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Kunst-Auktionshaus G. Adolf Pohl <Hamburg> [Hrsg.]
Künstlerischer Nachlaß Arthur Blaschnik †: Gemälde aus Hamburger und Düsseldorfer Privatbesitz ; ferner die bekannte ethnologische und ethnographische Sammlung des Generalmajors a. D. Puder, früherer Schutztruppenoffizier in Ost- und Südwest-Afrika und Kommandeur in Kamerun ; ... ; Versteigerung: 31. Oktober, 1. November, 2. November [1922] — Hamburg, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.22234#0010
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zu Strehlen in Schlesien geboren; sein Vater machte als Freiwilliger beim York'schen
Corps die Freiheitskämpfe von Lüben bis Bellealliance mit und er selber wurde
Zeuge von nicht weniger als vier deutschen Kriegen: 1864, 66, 70/71 und 1914.
Den Untergang des großen Deutschland zu erleben, ersparte ihm ein gütiges
Geschick; er starb mit dem Glauben an sein Vaterland und bis zum leßten Tage
seines Lebens erfüllt von Erinnerungen aus vergangener schöner Zeit. Hatten doch
zu seinem Bekanntenkreis noch die Schwiegertochter Goethes und ihre beiden
Söhne gezählt, war er doch, als er in Rom Fuß gefaxt und sich eine weittragende
Stellung erobert hatte, befreundet gewesen mit allen Größen der damaligen Jahre,
mit Ludwig Knaus, Reinhold Begas, Paul Heyse, Viktor von Scheffel, Ferdinand
Gregorovius und Karl Gußkow, dessen „Zopf und Schwert" gerade siegreich über
die Bühnen lief.

Mit 30 Jahren war er nach Rom gekommmen, um es ein ganzes Menschen-
leben hindurch nicht mehr zu verlassen. Seine bald in die Tat umgeseßfe kühne
künstlerische Idee, nicht nur die antike Ruinenwelt, sondern auch die malerische
Umgebung Roms in Bildern festzuhalten, machte ihn mit einem Schlage zum
Maler der großen Welt. Dem ehrenvollen Auftrage, für das Reisealbum der
Kaiserin Charlotte von Rußland, der Gemahlin von Nikolaus L, alle Naturschön-
heiten zu malen, die die Kaiserin in Augenschein genommen halte, folgte bald
der nicht minder ehrenvolle Ruf, für die Gemahlin des preußischen Königs Friedrich
Wilhelm IV. vom Palazzo Caffareli aus, dem Siße der preußischen Gesandtschaft,
das Nalurbild Roms zu verewigen. Damit war Blaschnik in die offiziellen Kreise
der Kunst eingeführt, und als er in späteren Jahren noch Vorstandsmitglied des
deutschen Malervereins in Rom wurde, hatte er sich eine sichere Stellung im
geistigen und künstlerischen Leben der Stadt geschaffen. Viele deutsche Fürstlich-
keiten zählten in der Folge zu seinen Gönnern, so außer dem preußischem König
der Fürst Friedrich Wilhelm von Hohenzollern-Hechlingen, der fast alle Aguarelle
erwarb, die der Künstler in Neapel und der Neapeler Umgebung geschaffen hat.
Als sein Landsmann August Kopisch die nachher so berühmt gewordene Blaue
Grotte von Capri entdeckte, war es Blaschnik, der sie als erster mit Pinsel und
Stift festhielt. Auch von den Ruinen der Kaiserpaläsfe auf dem Palatin sowie
vom römischen Forum, durch die Ausgrabungen Napoleons III. freigelegt, schuf
er eine Reihe von Bildern, Dokumente einer Zeit, die heute märchenhaft weit
zurückzuliegen scheint. Wie groß seine Wertschäßung bei Hofe war, wie innig
seine Beziehungen zu den offiziellen Stellen, das mag aus der Tatsache erhellen,
daß er 1Ö59 während des italienisch - östereichischen Krieges als Kurier der
preußischen Gesandtschaft Depeschen nach Deutschland zu überbringen hatte.

Nach 2ö Jahren glücklichen Schaffens verließ er Rom. Sein Weg führte ihn
nach Berlin, aber der Lebensfrohe, an südliche Sonne und Luft gewöhnte Mann
vermochte in der rasch aufstrebenden deutschen Hauptstadt keinen festen Fuß
zu fassen. Er wurzelte in der Vergangenheit, in Rom, wohin ihn die Sehnsucht
seines Lebens noch zweimal trieb, zuleßt 1907. Nach dem Tode seiner Galtin,
der Schriftstellerin Fanny Arndt, verlor er die leßten Beziehungen zur Außenwelt;
er wurde ein stiller und müder Mann, der in der Einsamkeit seines Studier-
zimmers saß uud seine Freude daran hatte, die toten und doch so lebendigen
 
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