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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 12.1932

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Dami, Aldo: Damit wir uns verstehen: Parlamemt und Politik in Frankreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0237

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Laszlo Meitner
— Wie können Sie nur das Kino mit dem
Theater vergleichen ? Haben Sie dort auch diesen
lebendigen Kontakt mit uns Künstlerinnen?

sogenannter Radikaler mit einigem sozialen Einschlag ist, keineswegs ein extremer
Sozialist. Und nun gar die Schwierigkeit, daß die radikale „Linke" rechts von den
„Radikalen" stimmt, und welche Unterschiede — gibt es solche wirklich? — die
„Linksrepublikaner" von der Republikanischen Linken trennen, oder die So-
zialisten von den „Sozialistischen Republikanern" schlechthin und von den so-
genannten „Sozialistischen Frankreich-Republikanern".
Man muß darum dem
Ausländer vor allem die
vier Leit- und Grundsätze
einer jeden französischen
Politik einprägen (Fournot
gebührt das Verdienst
dieser Erkenntnis):
Daß, erstens, in Frank-
reich die Politik Selbst-
zweck ist, ein Spiel ohne
Beziehung auf die Sache
selbst; das souveräne Volk
legt hier einfach seinen
Herrscherwillen in die
Hände einiger Leute, die
dann sogleich nach den
Wahlen zu reinen Poli-
tikern, zu Fachleuten
werden, die z. B. Minister
stürzen, ohne daß darum
die politische Gesinnung
des Landes sich im min-
desten änderte.
Daß, zweitens, die
Franzosen sich immer ge-
gen — und niemals für —
eine Sache erhitzen.
Daß, drittens, die
„Rechte" — wie immer
benannt und zusammen-
gesetzt — niemals regie-

rungsfähig ist, d. h. die jeweils die Rechte bildende Gruppe.
Und endlich, daß die Parteien sich nicht durch positive Programme voneinander
unterscheiden, sondern nur durch die Emphase ihrer Ablehnungen. Die Sozialisten,
die gerade einen Gedanken aufgebracht haben, werden ihn sofort bekämpfen,
sobald sie merken, daß die Rechtsparteien ihn sich zu eigen machen. Wichtig ist
hier nicht der politische Gedanke, wichtig ist nur, daß man sein alleiniger Träger
sei und daß man gute politische Freundschaft halte. Es herrscht die Orthodoxie.

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