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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 12.1932

DOI Artikel:
Schück, Walter: Können wir ohne Ausland leben?: Revison der "Autarkie"
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https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0032

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Rudolf Kriz

— Gnädigste sind damit sehr
gut bedient, weil niemand merken
wird, daß es ein teures Kleid ist..

neuen Lebensstils, der demjenigen des
Mittelalters nicht unähnlich wäre, ein wirt-
schaftliches Chaos herrschen.
Deutsche Monopole?
Diese zwangsläufige Entwicklung ist zu
leicht erkennbar, als daß die deutschen An-
hänger der Autarkie sie nicht in Rechnung
stellten. Sie mildern deshalb das Postulat
der Vollautarkie: lebensnotwendige Einfuhr-
artikel sollen, möglichst durch Vermittlung
des Staates, importiert werden dürfen. Im
Umfang dieser Einfuhren wird man auch die
Ausfuhr zulassen, am besten durch direkten
Tausch, wie er tatsächlich in der Wirtschafts-
wirrnis der Gegenwart zwischen Nordamerika
und Brasilien zustandegekommen, zwischen
Deutschland und Brasilien wie Italien und
zwischen einer Reihe anderer Länder geplant
ist — stets mit der Begründung, auf diese
Weise „spare man Devisen": als sei nicht
auch das durch Geld vermittelte Geschäft
lezten Endes ein Tausch von .Ware gegen Ware !

Kein Zweifel: Deutschland würde genau wie die Sowjetunion solche Verkäufe als
Äquivalent ausnahmsweise gestatteter Einfuhren vornehmen können, aber genau
wie Sowjetrußland nur Preise bewilligt erhalten, die weit unter den normalen
liegen. Das Interesse am Sowjetgeschäft war bezeichnenderweise so lange groß,
wie die Sowjetunion Kredite in Anspruch nahm; als die Rückzahlung der Kredite
durch den Verkauf sowjetischer Waren erfolgte, als diese Waren zu Preisen an-
geboten werden mußten, mit denen die anderen Staaten kaum konkurrieren
konnten, sank außerhalb Deutschlands die Begeisterung für Russen-Exporte auf
den Gefrierpunkt (in Deutschland wirkte sich auch hier der zahlungsbilanz-
mäßige Druck aus, der selbst das Sowjetgeschäft noch anziehend machte).
Deutschland, von der Natur hinsichtlich der Ausstattung mit Bodenschätzen und
hinsichtlich der Ergiebigkeit seines Bodens durchaus nicht freigebig bedacht,
braucht Erzeugnisse aus fremden Ländern, braucht sie viel stärker als z. B. das
riesige Sowjetreich. Aber die Welt braucht deutsche Ware nicht.
Diese Feststellung klingt deutschen Ohren nicht erfreulich. Hat doch noch
vor wenigen Monaten der Führer der deutschnationalen Volkspartei die Forde-
rung einer Einfuhr-Sonderabgabe damit begründet, daß das Ausland auf zahl-
reiche deutsche Waren angewiesen sei. Aber dieser Hinweis ist irrig. Das Aus-
land braucht uns nicht mehr: unser einstiges Monopol in Anilinfarben und
pharmazeutischen Spezialpräparaten ist längst gebrochen; genau so steht es mit
allen anderen Produkten. Schaltet sich Deutschland aus der Weltwirtschaft aus,
so verliert es mehr als der Rest der Welt; wer die Gegenwart mit ihren sinkenden
Importziffern begrüßt, muß auch den gedrückten Lebensstandard unserer Tage

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