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Prinzhorn, Hans
Bildnerei der Geisteskranken: ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung — Berlin, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.11460#0113
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Fall 1.

Abb. 45. Tanz (Bleistift und Aquarell).

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Leichen oder Maschinen bewegen. Derartige Stereotypien großen Stils, wie
man solche Serienzeichnungen eines Motivs nennen könnte, kommen öfters vor.
So hat der Kranke, der die zehn gleichen Wagen, Abb. 43, in Aquarell malte,
an einem Tage die Aussicht aus seinem Fenster nicht weniger als 125 mal
sauber gezeichnet und angetuscht, ohne daß man bei den letzten Nummern
wesentliche Unterschiede von der ersten bemerken könnte. Er neigt von je zu
Bilderfolgen und hat sich Dutzende solcher Zyklen von 12 Darstellungen mit
Text, jeweils auf einem Aktenbogen, angefertigt. Aus seinen Zeichnungen geht
ebenso wie aus den dazugehörigen Texten hervor, daß er zu den ziemlich ge-
ordneten Paranoiden gehört, und zwar repräsentiert er eigentlich den Typus des
verkannten Erfinders, der komplizierte Maschinen mit endlosen Erläuterungen
für Regierungsstellen und Fürsten ausarbeitet. Dabei ist er ein gefährlicher
Verbrecher und ein ]äh gewalttätiger Mensch, der in einem festen Haus ver-
wahrt werden muß. Abb. 44, „Taten des Herrn Äff", zeigt, daß er zu echtem
Humor und fast geistreichem Witz fähig ist. Auf Abb.45, die aus der letzten
Zeit stammt, behandelt er sein Lieblingsthema, die korpulente Frau mit gewal-
tigem Busen, in grotesker Weise. Übrigens hat er nach seinen Angaben von je
gern gezeichnet, ohne jedoch in seinem Berufe — er war Weber — dazu Gelegen-

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