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Instytut Historii Sztuki <Danzig> [Hrsg.]; Zakład Historii Sztuki <Danzig> [Hrsg.]
Porta Aurea: Rocznik Instytutu Historii Sztuki Uniwersytetu Gdańskiego — 22.2023

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Lindenhayn-Fiedorowicz, Agnieszka: Die Johanniskirche in Stargard. Ein neuer Blick auf Bauchronologie und Datierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.72800#0055
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Agnieszka
Lindenhayn-
-Fiedorowicz

war, die Johanniter wären nicht bereit gewesen, eine gewisse Zeit lang ohne litur-
gisch nutzbaren Raum zu bleiben. Die Baubefunde sprechen jedoch eindeutig
dafür und die Tatsache, dass der neue Backsteinchor in möglichst kurzer Zeit
errichtet werden musste, würde auch erklären, weshalb man den alten Granitbau
nur bis zu den unteren Mauerpartien abtrug und den Neubau unter Verwen-
dung der alten Fundamente und Mauerfragmente genau auf dem alten Kapel-
lengrundriss erbaute. An die oben vorgestellte Frühdatierung des Langhauses
der Stargarder Johanniskirche anknüpfend würde dies eine Datierung der ersten
Bauetappe des Chores in die Zeit vor 1354 bedeuten45. Auch die Tatsache, dass
die über dem Gewölbe des Binnenchores erhaltenen Umfassungsmauern des
einstigen einschiffigen Chores, ebenso wie die wenigen bauzeitlichen Mauerpar-
tien der Langhausfassaden (sowohl auf der Süd- als auch auf der Nordseite des
östlichen Langhausjochs), durchgängig in einem sauberen wendischen Verband
gemauert sind, bekräftigt diese Frühdatierung.
Ein Argument für die bisher in der Forschung vertretene späte Datierung
des Johannischores war sicherlich auch das Sterngewölbe des Binnenchores.
Im Dachbodenbereich sind über den Gewölbekappen des Chormittelschiffs
jedoch noch die oberen Partien der alten Chorfenster erhalten (Abb. 19).
Dies beweist, dass das ursprüngliche Gewölbe des einschiffigen Backstein-
chores deutlich höher angesetzt war, das heutige Sterngewölbe hingegen nicht
aus der ersten Bauphase stammt und daher keine Grundlage für die Datierung
des eingezogenen Backsteinchores bilden kann.
In einer zweiten Bauetappe erfolgte nach der Fertigstellung des Langhauses
um 1354, aber sicherlich noch vor Baubeginn des Turmes im Jahr 1408, der
Umbau des Chorschlusses: an den geraden Ostschluss wurde nun ein drittes
Chorjoch mit polygonalem 5/8-Schluss angebaut. Der neue Chorschluss wurde
von abgetreppten Strebepfeilern gestützt, deren obere Partien noch im Dach-
bodenbereich erhalten sind (Abb. 18). Es ist anzunehmen, dass die Arbeiten
am Umbau des Ostschlusses vollendet waren, bevor 1397 eine neue Messord-
nung in der Johanniskirche eingeführt wurde, die mit der Einführung der täg-
lichen Feier von vier Stundengebeten eine deutliche Erweiterung der bisherigen
liturgischen Nutzung der Johanniskirche vorsah46.

45 Da, wie oben dargestellt, mit dem Bau des Langhauses vermutlich in den 1330er Jah-
ren begonnen wurde, würde die Abtragung der alten Konventskapelle zeitlich kurz nach der
Patronatsübernahme der Johanniter an der benachbarten Marienkirche (vor 1329) zu verorten
sein, deren Chor der Konvent als Patron nun sicherlich vorübergehend liturgisch nutzen konnte.

46 Die Bestimmungen der neuen Messordnung von 1397 in den beiden Pfarrkirchen Star-
gards - St. Marien und St. Johannis - wurden im Rahmen eines Übereinkommens zwischen dem
Generalpräzeptor der Johanniter, Detlev von Walmede, und dem Stadtrat festgelegt. Die Verein-
barungen wurden in zwei Urkunden vom 24. August 1397 und 25. Mai 1398 niedergeschrieben,
deren Inhalt aus bischöflichen Transsumten vom 4. Oktober 1397 (BLHA Potsdam, Rep. 9B
(Johanniterorden), U 195) und 7. November 1398 (ebd., U197; Kopie in Landesarchiv Greifswald,
Rep. 38b U, Stargard, Nr. 20; Schmidt, Geschichte der Kirchen, T. 1, 158f) bekannt ist.

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