MOELLER VAN DEN BRÜCK 153
Kulturentwicklung die Berechtigung dazu übergeht. Nicht nur
das einzelne Kunstwerk, auch die Entwicklung der Künste ist
auf diese Weise ein Gefüge. Kein Volk, das an dem Gefüge
Anteil hat, wird sich mit den Problemlösungen zufrieden geben,
die für das vorhergehende Volk und seine Zeit Geltung besassen.
Jedes schöpferische Volk wird vielmehr der Entwicklung die
Lösung Seiner Nationalität und Seiner Epoche hinzuzufügen
suchen. Es ist der Grund, warum die Entwicldung der Kunst,
trotzdem es sich bei ihr immer nur um Künstlerisches handelt,
sich immer wieder nach dem Nationalen gliedert. Nicht von
der französischen Kunst beherrscht zu werden, sondern gerade
umgekehrt, ihre Mittel zu den neuen und eigenen Zwecken zu
beherrschen, muss deshalb das Ziel für uns sein, das freilich
voraussetzt, dass wir ganz durch sie hindurchgegangen sind und
besitzen, was sie, und nur sie, uns verleihen kann.
Im übrigen ist die Entwicklung der Künste von ganz be-
stimmten Gesetzmässigkeiten abhängig, die zunächst Lebens-
gesetzmässigkeiten sind. Eine Kunst wird immer nur unter
den grossen und ewigen Bedingungen der betreffenden Gattung
möglich sein. Hier liegt heute unsere Aussicht und Zuversicht
in Deutschland, die einzige, die wir haben. Wir arbeiten jetzt
an einer neuen Architektur, zu der sich alle südlichen und west-
lichen Völker unfähig gezeigt haben, und keines unfähiger als
das französische Volk. Erst im Rahmen dieser Architektur
wird eine neue deutsche Malerei ihre grösseren Entwicklungs-
bedingungen finden und die Kunst in Deutschland da auf-
nehmen und weiterführen, wo in Frankreich das Leben ver-
sagt : in einer Monumentalmalerei, in der die malerische Locke-
rung, durch die der Franzose erneuernd gewirkt hat, durch
die zeichnerische Bändigung ersetzt wird, für die der Deutsche
besonders begabt erscheint, und für die Hodler, der nicht
grundlos zwischen beiden Völkern steht, die vorbildende Kraft
zu sein scheint.
z. Z. Florenz. Moeller van den Brück.
Kulturentwicklung die Berechtigung dazu übergeht. Nicht nur
das einzelne Kunstwerk, auch die Entwicklung der Künste ist
auf diese Weise ein Gefüge. Kein Volk, das an dem Gefüge
Anteil hat, wird sich mit den Problemlösungen zufrieden geben,
die für das vorhergehende Volk und seine Zeit Geltung besassen.
Jedes schöpferische Volk wird vielmehr der Entwicklung die
Lösung Seiner Nationalität und Seiner Epoche hinzuzufügen
suchen. Es ist der Grund, warum die Entwicldung der Kunst,
trotzdem es sich bei ihr immer nur um Künstlerisches handelt,
sich immer wieder nach dem Nationalen gliedert. Nicht von
der französischen Kunst beherrscht zu werden, sondern gerade
umgekehrt, ihre Mittel zu den neuen und eigenen Zwecken zu
beherrschen, muss deshalb das Ziel für uns sein, das freilich
voraussetzt, dass wir ganz durch sie hindurchgegangen sind und
besitzen, was sie, und nur sie, uns verleihen kann.
Im übrigen ist die Entwicklung der Künste von ganz be-
stimmten Gesetzmässigkeiten abhängig, die zunächst Lebens-
gesetzmässigkeiten sind. Eine Kunst wird immer nur unter
den grossen und ewigen Bedingungen der betreffenden Gattung
möglich sein. Hier liegt heute unsere Aussicht und Zuversicht
in Deutschland, die einzige, die wir haben. Wir arbeiten jetzt
an einer neuen Architektur, zu der sich alle südlichen und west-
lichen Völker unfähig gezeigt haben, und keines unfähiger als
das französische Volk. Erst im Rahmen dieser Architektur
wird eine neue deutsche Malerei ihre grösseren Entwicklungs-
bedingungen finden und die Kunst in Deutschland da auf-
nehmen und weiterführen, wo in Frankreich das Leben ver-
sagt : in einer Monumentalmalerei, in der die malerische Locke-
rung, durch die der Franzose erneuernd gewirkt hat, durch
die zeichnerische Bändigung ersetzt wird, für die der Deutsche
besonders begabt erscheint, und für die Hodler, der nicht
grundlos zwischen beiden Völkern steht, die vorbildende Kraft
zu sein scheint.
z. Z. Florenz. Moeller van den Brück.