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Im Kampf um die Kunst: die Antwort auf den Protest deutscher Künstler — München, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.3376#0164
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PAUL CASSIRER 157

Frage, die Einwirkung der französischen Kunst auf den deutschen
Geist halte er für schädlich, und spricht im Nebensatz vom
Preise der französischen Kunstwerke. Er tut so, als ob die
französische Kunst nicht hervorragend sei, und erzählt gleich
darauf, dass die Deutschen nur das bekämen, was die anderen
Nationen übrig gelassen hätten. Er spricht gegen die Preise
Monets; sagt, die Spekulation wäre schuld daran; wirft den
Kunsthändlern alle möglichen ehrenrührigen Sachen vor wegen
dieser hohen Preise und erzählt plötzlich, dass er dafür gestimmt
habe, dass die Bremer Kunsthalle für einen Monet 50 000 M.
zahlte (der höchste überhaupt für einen Monet gezahlte Preis).

(„Und doch habe ich seinerzeit, als der um die Entwickelung
unseres Bremischen Kunstlebens und die sehr vornehme Aus-
gestaltung unserer Galerie ausserordentlich verdiente Direktor
Pauli das Bild vorschlug, auch dafür gestimmt und würde es,
angesichts des hohen Kunstwertes, noch heute tun. Es gibt
eben Ausnahmen, bei denen man nicht aufs Geld sehen darf.")

Ich frage mich, was bekämpft Herr Vinnen? Dass schlechte
Werke berühmter Meister nach Deutschland importiert werden?

Ja, wenn einmal festgestellt ist, dass die importierten Werke
schlecht sind, dann wird doch niemand mehr so irrsinnig sein,
dies zu billigen. Oben lobt er Herrn Direktor Pauli und im
nächsten Augenblick greift er ihn an, weil er eine flüchtige
Studie von van Gogh, in der ein Künstler die drei Dimensionen
vermisst — Zeichnung, Farbe und Stimmung — mit 30 000 bis
40 000 M. anstandslos bezahlt.

Ist nun Herr Vinnen wirklich der Meinung, dass Herr
Direktor Pauli das Bild, das er so teuer bezahlt, für eine flüchtige
Studie hält, der diese drei seltsamen Dimensionen — Zeichnung,
Farbe und Stimmung — fehlen. Das ist doch nicht ganz glaub-
haft. Festzustehen scheint nur, dass Vinnen dieses Bild für
schlecht und Dr. Pauli es für gut hält. Also richtet sich der
Protest Vinnens in diesem Falle augenscheinlich dagegen, dass
Dr. Pauli eine andere Meinung von einem Bilde hat, als er, und
er wendet sich an die deutschen Künstler mit der Bitte, sie
möchten gegen das Bild, das sie nicht kennen, protestieren.
 
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