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Brandt, Annalena [Hrsg.]; Hefele, Franz [Hrsg.]; Lehner, Hanna [Hrsg.]; Pfisterer, Ulrich [Hrsg.]
Pantheon und Boulevard: Künstler in Porträtserien des 19. Jahrhunderts, Druckgrafik und Fotografie — Passau: Dietmar Klinger Verlag, 2021

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[Katalog] 19. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.70035#0399
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1841-1850

als auch von den bildenden Künsten zu Schutzpatronen unserer Wochenschrift zu
machen; die Künstler, welche immer für das Bewegtere sind, finden das, so viel wir
gehört haben, sehr in Ordnung; auch wir sind gern damit einverstanden, nach dem
Dürer-Jahrgang einen Holbein-Jahrgang zu beginnen" (2. Jahrgang, 1. Heft, S. 1).
In einer Neujahrskarte, die dem ersten Heft des Jahres 1856 beilag, wurden dann
sämtliche bis dahin auserwählten Künstler zusammengeführt (Taf. 123b): Ludwig
Burgers Radierung zeigt „Schadow im Olymp der Kunst", so jedenfalls der Titel, den
die Schadow Gesellschaft Berlin e. V. und das Stadtmuseum Berlin der Grafik gegeben
haben.1 Genau genommen ist der Moment der Aufnahme das Bildthema: An der Hand
eines Herolds betritt der sechs Jahre zuvor verstorbene Bildhauer soeben eine Art
Chorraum, dessen Eingang von Allegorien der „Kunst-Wissenschaft" (links) und der
„Critic" (rechts) bewacht wird - offensichtlich geht es hier nicht zuletzt um das Selbst-
verständnis des Kunstblatts als legitimer Autorität der Künstlerapotheose. Während
der Zugang zu diesem Göttersitz in klassischen Formen gehalten ist - ein sachkundiges
Urteil über Kunst und Künstler scheint eben notwendig vom antiken Ideal ausgehen
zu müssen -, soll das im Gegensatz dazu gotische Chorgestühl gewiss der Nationalität
jener Rechnung tragen, die es sich auf ihm bequem machen dürfen. Überfangen von
einem Reigen der Künste hat hier bereits, wie es in einem erläuternden Text heißt,
„die Versammlung der bisherigen Schützer des Blattes" (7. Jahrgang, 1. Heft, S. 7)
Platz genommen. Peter Vischer ist, sehr zum Unterschied der ansonsten eher vor-
nehm-gleichgültigen Gruppe, beim Anblick des Neuankömmlings aufgestanden, kein
Wunder, bestehe zwischen beiden doch eine „kollegialische Verwandtschaft" (ebd.,
S. 8). Schadow späht, „mit der charakteristischen Geste, die Viele von uns an ihm ge-
kannt haben" (ebd.), zur Schar seiner Kollegen hinüber, zu denen er sich in einem
Augenblick gesellen wird. Schlüter weist ihm mit der Hand schon einmal den Platz
neben sich zu, der allerdings auch an den Schnitzereien der Lehne zu erkennen ist,
die Schadows Skulpturen auf dem Berliner Wilhelmsplatz nachbilden. Dass die Reihe,
sobald Schadow sich erst niedergelassen haben wird, bereits beinahe abgeschlossen
sein sollte und nur noch Schinkel sie erweitern würde, konnte damals freilich niemand
wissen.
FH

1 Siehe Claudia Czok (Hg.): Unser Schadow. Gratulationen zum 250. Geburtstag, Berlin 2014:
http://schadow-gesellschaft-berlin.de/wp-content/uploads/2019/02/Schadow_250_Jahre-
l.pdf [zuletzt: 13.10.2020] und https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/
221944 [zuletzt: 13.10.2020],
Literatur
Bruno Meyer: Friedrich Eggers f, in: Kunstchronik. Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst
8 (1872), Nr. 1, Sp. 1-7 u. 24-26. - Celine Trautmann-Waller: Kugler, Eggers und das Deutsche
Kunstblatt oder die problematische „Verortung" der Kunst, in: Michel Espagne, Benedicte Savoy
und Celine Trautmann-Waller (Hg.): Franz Theodor Kugler. Deutscher Kunsthistoriker und
Berliner Dichter, Berlin 2010, S. 187-202.

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