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Pfeil, Johann Gottlob Benjamin
Die Geschichte des Grafen von P. — Leipzig, 1757 [VD18 14314797]

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https://doi.org/10.11588/diglit.27262#0077
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des Herrn Worden nicht hätte benehmen wollen.
Nach den heftigsten Bitten, womit ich sie bestürm«
te, gestand sie mir, daß sie meinen Freund kenn-
te. Sie beschwor mich zugleich, nicht weiter in
ihr zu dringen. Meine Neugierde wurde dadurch
noch mehr gereizt. Endlich gab sie nach, nach-
dem ich ihr zuvor auf das heiligste versprochen
hatte, keinem Menschen dasjenige zu entdecken,
was sie mir sagen würde. Ihr Freund, fieng sie
nach einem tiefen Seufzer an, ist der größte Bö-
sewicht auf dem Erdboden. Unter einer andäch-
tigen Mine verbirgt er das schändlichste Herz eines
Heuchlers und eines Wollüstigen. Ich habe ihn
leider zu Lion kennen lernen. Nachdem seine
Schmeicheley und Verstellung meiner Tugend ver-
geblich die gefährlichsten Nachstellungen bereitet
hatte, so entführte er mich mit Gewalt und durch
Hülfe eines seiner Freunde, der eben so lasterhaft
als er war. Ich war ohne Rettung verlohren,
das unglückliche Opfer ihrer Begierden zu werden,
als ihr eignes Laster mich von der Gefahr befreye-
te. Sie veruneinigten sich, wer zuerst mich
durch den Genuß seiner abscheulichen Lüste elend
machen sollte. Worden wurde in die Seite, und
sein Freund in den Arm gestochen, und ich erhielt
dadurch Gelegenheit, zu entfliehen. Ich habe
ihn seit diesem verhaßten Zufall nicht eher als ge-
stern wieder gesehen. Haben Sie nicht seine Errö-
röthung, seine niedergeschlagenen Augen, seine Ver-
wirrung bemerkt, so oft ich lhn mit derjenigen
Freymüthigkeit, welche einer beleidigten Tugend
allezeit
 
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