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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Mitarb.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0341
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XII. Zusammenfassung: Anwendung von Wissen in der politischen Kultur

Hohenaltheim 916, deren Teilnehmer ihre Aufgabe als Bewahrer von Eintracht
und Frieden in karolingischer Manier betonten. Die Synode verurteilte die Ge-
walt gegen Bischöfe im Konflikt zwischen Karl dem Einfältigen und Konrad von
Ostfranken1418. Ein Opfer war der 913 ermordete Otbert von Straßburg1419.
Ebenfalls betroffen war Einhard von Speyer, doch die Synodalen in Hohenalt-
heim sahen ihn trotz der Blendung weiterhin als episcopus an und bestimmten
einen Verwalter des Bischofssitzes1420. Benno von Metz, der von Heinrich I. 927
eingesetzt worden war, wurde von den Metzern kastriert und geblendet1421. Mit
seinem Fall beschäftigt sich die Synode von Duisburg 929, die die Blendung
verurteilte und die (nicht genannten) Täter exkommunizierte1422. Herod von
Salzburg wurde von Herzog Heinrich von Bayern 955 geblendet, derselbe Her-
zog ließ den Patriarchen von Aquileia kastrieren1423.
Auch wenn Herod geblendet und von seinem Bischofssitz vertrieben war, so
war er doch nicht abgesetzt, es gab also ein kirchenrechtliches Problem1424: Auf
einer Synode 958 in Ingelheim1425 musste entschieden werden, wie mit einem
Bischof, der nicht formal abgesetzt, sondern gefangengenommen, vertrieben
und verstümmelt worden war, umzugehen ist.
Die kirchenrechtliche Rechtsgrundlage waren in Sachen Blendung nicht
eindeutig: das Messelesen war einem bereits Ordinierten nach Verlust eines
Auges zwar nicht mehr gestattet, aber die Erblindung musste nicht zwangsläufig
den Verlust des Bischofsamtes nach sich ziehen1426. Eine schriftliche Verzicht-
leistung eines amtsunfähigen Bischofs war nach kanonischen Bestimmungen
Voraussetzung für eine Neuwahl. Aus diesem Grund wurde Herod offenbar zu
einem Amtsverzicht gebracht und in Ingelheim ein Nachfolger, Friedrich, ordi-
niert1427. Herod selbst aber trug auch nach dieser Neuwahl weiter das Pallium
und las auch weiterhin die Messe. Ein Zeichen dafür, dass er seine Zustimmung
zur Ordination Friedrichs als erzwungen und daher nicht bindend betrachtet
hat1428.

1418 Edition der Synodalakten MGH Cone. VI, 1, S. 1-40.
1419 MGH Cone. VI, 1, c. 29, S. 34. Der Nachfolger Richwin war von Karl III. dem Einfältigen
eingesetzt worden. Das Konzil von Hohenaltheim verurteilte Richwin von Straßburg als Invasor.
1420 De episcopo et confratre nostro Einhardo execato (MGH Cone. VI, 1, S. 35,12).
1421 Flodoard, Annalen ad. a. 929, ed. Lauer, S. 44.
1422 Über die Synode von Duisburg liegen nur indirekte Nachrichten vor, vgl. MGH Cone. VI,1, S. 89-
91. Die Exkommunikation der Täter von Bennos Blendung erwähnt der Regino Fortsetzer zum
Jahr 927 (Reginonis Chronicon, ed. Kurze, MGH SS rer Germ 50, S. 158).
1423 Thietmar, Chronicon II, c. 40.
1424 MGH Cone. VI, 1, S. 202.
1425 Vgl. die Bemerkungen von Ernst-Dieter Hehl in Cone. VI, 1, S. 203-207.
1426 S. Ebd. mit Auflistung der Fälle der erblindeten Bischöfe Einhard von Speyer und Inchad von
Paris.
1427 Reginonis Chronicon, Contiunationes, ad. a. 958, ed. Kurze, S. 169.
1428 MGH Cone. VI, 1, S. 204.
 
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