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Houbraken, Arnold [Hrsg.]
Grosse Schouburgh der niederländischen Maler und Malerinnen: I. Band: Übersetzung des Textes nebst drei Inhalts-Verzeichnissen — Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, Band 14: Wien, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.37104#0033
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ERSTER THEIL.

9

Als er nach zurückgelegten Probejahren gelragt wurde, 18.
was er nun zu thun Willens sei, gab er dem Oberen des
Klosters zur Antwort: dass er weder die Welt, noch das Kloster-
leben, noch sich selbst zur Genüge kenne, und in Folge dessen
auch keinen Beschluss fassen könne, aber die Absicht habe,
sich auch ferner in den Wissenschaften auszubilden. Doch dies
ging so leicht nicht, als bis ihm der Bischof von Utrecht
ein Fürsprecher wurde, der ihm die besondere Gunst erwies,
ihn bei dem Bischof von Gambrai zu empfehlen, der die
Absicht hatte, eine Reise durch Deutschland und Frankreich
nach Italien zu machen und Jemanden suchte, der in vielen
Sprachen bewandert war. Dies behagte auch Desiderius weit
mehr, als hinter den Ringmauern eines Klosters eingeschlossen
zu sitzen.
Nachdem die Reise zurückgelegt und er wieder nach
Holland gekommen war, drängten ihn seine beiden Vormünder
(einer von ihnen war inzwischen gestorben) aufs Neue, selbst
mit Drohungen, sich für das Klosterleben zu entschlossen.
Aber man würde ihn kaum dazu bewogen haben, wenn nicht
einer seiner guten Freunde, der mit ihm in der Jugend zu
Deventer die Schule besucht hatte und sein Zimmergenosse
gewesen, ihn durch Zureden dazu bestimmt hatte, ln Folge
dessen begab er sich in das Kloster Emaus, auch ten Steene
genannt , bei Gouda an der Yssel. Ob dies nun w-irklich aus
Liebe zu seinem alten Freunde, oder wegen der stattlichen
Klosterbibliothek geschah, deren man zu jener Zeit nicht so
leicht wie jetzt theilhaft werden konnte, oder ob es der Umstand
war, dass die Regeln dieses Ordens ihre Angehörigen nicht so
eng gebunden hielten, der ihn veranlasste, dieses vor anderen
zu wählen, weiss ich nicht; aber ich habe Gründe, die letztere
Ursache deshalb anzunehmen, weil er hier in seinen Musse-
stunden die Malerei gelernt und auch ausgeübt hat, ja durch 19.
besonderen Fleiss und Talent es darin so weit brachte, dass
eine von ihm gemalte Kreuzigung Christi, welche, wie die
Quellen berichten, der Prior Kornelis Musius seinerzeit
besass, von allen Kunstkennern gepriesen und von dem genannten
Musius als ein hervorragendes Werk in seinem Cabinete auf-
bewahrt wurde. —
 
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