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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0301
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300

X. König — Bischof- Abt in der monastischen Historiographie

Das Zeugnis des Andreas liefert uns also keine Hinweise auf bischöfliches
Wirken Gauzlins, da er die Aktivitäten seines Helden vor der Folie des abbatialen
Handelns bewertet. Vieles von dem, was er schildert, würde man jedoch gegen
den Strich als Belege für bischöfliches Handeln lesen können und zwar in Ko-
operation mit dem König in Verantwortung für das Reich und auf einer lokalen/
regionalen Ebene als Bischofsherrschaft. Die Beziehung zum König wird von
Andreas aber generell alleine auf die abbatiale Funktion zurückgeführt, wie bei
der Passage über den Blutregen in Aquitanien deutlich wurde. Die Frage, ob
Robert jedoch seiner eigenen Wahrnehmung nach mit einem Abt oder einem
Bischof kooperierte und kommunizierte, ist auf einer ganz anderen Ebene an-
gesiedelt. In seiner Korrespondenz über den Blutregen wandte er sich an den
Bischof Gauzlin, dieser antwortete aber als Abt.
Köngisnähe ist also relativ. Andreas geht es darum zu zeigen, dass Robert sich an
Gauzlin wendet und dass das Kloster auf das Königtum zählen kann, so wie es in
der Gemeinschaft erinnert worden ist. Aber was die faktische Königsnähe an-
geht, ist die Vita keine geeignete Quelle. Die Provinz Bourges insgesamt scheint
nach dem Zeugnis der Urkunden nur wenig von den Aktivitäten der königlichen
Kanzlei betroffen gewesen zu sein1268. Der ebenfalls in der Angelegenheit des
Blutregens angeschriebene Fulbert von Chartres kommt nur in einem gefälsch-
ten Diplom Roberts als Intervenent vor, stand aber nach dem Zeugnis seiner
Briefe in einem sehr viel engeren Kontakt zu Robert1269. Die Loiregegend war ein
wichtiges Zentrum kapetingischer Macht und Fulbert von Chartres als Bischof
eine Schlüsselgestalt in dieser wichtigen Region. Das Band zwischen den Köni-
gen und den Bischöfen war auch in Zeiten der monastischen Reform eng1270. Die
Frage steht daher im Raum, ob jenseits des Zeugnisses der Vita für die Beziehung
zu Robert dem Frommen die Erzbischofswürde eine größere Bedeutung gehabt
haben mag1271.
Andreas stellt Gauzlin mit den Worten vor, dass ihm die Erfüllung der öf-
fentlichen Aufgaben so sehr am Herzen lag wie keinem seiner Vorgänger1272. Er
präsentiert Gauzlin in der Vita und in den Miracula Sancti Benedicti am Beispiel
des Konzils von Orleans 1022 und der Ketzerbekämpfung als spirituellen
Wächter des Königreichs1273. Aus diesen Schilderungen sind jedoch nur sehr
begrenzt Aussagen über Gauzlins faktische Königsnähe abzuleiten. Vielmehr
wird dadurch bei den Lesern und Hörern in Fleury das Gefühl der Königsnähe

1268 Gasmand, Les eveques de la province ecclesiastique de Bourges, S. 133.

1269 Foulon, Eglise et reforme, S. 53.

1270 Trotz dieses Befunds sind die Mahnungen O. Guyotjeannins ernst zu nehmen, der davor warnt,
von königlichen Bischöfen oder königlichen Bischofssitzen zu sprechen, da der Einfluss des
Königs bei der Besetzung der Bischofswürde sich von Bistum zu Bistum stark unterscheiden
konnte. Guyotjeannin, Les eveques, S. 96.

1271 Marion Gasmand geht sogar so weit Gauzlin und seinen Amtsvorgänger in Bourges, Dagbert,
„Kreaturen der Kapetinger" zu nennen (Les eveques de la province ecclesiastique de Bourges,
S. 129). S. dagegen das differenzierte Urteil bei Guyotjeannin, Eveques.

1272 Andreas von Fleury, Vita Gauzlini c. 1, S. 32: in administrandis publicis

1273 Andreas von Fleury, Vita Gauzlini c. 36, S. 98; Miracula Sancti Benedicti ed. Certain IV, 20, S. 247.
 
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