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Prinzhorn, Hans
Bildnerei der Geisteskranken: ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung — Berlin, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.11460#0260
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die beiden größeren Paare, die oben und unten stehen, sind nicht gleichgerichtet,
sondern so, daß die beiden linken mit den Schwänzen zusammenstoßen, während
die rechten so viel Platz lassen, daß ein kleineres Paar sich noch dazwischen-
schiebt. Das wären die wichtigsten nachrechenbaren Komponenten, die nun
aber sicher nicht etwa dem Zeichner bewußt waren. Vielmehr hegt das fesselnde
Problem eben darin, daß dieser Mann zu solchen ungelösten Spannungen in
seiner Komposition gezwungen wurde und daß wir nicht umhin können, einen
Wiederschein seiner schizophrenen Seelenverfassung in einem solchen Bilde
unmittelbar zu erleben.

Das große Bild mit weißen und schwarzen Vögeln (Abb. 128) vereinigt die
Hauptmotive der Abb. 126 und 127 zu einem reich verschlungenen dekorativen
Ganzen, in dem die starre Teilung durch kreuzförmige Streifen und der pe-
dantische Gartenzaunrand bedenklich lahm wirken, während die Vögel selbst
viel beweglicher und freier sind, als auf den übrigen Bildern. Die schwarzen
sind hier offenbar von Krähen abgeleitet. Unter den weißen finden sich über-
raschenderweise echte Harpyien, die dem Manne wohl kaum aus der griechischen

Fall 90. Abb. 128. Dekorative Zeichnung mit Vögeln (Kreide und Buntstift). 102x72.

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