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Probst, Hansjörg
Neckarau (Band 2): Vom Absolutismus bis zur Gegenwart — Mannheim, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.3003#0170
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sich Karl Friedrich nicht standesgemäß mit einer Freifrau Geyer von Geyersberg
verheiratet, die später zur Gräfin von Hochberg erhoben wurde. Auch aus dieser
Ehe gingen Söhne hervor, für die es aber wegen der nicht ebenbürtigen Abstam-
mung ihrer Mutter Schwierigkeiten in der Thronfolge geben sollte. Großherzog
Karl, ein träger und schwächlicher Fürst, hatte mit Stephanie fünf Kinder, zwei
Söhne und drei Töchter. Da die beiden Söhne kurz nach der Geburt starben und da-
durch die Nachkommen der Gräfin Hochberg ein Anrecht auf den badischen Thron
gewannen, knüpfte sich daran die noch heute nicht aufgeklärte, geheimnisvolle Ge-
schichte von Kaspar Hauser. Als dieser im Jahre 1828 in Nürnberg auftauchte, ver-
mutete man sehr bald, daß er ein Sohn des badischen Großherzogs Karl und der Ste-
phanie Napoleon sei, den man im Auftrag der Gräfin Hochberg gleich nach seiner
Geburt im Karlsruher Schloß gegen ein totes Kind ausgetauscht habe. Diese Speku-
lation wurde zu einem ungelösten Kriminalfall, als Kaspar Hauser 1833 durch einen
unbekannten Mörder erstochen wurde. Großherzogin Stephanie übrigens lebte als
Witwe von 1830-1860 im Mannheimer Schloß.2

Auch nach der Niederlage Napoleons in Rußland im Jahre 1812 fochten badische
Truppen für die Sache des französischen Kaisers. Erst nach dessen Niederlage bei
Leipzig (16.-19. Oktober) trat Großherzog Karl auf die Seite der Alliierten über,
auch die badischen Truppen wechselten damit die Front. Nach Napoleons Sturz im
März 1814 trat der Wiener Kongreß zusammen, der die Neuordnung Europas vor-
nahm. Trotz der engen Beziehungen Badens zu Napoleon ging es ungeschmälert aus
dessen Untergang hervor, was namentlich der Unterstützung des russischen Zaren
Alexander I. zu verdanken war, der mit einer Schwester Großherzog Karls vermählt
war. Im Juli 1815 trat Großherzog Karl dem neu entstandenen Deutschen Bund als
Mitglied bei. Das wichtigste innenpolitische Ergebnis der kurzen Regierung Karls
war die badische Verfassung von 1818, die er wenige Monate vor seinem Tode unter-
zeichnete. Sein Nachfolger wurde sein Onkel, Großherzog Ludwig (1818-1830), ein
Sohn Karl Friedrichs aus dessen erster Ehe. Sein Regierungsstil war ganz absoluti-
stisch, so daß er sich mit der Beschränkung seiner Rechte durch eine Verfassung
nicht abfinden konnte. Gleich der erste badische Landtag aus dem Jahre 1819 geriet
in einen scharfen Gegensatz zu Großherzog Ludwig und wurde aufgelöst; auch dem
zweiten ging es so, erst der dritte zeigte sich gefügiger. Die wichtigsten Ereignisse
seiner Regierungszeit waren die Entstehung der unierten evangelisch-protestanti-
schen Landeskirche und die Errichtung der oberrheinischen Kirchenprovinz. 1830
starb Großherzog Ludwig unvermählt und ohne Erben. Sein Nachfolger war Leo-
pold (1830-1852), der älteste Sohn Karl Friedrichs aus dessen zweiter Ehe. Im Un-
terschied zu seinem Vorgänger war er leutselig und beliebt, so daß man ihm den Na-
men „Bürgerfreund" gab. Beraten von liberal gesonnenen Staatsmännern wie Win-
ter und Nebenius, begann Baden, eine liberale Politik zu steuern. Bereits 1835 trat
Baden dem Deutschen Zollverein bei, womit es auch den nationalen Wünschen des
Großbürgertums entgegenkam. Auch die weitere innere Entwicklung stand unter
dem Zeichen des Liberalismus. Die Ablösung der Zehntlasten und die Beseitigung
der Zensur wurden durchgeführt, auch wenn diese auf Druck des österreichischen
Staatskanzlers Metternich wieder hergestellt werden mußte. Unter der Regierung
Großherzog Leopolds entwickelte sich die Zweite Kammer des badischen Landtags
zur hohen Schule des deutschen Liberalismus. Wichtige Ereignisse waren die Eröff-
nung des Mannheimer Rheinhafens 1828134 und der ersten badischen Eisenbahn von
Mannheim nach Heidelberg im Jahre 1840. Doch auch Leopold schwankte zwischen
Reaktion und Liberalismus, was sich im häufigen Wechsel der Regierungen in den
40er Jahren zeigte.

Im Februar 1848 setzte der Mannheimer Abgeordnete Bassermann im badischen
Landtag ein Zeichen, als er beantragte, die Großherzogliche Regierung möge beim

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