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Prinzhorn, Hans
Bildnerei der Geisteskranken: ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung — Berlin, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.11460#0099
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Fall 2. Abb. 29. Soldat und Armee (Bleistift). 32 x 20

in alle Einzelheiten verfolgen. Der Zeichner hat diesen Kampf als holländischer
Kolonialsoldat mitgemacht, schildert also eigene Erlebnisse. Die Sterne stellen
große, kaktusartige Gewächse dar. Kann man zu dem vorigen Typus räum-
licher Darstellung aus allen frühen Perioden der Kunst und auch bei Primitiven
engverwandte Darstellungen finden, so trifft man gelegentlich auf eine Bildform,
die in ganz bestimmten historischen Darstellungsweisen ihr Urbild hat. So ent-
spricht etwa Abb. 29 genau Reliefdarstellungen ägyptischer Pharaonen: der
Herrscher — in unserem Fall der Autor selbst in Uniform, mit vielen Orden
geschmückt — riesengroß im Vordergrund, hält seine Feldflasche unter einen
ebenso großen Brunnen, während im Hintergrund, in sieben Reihen überein-
ander, Heerscharen aufmarschieren, Städte und Festungen sich türmen. Es ist
sehr unwahrscheinlich, daß der Zeichner, ein schlichter Handwerker, zu dieser
Auffassung Museumsstudien gemacht hat.

Eine derartige Aufreihung der Motive übereinander, unter möglichster Ver-
meidung perspektivischer Überschneidungen, wird als eine typische Entwick-
lungsstufe des kindlichen Zeichnens von manchen Autoren abgegrenzt. Abb. 30
entspricht dieser Art räumlicher Darstellung. Tulpenköpfe und Kinderköpfe
sind ausgebreitet wie Äpfel in der Kammer. Die hinteren Köpfe sind eher
größer geraten als die vorderen. Nur daß die Bodenfläche oben horizontal ab-
schneidet, fällt auf, denn die dunkle Tannenreihe, die auf dieser Horizontalen
in den Himmel ragt, verführt ein wenig dazu, an Blickpunkte zu denken. In der
starren Aufreihung der Köpfe glaubt man den Zwangsantrieb zu stereotyper

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