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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0329
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XI. Die monastische Konstruktion bischöflichen Fehlverhaltens

Heiligen, von Gott gegeben. Wer aber habe es dem Bischof anvertraut? Aber
Bischof Ludelmus zeigt keine Demut und keine Einsicht. Als Worte nichts mehr
nutzen, schlägt Aper den Bischof zur Strafe für seine Hybris mit seinem Bi-
schofsstab, den er als Rute benutzt.
In den Mircula berichtet der Priester einem Beamten des Bischofs von seiner
Vision. Dieser erteilt daraufhin dem Bischof Ratschläge zum richtigen Verhalten
und zur Rückgabe entzogener Güter an das Kloster. Zwar stimmt der Bischof
dem Rat grundsätzlich zu, verschiebt die Ausführungen aber auf die Zeit nach
seinem Tod. Eine alte Krankheit verschlimmert sich und er stirbt daraufhin
wenige Tage später1402.
Eine solche Kritik ins Gewand einer Vision gekleidet war typisch für Autoren
aus bischöflichen Klöstern, um das Verhalten des aktuellen Bischofs oder von
Vorgängern auf dem Bischofsstuhl als unangemessen zu charakterisieren. Diese
Geschichten finden sich häufiger in Viten und Miracula und dienten nicht dazu,
die Unabhängigkeit vom Bischof zu propagieren1403. Aber sie zeigen die mo-
nastische Perspektive auf, nach der der Bischof sich um die Verteidigung, Er-
haltung und Vermehrung des ihm anvertrauten Klosterbesitzes kümmern muss.
Eine Trennung zwischen materieller Ausstattung der Diözese und dem Klos-
tergut wird jedoch auch in den Miracula S. Apri vorgenommen. Das Kloster und
alle seine Besitzungen gehören dem Heiligen, der diese durch seine Realpräsenz
auf Erden tatkräftig verteidigt, auch gegen einen unfähigen Bischof, dem die
Verwaltung des Klosterguts anvertraut ist. In diesem Zusammenhang wird auch
das bischöfliche Verhalten thematisiert. Es geht nicht mehr wie im 9. Jahrhundert
darum, dass der Bischof als Apostelnachfolger der rechtmäßige Verwalter jeg-
lichen Kirchenguts, auch des Klosterguts ist, sondern dass er als guter Verwalter
im Sinne des Heiligen, des Patrons agiert, im Auftrag des Patrons ein Amt aus-
übt. Dann ist der Bischof nach den Maßstäben des Autors der Miracula Sancti
Apri ein guter patronus, ein guter gubernator der ihm anvertrauten Schar der
Klöster und geistlichen Gemeinschaften jeglicher Couleur — auch Klerikerge-
meinschaften rechnet der Autor der Miracula S. Apri zu diesen congregationes
monasteriorum1404.
Auch in der Vita und der Translatio S. Basoli des Adso von Montier-en-Der,
die er im Auftrag Gerberts von Reims und des Abtes des Reimser Eigenklosters

1402 Miracula S. Apri, c. 21.

1403 Die Formulierung von Vorwürfen mittels eines Visionärs ist ein gängiges Mittel, um Kritik an
bischöflichem Verhalten zu üben. Vgl. Haarländer, Vitae Episcoporum, S. 95. Als Kennzeichen
der Lothringischen Reform nennt John Nightingale gerade die Nähe zu Bischof und Laienvogt.
Die Klöster hätten von dieser Beziehung oft profitiert und gerade die Bischöfe sorgten oft für eine
bessere wirtschaftliche Situation durch Schenkungen. Die Stiftungstätigkeit des regionalen
Adels konnte sich auch steigern.

1404 Miracula S. Apri c. 18: congregationibus monasteriorum, monachorum scilicet ac canonicorum, non ut
pius consul patronusque aderat, sed ut rigidus gubernator. Ein aggressiver Grundton gegenüber
Klerikergemeinschaften fehlt, lässt sich aber in anderen hagiographischen Texten aus Bi-
schofsklöstern durchaus finden, so z. B. in St. Basle.
 
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