Zeichen geben und noch viel weni-
ger ein Aviso für Sie, Herr DeUor, znrücklap
sen konnten. Mir war furchtbar bana nm das
Diamantkollier. Das sah mir der Onkel an,
und er gab mir mit den Augen einen strengen
Wink, mich ja nicht zu verraten. Aus seinen
sorgenfreien, sicheren Mienen konnte ich lesen,
daß er ein unfehlbares Mittel wisse, das
Kleinod wieder zu erhalten und dadurch g^
wann ich eine Art Ruhe. Von den Detektivs
wurde die Angelegenheit mit wich feinem TM
behandelt, daß das Hotelpersonal nicht den ge-
ringsten Argwohn schöpfte, sondern nur glaubte,
es sei zu Hause ein Unglück geschehen, durch das
wir gezwungen wären, so plötzlich abzureistn-
(Fortsetzung folgt.)

sehen verfchwinden zu. machen, hatte ich nicht
das Herz. Während ich in Zweifeln und Aeng-
ften beinahe verging, wurde Ihr Besuch ange-
meldet, Herr Doktor. Anfangs lehnte ich ab,
weil ich nicht in der Verfassung war, Sie zu
empfangen; aber Ihre einfachen, freundlichen
Zeilen erschütterten mich so, daß ich mich eines
Besseren besann. Kaum hatte ich in Ihr offenes
ehrliches Antlitz geblickt und wenige Worte mit
Ihnen gewechselt, ging mir schon das Herz auf,
und ich faßte ein unbegrenztes Vertrauen zu
Ihnen. — In jener schrecklich erregten Stunde
war ich mit einem Male reif geworden, und
mein Gehirn arbeitete fieberhaft. Nur so ver-
mag ich es zu erklären, daß ich plötzlich auf den
klugen Einfall kam, Ihnen das Juwel zum
Ausbowahren zu übergeben. Es leitete mich da-
bei der Gedanke, daß an diesem oder am näch-
sten Tage die Wiener Polizei erscheinen und
unsere Effekten durchsuchen werde; wenn sie
nichts Verdächtiges vorfand, würden wir nicht
weiter behelligt werden, und dann konnte ich
das Schmuckstück wieder von Ihnen zurückneh-
men. — Zwei Tage war ich nun cm Hotel
allein. Weder Onkel noch Detektiv ließen sich
blicken. Auch muß ich bekennen, daß ich einige
Sorgen wegen des fortgegcbenen Kleinods
hatte. Darum erwartete ich sehnsüchtig den
nächsten Abend, wo ich mit Ihnen im Mar-
kusdom zusammentreffen konnte. Sicher wird
Ihnen damals meine Garderobe aufgefallen
fein."
„Ja, sehr", erklärte der Doktor, „Sie waren
venetianisch gekleidet und hatten kohlschwarzes
Haar."
„Das kam so", entgegnete sie: „Luzia, die ve-

Selte lv „Pfalzer Bote" Heidelberg — Samstag, den 27. Mai 1S33 Nr. 121

kunäkunlLproAranun
Sonntag, den 28. Mai.
Breslau. 20.05: Der Weg der Operette. 22.45:
Unterhaltungskonzert.
Köln-Langenberg. 9.05: Ev. Morgenfeier. 11.15:
Schlageter-Feier. 12: Bach-Kantate Nr. 178.
13.20: Mittagskonz. 14.15: Eifelrennen. 15.25:
Bilder aus der deutschen Vergangenheit. 16.30:
Eifelrennen. 18: Maria im Maien. 19.05:
Ernst und heiter usw. 20.10: O du mein Oester-
reich. 21: Mai-Kantate. 22.30: Unterhaltungs-
konzert.
Königswusterhausen. 8: Stunde des Landwirts.
8.55: Morgenfeier. 12: Mittagskonzert. 12.15:
Vaterländische Kundgebung. 14.15: Das Eifel-
rennen. 15: Unterhaltungskonzert. 16.30: Schluß
des Eifelrennens. 19: Adelheid Armhold singt.
20.30: Berliner Kunstwochen. 21.15: Unter-
Haltungs- und Tanzmusik.
Leipzig. 20: Verdi-Puccini-Abend. 21: Blick in
die Zeit.
Mönchen. 10: Konzert. 10.55: Germanische Hel-
dendichtung. 11.15: Schlageter-Feier. 11.50:
Mittagskonz. 13.30: Zur Unterhaltung. 14.50:
Die nationale Revolution. 16: Toteninsel im
Vikinger-Meer. 16.20: Vesperkonzert. 17:
Schlageter-Feier. 17.50: Konzertstunde. 19.45:
Blasmusik. 20: Abendkonzert. 23: Nachtmusik.
Mühlacker. 6.35: Hafenkonzert. 7.40: Chorgesang.
8.30 Uhr Evang. Morgenfeier. 10.10: Kathol.
Morgenfeier. 11.15: Rede des Ministerpräsi-
denten Göring. 12: Johann Seb. Bach. 12.30:
Regimentstag. 14.25: Stunde des Handwerks.
14.60: Kurpfälz. Sängertreffen. 15.30: Stunde
der Jugend. 16.30: Bericht vom Eifelrennen.
17: Schlageter-Feier. 17.45: Kammermusik. 19:
Aus dem Schaffen der Lebenden. 20.05: Der
Weg der Operette.
Montag, den 29. Mai.
Breslau. 20: Konzert. 21: Abendberichte. 21.10:
Südseeflug. 22.30: 10 Minuten Funktechnik.
22.40: Das neue Gesicht des Breslauer Haupt-
bahnhofs.
Köln-Langenberg. 7.03: Morgenruf. 7.10: Mor-
genkonzert. 8: Wetter, Zeit. 10.15: Mensch und
Welt. 12: Unterhaltungskonzert. 13: Mittags-
konzert. 15.50: Jugendfunk. 16.30: Vesperkonz.
18.05: Deutsche Erzähler. 19: Stunde der Na-
tion. 20.15: Fröhl. Abendmusik. 22.45: Tanz-
musik.
Königswusterhausen. 6.35: Wiederholung der
Abendnachrichten. Tagesspruch. Anschl. Früh-
konzert. 9.45: „Der Ballon". 10.10: Schulfunk.
14: Schallplattenkonzert. 16: Nachmittagskonz.
17.25: Deutsche Lieder. 18.05: Tänze und Vir-
tuoses aus 3 Jahrhunderten. 19: Stunde der
Nation. 20: Kernspruch, anschl. Oper „Iphi-
genie". 22: Nachrichten. 23: Nachtmusik.
Leipzig. 20: Lustiges Durcheinander. 22.05: Nach-
richtendienst, anschl. Nachtmusik.
München. 7: Morgenspruch. — Choral, anschl.
Frühkonzert. 10.16: Stunde der Fortbildung.
12: Orchestermusik. 13: Mittagskonzert. 13.30:
Fortsetzung. 14.20: Deutsche Postreklame. 15.05:
Konzertstunde. 17: Christ!, deutsche Volksschule.
18.25: Sonate Es-dur Op. 7 von L. v. Beet-
hoven. 19: Stunde der Nation. 2<n Runk „n>
den alten Peter. 21.20: Kammermusikstunde.
22.45: Nachtmusik.
Mühlacker. 7.10: Frühkonz. 10.10: Lieder. 10.40:
Kompositionen von Paul Linke. 12: Buntes
Schallplattenkonzert. 13.15: Zeit, Nachrichten,
Wetter. 13.30: Volksmusik. 16.30: Nachmittags-
konzert. 18: Deutschland. 19: Stunde der Na-
tion. 20: „Erzähle, Kamerad"! 20.15: Heitere
Abendmusik. 23: Unterhaltungskonzert.
kvmk«!
Lsmdsr, viekl (o.
?^0IO - KIKI0 - s^vIO

— Der berüchtigte Journalist. Bottemley ge- rischen journalistischen Erzeugnisse sowie durch
>rben. Der berüchtigte englische Journalist üble Finanzkunststückchen, die er besonders in

Der erste Polizeigeneral
Wolfgang Schmidt, Kommandeur der Würt-
temberger Schutzpolizei, wurde zum Polizei-
geneval befördert. Dies ist das erstemal, daß ein
Polizeiführer diesen Titel erhält.

storben. , „ „ , ,
und Finanzschwindler Horatius Bottemley ist Ausnutzung der Nachkriegspsychose unternahm,
in London im Alter von 73 Jahren gestor- bekannt und im Jahre 1922 zu sieben Jahren
ben. Bottemley, von 1906 bis 1912 Abgeord- Zwangsarbeit verurteilt worden.
neter des Unterhauses, ist durch seine erpresse-

An Berlin kümvtten die Nolizeibmr um ihre EursvaMiKsrjAaft
Hornemann-Berlin (mit Pokal) mit dem Engländer Gibbons, den er im Schlußkampf besiegte.
In der Reichshauptstadt wurden die Polizei-Europameisterschaften ausgetragen. In den fünf
Klassen vermochten die deutschen Boxer, die sämtlich der Berliner Polizei angehören, nicht weniger
als vier Meistertitel zu erringen.

Ehrenpreis zur Ertüchtigung der deutschen
Jugend.
, Diese formenschöne Plastik „Kraft und Schnellig-
keit" wurde dem Kanzler von dem Berliner Erz-
,gießer Kraas als Ehrenpreis für die sportliche
.Ertüchtigung der deutschen Jugend übermittelt.
'Die Plastik ist ein Werk von A. Büschelberger.

Neue Plastiken von Hitler und Göring.
Die eindrucksvollen Porträtbüsten des Reichs-
kanzlers und des preußischen Ministerpräsiden-
ten, die der Berliner Bildhauer Hermann Joa-
'chim Pagels schuf.

Ein alter Wiener Brauch lebt wieder aut
Schöne Wienerinnen bei dem Wiener Volksfest „Kirta an der Mau-er", das jetzt zum ersten-
mal wieder gefeiert wurde. - Das Fest ähnelt der deutschen Kirmes und ist nach einam Wiener
Vorort benannt.

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M U W
M A
 
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