Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 12.1932

DOI article:
Ramus, Pierre: Ein Tag im Kloster
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0701

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Ein Tag im Kloster
Von
Rudolf Großmann
Abgerissenes geballtes Gewölk zieht
schwarz über kreidige Felsenplatten,
die, überall an waldigen Höhen zerstreut,
das Kloster mit einer zweiten natürlichen
Mauer umschließen. Man ist wie gefan-
gen — weg von der übrigen Welt.
Unwillkürlich suche ich nach einem
Ausblick, gehe ein paar Schritte. Die paar
abgelegenen Hügelkuppen, die ich sehe,
werden von heftigen Regenschauern ver-
dunkelt. Dann und wann erhellt zwischen
Wolken ein Lichtstrahl ein Schieferdach.
Jetzt kann man das Kloster in seiner
ganzen Ausdehnung sehen. Unten vom
Dorf aus war es unübersichtlich, saß mit


seinen hohen Mauern, den umhegenden kleinen Häuschen fast drohend auf.
Hinter Fenstern und Umfriedung lautlose abseitige Stille. Wenn es nicht
von Zeit zu Zeit läutete, könnte man glauben, es sei unbewohnt.
Ein Mönch kam mit einem Ham-
mer aus dem Eingang, eine große
muskulöse Gestalt (das Kloster hat
seine eigenen Handwerker-Mönche).
Er ging auf drei Maurer zu und
sprach mit ihnen. Sie wischten mit
gewohnheitsmäßiger Ehrerbietung
ihre Kappen über die Köpfe.
Ich klingelte an der Pforte. Ein
blasser, körperloser Mönch öffnet.
Der Gastpater erscheint und führt
mich in mein Zimmer, das am ent-
legenen Flur der immer bereitge-
haltenen Gästezimmer liegt. Auf
meinen Zweifel, ob ich das Fasten
vertragen würde, meint er lächelnd,
mit herablassender Duldung für
weltliche Schwächen: Fremde seien
an dieseVorschriften nicht gebunden.
Wieder allein, setze ich mich
etwas bedrückt auf das ächzende
Bett. Denn trotz eines sargähnlichen

471
 
Annotationen