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Probst, Hansjörg
Seckenheim: Geschichte eines Kurpfälzer Dorfes — Mannheim, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.3000#0175
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Zugleich bauten im Wasengrund und an der Hochstättstraße private Bauherren, so daß
sich in wenigen Jahren die Bevölkerung der Hochstätt verfünffachte.
Doch war schon um 1970 eine gewisse Konsolidierung dieses neuen Stadtteils eingetreten.
Die Einwohnerzahl hatte die 3.000 überschritten, und die Grundschule war 1968 fertigge-
stellt und eröffnet worden. Zu den alten Geschäften waren ein Supermarkt, zwei Filialen
von Bäckereien, ein Frisiersalon, ein Textilgeschäft, eine Apotheke und die Filiale der
Volksbank Seckenheim gekommen. Die Katholiken haben in der Hl. Kreuz-Kapelle eine
eigene Gottesdienststätte erhalten, die von Pfingstberg aus versorgt wird. Eine Karosserie-
werkstatt mit Autolackiererei und Tankstelle waren schon früher entstanden. Auch Verei-
ne bildeten sich, die die Eigenständigkeit dieses Ortsteils stärkten.
Veränderungen, um nicht zu sagen Beeinträchtigungen, erfuhr die Hochstätt durch die
Verkehrswege. Der Bahnkörper rückte näher auf die Wohnhäuser zu, als 1965/66 die
Bundesbahn den Verschiebebahnhof erweiterte und die Durchfahrtsgleise hart an die Kan-
tine heranrückte. Dieser Maßnahme fiel der Seckenheimer Bahnhof, der übrigens archi-
tektonisch sehr gelungen war und heute sicher unter Denkmalschutz stünde, zum Opfer,
und die alte Kloppenheimer Brücke mußte durch ein rund 30 m langes Betonstück verlän-
gert werden. Zur gleichen Zeit wurde die Autobahnspange Seckenheimer Dreieck - Wall-
dorfer Kreuz gebaut, die wenige Meter an den letzten Häusern der Hochstätt vorbeiführt
und deshalb einen Lärmschutzwall erforderlich machte. Im Zusammenhang damit mußte
die L 542 nach Osten verschoben und unter der neuen Autobahn durchgeführt werden.
Diesem Straßenbau fiel das letzte Haus südöstlich der alten Straße zum Opfer. Die jüngste
Folge dieser Neutrassierung der L 542 war der Neubau der Kloppenheimer Brücke
(1977/78), die ebenfalls im Zuge der Straße nach Osten verschoben wurde und damit die
alte Gaststätte „Zum Bahnhof" kostete. Mit ihr ist der letzte Zeuge der Tatsache ver-
schwunden, daß der heutige Ortsteil Hochstätt seine Entstehung der Bahnstation ver-
dankt. Ob es bei der Lärmbelastung durch drei große überregionale Verkehrsträger glück-
lich war, die Entwicklung des Ortsteils Hochstätt so stark zu betreiben, darf füglich
bezweifelt werden.

Die Einwohnerentwicklung

1950 694 1970 3.121

1961 632 1973 3.628

1965 1.529 1976 3.568

1966 3.147 1979 3.416

Trotz seiner nur hundertjährigen Geschichte steht der Ortsteil Hochstätt auf uraltem Sied-
lungsboden. Der Name „Hochstätt" selbst weist daraufhin; denn er hat nichts mit „Hoch-
gestade" oder „hoher Stätte" zu tun, sondern ist, wie die Flurnamenerforschung ergibt
[vgl. F1N 144], aus „in den Hofstätten" entstanden und gibt somit Zeugnis von dem frän-
kischen Dorf „Kloppenheim", das um 950 schon wüst geworden war [s. II B].
Aber die Bodenfunde im Bereich der Flur Hochstätt und des alten Kloppenheims reichen
noch viel weiter zurück als diese letzten tausend Jahre. 1910 entdeckte Professor H. Gro-
pengießer sechs Gräber der jungsteinzeitlichen Schnurkeramik (um 2400 v. Chr.) mit drei
Tongefäßen und einer Halskette aus Hundeeckzähnen. Vor 4500 Jahren waren also schon
Menschen an dieser Stelle seßhaft gewesen. Einige Jahre früher waren beim Bau des Ran-
gierbahnhofes bronzezeitliche Funde aus der Hügelgräberperiode (1500-1300 v. Chr.)
und der Urnenfelderzeit (1200-800) ans Tageslicht gekommen. In dieser Grabungsphase
um 1905 wurden auch Objekte aus der späten Latenezeit (um 100 v. Chr.) und der römi-
schen Kaiserzeit (um 150 n. Chr.) gefunden: Zwei Brunnen, die Bruchstücke römische

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