Todes soll er nunmehr auch ein umfassendes Geständniß
abgelegt und die Ermordung des Kaufmanns M unum-
wunden eingestanden haben. Bon den vielen Tausenden,
welche seit einer langen Reche von Jahren das Zuchthaus
in Waldheim bevölkert haben, ist K. als der Gefährlichste
und Verwegenste zu bezeichnen.
— Ei» neues Heilmittel gegen Diphtheritis. Wie
die Wiener Tagesblätter berichten, wüthet oort seit Wochen
so stark die Diphtheritis, daß sogar die Schulen geschlossen
werden mußten. Die „Deutsche Ztg.", die den berühmten
Laryngologen der Wiener Hochschule, Prof: Dr. Karl Stoerck
über die Krankheit und ihre Bekämpfung interviewen ließ,
schreibt: Prof. Stoerck erkennt den epidemischen Charakter
der Krankheit an. Sowohl die Klinik als auch die Privat-
praxis bestätige dies. Was die Schließung der Schulen
betrifft, so ist der berühmte Kliniker ganz damit einverstanden.
„Es ist eine prophyeaktische Maßregel, die man nicht unter-
lassen kann, aber mau darf nicht ihren Werth überschätzen.
„Sicher wäre sie nur, wenn man die Schulen so lange
geschlossen halten könntet bis die Epidemie ganz erloschen
ist. Wir wissen ja über die Jncubationsdauer des Diph-
theritisbac llus nichts Sicheres, wir können nicht controliren
ob er sich durch die Luft fortpflanzt, im Staube festietzt
oder ob er an den Wänden haftet. Wir haben es da mit
— man kann nicht sagen Imponderabilien, aber doch mit
Jnvisibilien zu thun. Also man wird gur thun, sich trotz
der geschloffenen Schule vorzusehen. Seit längerer Zeit hat
man den Diphtheriebelag mit einer Sublimatlösung im Ver-
hältniß von 2—1000 behandelt. Das ist ab^-r ein Mittel,
das nur der Arzt anwenden darf und das man dem Laien
nicht in die Hand geben kann. Da hat nun unser bekannter
Hygieniker Prof. Max Gruber empfohlen, an Stelle der
giftigen Sublimatlösung ein anderes Mittel anzuwenden,
Las denselben Effekt erzielt und unschädlich ist; es ist dies
das Kresol. Eine ein- bis zweiprozentige Kresollösung
wirkt ebenso wie die oben bezeichnete Sublimatlösung, wie
mir viele Fälle in meiner Praxis bewiesen haben. Diese
zweiprozentige Kresollösung kann jeder Laie in einer größeren
Apotheke kaufen und jede Mutter kann sie anwenden. Sobald
das Kind über Halsfchmerzen klagt, oder sobald man irgend
eine Schwellung oder Veränderung der Mandeln bemerkt,
soll die Mutter das Kresol anwenden. Sie braucht nur
den Finger mit einem Leinenläppchen zu umhüllen, dieses
mit der Flüssigkeit zu benetzen und damit die afficirten
Mandeln abzuwaschen; geradeso wie man den Kindern den
den Mund auswäscht' wenn sie den sogenannten Mehlhund
s8oor) haben. „Sehen Sie" — dabei wies Professor
Stoerck ein Fläschchen vor, — „es ist eine ganz klare
Flüssigkeit. Kresol — die Mutter möge sich diesen Namen
merken und es gleich bei den ersten Anzeichen anwenden;
es ist ganz unschädlich. Freilich, die ärztliche Hülfe ist
deshalb noch nicht entbehrlich; das möge man dabei nicht
übersehen." — lieber das neue Mittel theilt Dr. Heger in
der „Pharmac. Post" Folgendes mit: „Unter Kresol ist
Kresylsäure zu verstehen, die gleich der Karbolsäure aus
den Steinkohlen gewonnen wird. Die Eigenschaften des
reinen Kresols sind denen der reinen Carbolsäure sehr
ähnlich. Das von den Professoren Gruber und Stoerk
empfohlene Präparat ist aber das „Lrssoluw purum liqo-
kaetum MorcklinZer«, ein chemisch verflüssigtes, reines
Kresol, welches dem officinellen ^cicl, earbol, ligokuet
homolog ist. Die zur Behandlung des DiphtheritisbelagS
empfohlene ein- bis zwei procentige wässerige Lösung wird
in den Apotheken auf Grund eines ärztlichen Recep»
auSgefolgt.
— Etierkämpfe ix Spxxien. Wie wir Madrider
Blätter entnehmen, haben in der Spielzeit des Jahres 1893
260 Stiergefechte stattgefunden, an denen die bekannten
Toreros theilnahmen und 320, an denen jüngere Espada-
Novizen mitwirkten. In Portugal fanden 18, in Frankreich
19 Gefechte, also im Ganzen 617 Tödtungen von Stieren
statt. Die meisten Kämpfe zählt Madrid, nämlich 25;
dann folgen Valencia mit 13, Sevilla mit 10, Valladolid
mit 7. Im Ganzen fielen diesen Gefechten 1578 Stiere
zum Opfer, davon starben 26, ohne den letzten Espadastich
erhalten zu haben. Von den berühmten Toreros arbeitete
Guerita am häufigsten und erfolgreichsten: er nahm an
nicht weniger als 78 „eorriäas" theil; ihm am nächsten
kam Mazzantini mit 56 Gefechten. Welche Summen diese
Gefechte verschlingen geht daraus hervor, daß Guerrita
für seine 78 Vorstellungen 234 000 Pesetas an feine Mit-
arbeiter zahlte.
KumorMsches.
In Sachsen.
Schneider: „Harn Se, Se kennten mich nu doch balde be-
bezahlen."
Student: „Ich habe kein Geld."
Schneider: „Nu, wenn Ham Se denn welches?"
Student: „Ich habe niemals Geld."
Schneidet: „Da härn Se aber! Etwas Geld hat doch bei-
nahe Jeder manchmal!"
-i-
Gelungenes Wortspiel.
Ein Student wurde von seinem Professor zu einer Audienz
befohlen. Da dieser gewisser unliebsamer Vorgänge wegen vor-
aussetzte, cs werde wenig erfreuliches dabei herauskommen, zog
er es vor, der Citation keine Folge zu geben. Nach einigen Tagen
begegnete er dem Herrn Professor.
„Sie sind nicht zu mir gekommen?" fragte barsch der
Gestrenge.
„Nein, Herr Professor, denn ich habe gelesen, Sie seien
verreist."
„Was fällt Ihnen denn nur ein, wo soll ich denn gewesen
sein?"
„In Indien."
„So, und wo haben Sie denn das, wenn ich fragen darf,
erfahren ?"
„Durch einen Anschlag in Ihrer Wohnung, Herr Professor;
denn dort steht an der Thür: „Ich bin jenseits des Ganges zu
sprechen."
Der Professor mußte herzlich lachen und verzieh wegen des
gelungenen Wortspiels dem Sünder.
* * *
Heimgegeben.
Bauer (in einem städtischen Restaurant): „I möcht' a Glas
Bier!"
Bauer: „So? Ja, seg'n S', i'hab'halt net g'wißt, daß
Sie der Hausknecht fan!"
* *
*
Immer milde.
Karlchen (freudestrahlend aus der Schule heimkehrend):
„Weißt Du, Mama, ich bin über meinen Nebenmann gekommen!"
Mama: „Wesalb denn mein Kind?"
Karlchen: „Ja, Mama, weil er solch ein Schafskopf ist."
Mama: „Aber Kind, so etwas kann man doch milder aus-
drücken ! Wie wirst Du also bester sagen?"
Karlchen: „Ich bin über meinen Nebenmann gekommen, weil
er, milde ausgedrückt, ein SchafSkof ist!"
* * *
Wörtlich.
„Wann haben Sie das Gemälde begonnen?"
„Etwa 6 Monate werden verstrichen sein!"
Verantwortlicher Redakteur: I. Jeck er in Heidelberg
Druck und Verlag von Tebr. Huber in Heidelberg.
MochmIkilLgk zam Wälökk Rokn.
Nr 2 Ssrmtag, de» 14 Januar 1894.
Peter Mayr, der Wirth SN -er Mahr.
Vor einigen Monaten hat man dem unsterblichen Andreas
Hofer im schönen Land Tirol ein würdiges Denkmal er-
richtet, sein Ruhm lebt in Aller Mund. Auch seine helden-
haften Mitkämpfer, der unerschrockene Kapuziner Haspinger
und der riesenhafte Joseph Spechbacher, sind bei uns volks-
thümliche Gestalten. Der Name des biedern Mahrwirths,
Peter Mayr war, nächst Hofer wohl der sympathischste
der Führer im Freiheit-kampfe der Tiroler, ist, zumal in
Norddeutschlcmd, fast völlig unbekannt. Diesen Peter Mayr
hat nun ein Dichter, der zur Schilderung des tirolischen
Heldeukampfes berufen ist, wie kaum ein Anderer, der ge-
feierte P. K. Rosegger, zum Helden einer Geschichte auSge-
wählt. Vor Kurzem ist dieselbe im Buchhandel erschienen*)
Die Vorzüge des Rosegger'scheu Erzählertalents bewähren
sich auch in diesem Buche, das ein prächtiges Volksbuch
für die Heranwachsende Jugend bildet und sich den besten
Schöpfungen Roseggers würdig anreiht. Richt immer
konnte der Dichter sich getreu an die historische Wahrheit
halten. „Als die Dichtung sich entfalten wollte", — so
heißt es in dem Vorwort — „stand die Historie im Wege.
Die Historie ragte so gewaltig und gebieterisch auf
und dabei in ihrem politischen Geiste, in ihrer realen
Gliederung so ungefüg, daß der Poet rathlos vor ihr stand.
Endlich kam er mit sich dahin in's Reine, daß der Dichter
— wie bei allen geschichtlichen Stoffen — die profane Hi-
storie vergessen müsse, daß er warten müsse, bis die Geschichte
zur Sage geworden, dann sei die Zeit gekommen, sie wieder
zur Geschichte zu machen.
Peter Mayr war ein Held gleich Hofer und gleich
Jenem hat er seine Vaterlandsliebe mit dem Tode besiegelt
während Spechbacher und Haslinger sich den Verfolgungen
ihrer Feinde zu entziehen vermochten. Zwei Mal hatten,
von glühender Vaterlandsliebe getrieben, die Tiroler die
französischen und bayerischen Eindringlinge vertrieben. Jetzt
mußte Kaiser Franz sich seiner treuen Tiroler annehmen.
Unmöglich konnte er einen Frieden schließen, der das treue
Land Tirol den Feinden preisgäbe. Die Zuversicht der
Tiroler sollte jedoch schrecklich getäuscht werden. Der
Waffenstillstand von Znaim vernichtete alle ihre Hoffnungen.
Zum dritten Male griff Tirol zu den Waffen. Im wilden
Eisackthal leitete Peter Mayr den Kampf wider die Er-
oberer. Auf seine Anordnung ward dort eine künstliche
Lawine errichtet, welche bei ihrem Niedergehen am 1. Aug.
1809 an 1500 Feinde vernichtete. Die furchtbare Thal,
nach dem Kriegsrechte ein Verbrechen, denn der Frieden
war geschlossen, und auch Peter Mayr wußte das. Aber
auch der feindliche Feldherr verkannte nicht die patriotischen
Triebfedern, welche den „Rebellen" zu seiner That getrieben,
Gern hätte der ritterliche Franzose, der feindliche Ober-
general, den kühnen Tiroler gerettet, und er legte es ihm
nahe, daß er durch die einfache Bejahung der Frage, »b er
*) Peter Mayr, der Wirth an der Mahr. Eine Geschichte
a»S deutscher Heldenzeit vonKL. Rosegger, Wien, A. Hartkebens
Verlag. 4 M., eleg. geb. 5.2V M.
geglaubt, der Friede sei noch nicht geschlossen, sein Leben
retten könne. Peter Mayr aber verschmähte die Lüge und
furchtlos erlitt er den Tod. Der feindliche Obergeneral
aber bedeckte die Leiche mit seinem eigenen Mantel, gab dem
Helden eine feierliche Todtenwache und sorgte für ein wür-
diges Begräbniß im heimathlichen Boden.
Als Probe Rosegger'scher Darstellungskunst möchten wir
eine Episode aus dem Buche darstellen.
Eine Schlacht war geschlagen, — im ersten Aufstande
der Tiroler. Milder Mondenschein beleuchtete das mit
Tobten bedeckte Schiachtfeld. Da schreitet Pater Augusti«,
der Schwager Peter MayrS, über dar Gefilde, um kraft
seines Amtes die des Trostes Bedürftigen zu stärke». Er
trat auf einen freien Platz hinaus; mitten auf demselben
war Etwas, das einen Schatten warf über die fahle Fläche.
Auf moderigem Baumstrunk saß ein Mann, der vorgeueigt
das Gesicht mir den Händen bedeckte. So unbeweglich saß
er da, daß nicht zu erkennen war, ob erwache oder träume.
Ueppige Locken quollen über die Finger herab, welche die
Stirn umklammerten. Ein französischer Soldat warS. Der
Mann hatte den rechten Fuß tief in den Moorgrund ge-
bohrt und die lehmige Erde sich ringsumher fest angedrückt,
so daß eS aussah, als wäre er wie ein Baumstrunk ass
dem Boden herausgewachsen. Wie der Mond ihm jetzt ins
Gesicht schien, sah Augustin, daß es ein schöner, bartloser,
lichthaariger Jüngling war, mit großen Augen, die sehr
traurig hinausschauten in den weiten und nächtigen
Wald.
„Kann ich Euch einen Dienst erweisen?" fragte Au-
gustin.
„Seid Ihr nicht selbst im Feuer gestanden?" fragte
der Andere.
„Ich habe ein wenig mitgeholfen."
„Da oben am Rain, gegen die Abendstunde?"
„Ja freilich, da oben!"
„Dann habt Ihr mich erschossen", sagte der Soldat.
„Ja, ich kenne Euch wohl. Ich habe auch Euer schwarzer
Gewand aufs Korn genommen, da hat der Schuß versagt
und Ihr schicktet mir Etwas in den Fuß Es ist recht ss,
wir haben es verdient. Wir haben Unglück gebracht über
Euch. Wir, aber nicht ich. Glaubt mir, ich wäre lieber
daheim geblieben."
„Das glaube ich Euch gern. Welcher Mensch, der
eine Vernunft hat und an einen Gott glaubt, wird frei-
willig in ein fremdes Land ziehen und ein friedliches
Volk, welches ihm ja gar nichts gethau hat, bekriegen?"
„Wir haben es thun müssen. Wir sind ja selber
Deutsche, im Elsaß. Aber wir haben es thun müssen,"
murmelte der Soldat und schien zu versinken in Erschöpfung
und Traum.
„Lieber Freund," sagte Augustin, „ich lasse Euch nicht
allein. Ihr seid in Feindesland, aber nicht unter Bar-
baren."
Der Andere entgegnete darauf Nichts, doch seine Achsel«
haben an krampfhaft zu zucken, fein Athem zu stoßen. —
Benn ein Krieger weint! „So weit — so weit von Heini,"
abgelegt und die Ermordung des Kaufmanns M unum-
wunden eingestanden haben. Bon den vielen Tausenden,
welche seit einer langen Reche von Jahren das Zuchthaus
in Waldheim bevölkert haben, ist K. als der Gefährlichste
und Verwegenste zu bezeichnen.
— Ei» neues Heilmittel gegen Diphtheritis. Wie
die Wiener Tagesblätter berichten, wüthet oort seit Wochen
so stark die Diphtheritis, daß sogar die Schulen geschlossen
werden mußten. Die „Deutsche Ztg.", die den berühmten
Laryngologen der Wiener Hochschule, Prof: Dr. Karl Stoerck
über die Krankheit und ihre Bekämpfung interviewen ließ,
schreibt: Prof. Stoerck erkennt den epidemischen Charakter
der Krankheit an. Sowohl die Klinik als auch die Privat-
praxis bestätige dies. Was die Schließung der Schulen
betrifft, so ist der berühmte Kliniker ganz damit einverstanden.
„Es ist eine prophyeaktische Maßregel, die man nicht unter-
lassen kann, aber mau darf nicht ihren Werth überschätzen.
„Sicher wäre sie nur, wenn man die Schulen so lange
geschlossen halten könntet bis die Epidemie ganz erloschen
ist. Wir wissen ja über die Jncubationsdauer des Diph-
theritisbac llus nichts Sicheres, wir können nicht controliren
ob er sich durch die Luft fortpflanzt, im Staube festietzt
oder ob er an den Wänden haftet. Wir haben es da mit
— man kann nicht sagen Imponderabilien, aber doch mit
Jnvisibilien zu thun. Also man wird gur thun, sich trotz
der geschloffenen Schule vorzusehen. Seit längerer Zeit hat
man den Diphtheriebelag mit einer Sublimatlösung im Ver-
hältniß von 2—1000 behandelt. Das ist ab^-r ein Mittel,
das nur der Arzt anwenden darf und das man dem Laien
nicht in die Hand geben kann. Da hat nun unser bekannter
Hygieniker Prof. Max Gruber empfohlen, an Stelle der
giftigen Sublimatlösung ein anderes Mittel anzuwenden,
Las denselben Effekt erzielt und unschädlich ist; es ist dies
das Kresol. Eine ein- bis zweiprozentige Kresollösung
wirkt ebenso wie die oben bezeichnete Sublimatlösung, wie
mir viele Fälle in meiner Praxis bewiesen haben. Diese
zweiprozentige Kresollösung kann jeder Laie in einer größeren
Apotheke kaufen und jede Mutter kann sie anwenden. Sobald
das Kind über Halsfchmerzen klagt, oder sobald man irgend
eine Schwellung oder Veränderung der Mandeln bemerkt,
soll die Mutter das Kresol anwenden. Sie braucht nur
den Finger mit einem Leinenläppchen zu umhüllen, dieses
mit der Flüssigkeit zu benetzen und damit die afficirten
Mandeln abzuwaschen; geradeso wie man den Kindern den
den Mund auswäscht' wenn sie den sogenannten Mehlhund
s8oor) haben. „Sehen Sie" — dabei wies Professor
Stoerck ein Fläschchen vor, — „es ist eine ganz klare
Flüssigkeit. Kresol — die Mutter möge sich diesen Namen
merken und es gleich bei den ersten Anzeichen anwenden;
es ist ganz unschädlich. Freilich, die ärztliche Hülfe ist
deshalb noch nicht entbehrlich; das möge man dabei nicht
übersehen." — lieber das neue Mittel theilt Dr. Heger in
der „Pharmac. Post" Folgendes mit: „Unter Kresol ist
Kresylsäure zu verstehen, die gleich der Karbolsäure aus
den Steinkohlen gewonnen wird. Die Eigenschaften des
reinen Kresols sind denen der reinen Carbolsäure sehr
ähnlich. Das von den Professoren Gruber und Stoerk
empfohlene Präparat ist aber das „Lrssoluw purum liqo-
kaetum MorcklinZer«, ein chemisch verflüssigtes, reines
Kresol, welches dem officinellen ^cicl, earbol, ligokuet
homolog ist. Die zur Behandlung des DiphtheritisbelagS
empfohlene ein- bis zwei procentige wässerige Lösung wird
in den Apotheken auf Grund eines ärztlichen Recep»
auSgefolgt.
— Etierkämpfe ix Spxxien. Wie wir Madrider
Blätter entnehmen, haben in der Spielzeit des Jahres 1893
260 Stiergefechte stattgefunden, an denen die bekannten
Toreros theilnahmen und 320, an denen jüngere Espada-
Novizen mitwirkten. In Portugal fanden 18, in Frankreich
19 Gefechte, also im Ganzen 617 Tödtungen von Stieren
statt. Die meisten Kämpfe zählt Madrid, nämlich 25;
dann folgen Valencia mit 13, Sevilla mit 10, Valladolid
mit 7. Im Ganzen fielen diesen Gefechten 1578 Stiere
zum Opfer, davon starben 26, ohne den letzten Espadastich
erhalten zu haben. Von den berühmten Toreros arbeitete
Guerita am häufigsten und erfolgreichsten: er nahm an
nicht weniger als 78 „eorriäas" theil; ihm am nächsten
kam Mazzantini mit 56 Gefechten. Welche Summen diese
Gefechte verschlingen geht daraus hervor, daß Guerrita
für seine 78 Vorstellungen 234 000 Pesetas an feine Mit-
arbeiter zahlte.
KumorMsches.
In Sachsen.
Schneider: „Harn Se, Se kennten mich nu doch balde be-
bezahlen."
Student: „Ich habe kein Geld."
Schneider: „Nu, wenn Ham Se denn welches?"
Student: „Ich habe niemals Geld."
Schneidet: „Da härn Se aber! Etwas Geld hat doch bei-
nahe Jeder manchmal!"
-i-
Gelungenes Wortspiel.
Ein Student wurde von seinem Professor zu einer Audienz
befohlen. Da dieser gewisser unliebsamer Vorgänge wegen vor-
aussetzte, cs werde wenig erfreuliches dabei herauskommen, zog
er es vor, der Citation keine Folge zu geben. Nach einigen Tagen
begegnete er dem Herrn Professor.
„Sie sind nicht zu mir gekommen?" fragte barsch der
Gestrenge.
„Nein, Herr Professor, denn ich habe gelesen, Sie seien
verreist."
„Was fällt Ihnen denn nur ein, wo soll ich denn gewesen
sein?"
„In Indien."
„So, und wo haben Sie denn das, wenn ich fragen darf,
erfahren ?"
„Durch einen Anschlag in Ihrer Wohnung, Herr Professor;
denn dort steht an der Thür: „Ich bin jenseits des Ganges zu
sprechen."
Der Professor mußte herzlich lachen und verzieh wegen des
gelungenen Wortspiels dem Sünder.
* * *
Heimgegeben.
Bauer (in einem städtischen Restaurant): „I möcht' a Glas
Bier!"
Bauer: „So? Ja, seg'n S', i'hab'halt net g'wißt, daß
Sie der Hausknecht fan!"
* *
*
Immer milde.
Karlchen (freudestrahlend aus der Schule heimkehrend):
„Weißt Du, Mama, ich bin über meinen Nebenmann gekommen!"
Mama: „Wesalb denn mein Kind?"
Karlchen: „Ja, Mama, weil er solch ein Schafskopf ist."
Mama: „Aber Kind, so etwas kann man doch milder aus-
drücken ! Wie wirst Du also bester sagen?"
Karlchen: „Ich bin über meinen Nebenmann gekommen, weil
er, milde ausgedrückt, ein SchafSkof ist!"
* * *
Wörtlich.
„Wann haben Sie das Gemälde begonnen?"
„Etwa 6 Monate werden verstrichen sein!"
Verantwortlicher Redakteur: I. Jeck er in Heidelberg
Druck und Verlag von Tebr. Huber in Heidelberg.
MochmIkilLgk zam Wälökk Rokn.
Nr 2 Ssrmtag, de» 14 Januar 1894.
Peter Mayr, der Wirth SN -er Mahr.
Vor einigen Monaten hat man dem unsterblichen Andreas
Hofer im schönen Land Tirol ein würdiges Denkmal er-
richtet, sein Ruhm lebt in Aller Mund. Auch seine helden-
haften Mitkämpfer, der unerschrockene Kapuziner Haspinger
und der riesenhafte Joseph Spechbacher, sind bei uns volks-
thümliche Gestalten. Der Name des biedern Mahrwirths,
Peter Mayr war, nächst Hofer wohl der sympathischste
der Führer im Freiheit-kampfe der Tiroler, ist, zumal in
Norddeutschlcmd, fast völlig unbekannt. Diesen Peter Mayr
hat nun ein Dichter, der zur Schilderung des tirolischen
Heldeukampfes berufen ist, wie kaum ein Anderer, der ge-
feierte P. K. Rosegger, zum Helden einer Geschichte auSge-
wählt. Vor Kurzem ist dieselbe im Buchhandel erschienen*)
Die Vorzüge des Rosegger'scheu Erzählertalents bewähren
sich auch in diesem Buche, das ein prächtiges Volksbuch
für die Heranwachsende Jugend bildet und sich den besten
Schöpfungen Roseggers würdig anreiht. Richt immer
konnte der Dichter sich getreu an die historische Wahrheit
halten. „Als die Dichtung sich entfalten wollte", — so
heißt es in dem Vorwort — „stand die Historie im Wege.
Die Historie ragte so gewaltig und gebieterisch auf
und dabei in ihrem politischen Geiste, in ihrer realen
Gliederung so ungefüg, daß der Poet rathlos vor ihr stand.
Endlich kam er mit sich dahin in's Reine, daß der Dichter
— wie bei allen geschichtlichen Stoffen — die profane Hi-
storie vergessen müsse, daß er warten müsse, bis die Geschichte
zur Sage geworden, dann sei die Zeit gekommen, sie wieder
zur Geschichte zu machen.
Peter Mayr war ein Held gleich Hofer und gleich
Jenem hat er seine Vaterlandsliebe mit dem Tode besiegelt
während Spechbacher und Haslinger sich den Verfolgungen
ihrer Feinde zu entziehen vermochten. Zwei Mal hatten,
von glühender Vaterlandsliebe getrieben, die Tiroler die
französischen und bayerischen Eindringlinge vertrieben. Jetzt
mußte Kaiser Franz sich seiner treuen Tiroler annehmen.
Unmöglich konnte er einen Frieden schließen, der das treue
Land Tirol den Feinden preisgäbe. Die Zuversicht der
Tiroler sollte jedoch schrecklich getäuscht werden. Der
Waffenstillstand von Znaim vernichtete alle ihre Hoffnungen.
Zum dritten Male griff Tirol zu den Waffen. Im wilden
Eisackthal leitete Peter Mayr den Kampf wider die Er-
oberer. Auf seine Anordnung ward dort eine künstliche
Lawine errichtet, welche bei ihrem Niedergehen am 1. Aug.
1809 an 1500 Feinde vernichtete. Die furchtbare Thal,
nach dem Kriegsrechte ein Verbrechen, denn der Frieden
war geschlossen, und auch Peter Mayr wußte das. Aber
auch der feindliche Feldherr verkannte nicht die patriotischen
Triebfedern, welche den „Rebellen" zu seiner That getrieben,
Gern hätte der ritterliche Franzose, der feindliche Ober-
general, den kühnen Tiroler gerettet, und er legte es ihm
nahe, daß er durch die einfache Bejahung der Frage, »b er
*) Peter Mayr, der Wirth an der Mahr. Eine Geschichte
a»S deutscher Heldenzeit vonKL. Rosegger, Wien, A. Hartkebens
Verlag. 4 M., eleg. geb. 5.2V M.
geglaubt, der Friede sei noch nicht geschlossen, sein Leben
retten könne. Peter Mayr aber verschmähte die Lüge und
furchtlos erlitt er den Tod. Der feindliche Obergeneral
aber bedeckte die Leiche mit seinem eigenen Mantel, gab dem
Helden eine feierliche Todtenwache und sorgte für ein wür-
diges Begräbniß im heimathlichen Boden.
Als Probe Rosegger'scher Darstellungskunst möchten wir
eine Episode aus dem Buche darstellen.
Eine Schlacht war geschlagen, — im ersten Aufstande
der Tiroler. Milder Mondenschein beleuchtete das mit
Tobten bedeckte Schiachtfeld. Da schreitet Pater Augusti«,
der Schwager Peter MayrS, über dar Gefilde, um kraft
seines Amtes die des Trostes Bedürftigen zu stärke». Er
trat auf einen freien Platz hinaus; mitten auf demselben
war Etwas, das einen Schatten warf über die fahle Fläche.
Auf moderigem Baumstrunk saß ein Mann, der vorgeueigt
das Gesicht mir den Händen bedeckte. So unbeweglich saß
er da, daß nicht zu erkennen war, ob erwache oder träume.
Ueppige Locken quollen über die Finger herab, welche die
Stirn umklammerten. Ein französischer Soldat warS. Der
Mann hatte den rechten Fuß tief in den Moorgrund ge-
bohrt und die lehmige Erde sich ringsumher fest angedrückt,
so daß eS aussah, als wäre er wie ein Baumstrunk ass
dem Boden herausgewachsen. Wie der Mond ihm jetzt ins
Gesicht schien, sah Augustin, daß es ein schöner, bartloser,
lichthaariger Jüngling war, mit großen Augen, die sehr
traurig hinausschauten in den weiten und nächtigen
Wald.
„Kann ich Euch einen Dienst erweisen?" fragte Au-
gustin.
„Seid Ihr nicht selbst im Feuer gestanden?" fragte
der Andere.
„Ich habe ein wenig mitgeholfen."
„Da oben am Rain, gegen die Abendstunde?"
„Ja freilich, da oben!"
„Dann habt Ihr mich erschossen", sagte der Soldat.
„Ja, ich kenne Euch wohl. Ich habe auch Euer schwarzer
Gewand aufs Korn genommen, da hat der Schuß versagt
und Ihr schicktet mir Etwas in den Fuß Es ist recht ss,
wir haben es verdient. Wir haben Unglück gebracht über
Euch. Wir, aber nicht ich. Glaubt mir, ich wäre lieber
daheim geblieben."
„Das glaube ich Euch gern. Welcher Mensch, der
eine Vernunft hat und an einen Gott glaubt, wird frei-
willig in ein fremdes Land ziehen und ein friedliches
Volk, welches ihm ja gar nichts gethau hat, bekriegen?"
„Wir haben es thun müssen. Wir sind ja selber
Deutsche, im Elsaß. Aber wir haben es thun müssen,"
murmelte der Soldat und schien zu versinken in Erschöpfung
und Traum.
„Lieber Freund," sagte Augustin, „ich lasse Euch nicht
allein. Ihr seid in Feindesland, aber nicht unter Bar-
baren."
Der Andere entgegnete darauf Nichts, doch seine Achsel«
haben an krampfhaft zu zucken, fein Athem zu stoßen. —
Benn ein Krieger weint! „So weit — so weit von Heini,"