Nein, nein, ihr Haar sieht nicht mehr so aus wie damals, als sie den Wind ihre
Locken zausen und einen ihrem Alter angemessenen Flirt zärtlich darüberstreichen
ließ...
„A skin you love to touch", sagt John Woodburry. Das besagt viel mehr:
„Eine Haut, die du gern berührst . .
Und die Frau streicht angstvoll mit nervöser Hand über ihre zu dicken Hüften
oder über ihre rauhen Ellbogen oder ihr Doppelkinn, das Fett ansetzt.
Und schließlich die Königin der Kosmetik, in der Fifth Avenue! Nur drei
Worte, aber drei Worte, die man nicht vergißt: ,,Your masterpiece: yourself!"
Sehr viele erwähne ich gar nicht. Die Unzähligen, die keine Reklame machen,
keine Devisen haben und keine goldenen Türen mit goldenen Negern, die sie
öffnen. Ich übergehe alle die beinahe Namenlosen, die in kleinen Läden und
Zimmerchen schneiden, metzgern, zusammendrücken, massieren, durchbohren,
umgraben, zunähen, verlängern, strecken, malen und enthaaren und nur den
Frauen ihres Viertels bekannt sind, die hinkommen, um sich ihr Lächeln in
Ordnung bringen und die Lider herrichten zu lassen, während die Buttertoasts
am elektrischen Grill zwischen einer Scheibe Ananas und einer Scheibe Räucher-
lachs oder Speck rösten.
Denn bei diesen Schönheitsgeschäften wird das gleiche soziale Gesetz beob-
achtet,' das alles in USA bestimmt: das Kino für alle, das Auto für alle, das Bade-
zimmer, die frische Milch, der elektrische Stuhl... Und die Schönheit.
Das nenne ich Sozialismus!
Die Schönheitsmode kann sich ändern. Die Grundzüge allerdings sind un-
veränderlich, denn sie tragen die charakteristische Marke, das Siegel von USA.
Aber es besteht ein Unterschied zwischen dem Typus Mary Pickford, der einmal
ungeheuer beliebt war, und dem Stil Greta Garbo, an den sich die amerikanischen
Frauen augenblicklich zu halten scheinen. Tatsächlich hängt das alles eng mit dem
Kino zusammen, das dem Publikum die greifbare Form seiner Idole bietet.
Augenblicklich werden also Greta Garbos fabriziert. Auch Pola Negris und Clara
Bows gefielen sehr oder auch Joan Crawfords ... der Typus des Vorjahrs.
Der Traum des biederen amerikanischen Bürgers ist solchermaßen Wirklich-
keit geworden: er kann jeden Abend mit einem Filmstar bei Tisch sitzen. Nur
kommt es vor, daß sich sein Traum, wenn er einmal eine Zeitlang abwesend ist,
inzwischen ändert. Der Mann hat Lilian Gish verlassen und findet, zurückgekehrt,
statt ihrer eine Gloria Swanson oder Lupe Velez. Eine gewisse Anpassungs-
fähigkeit muß da sein. Denn es kann einem leicht passieren, daß man eine amerika-
nische Frau, die man längere Zeit allein gelassen hat, nicht mehr wiederfindet.
Die Hauptbeschäftigung der Schönheitsinstitute besteht darin, die Gesichter
zu „modernisieren".
Schließlich handelt es sich auch nicht nur darum, Nasen, Kinne oder Lippen
zu ändern, man muß den Gesichtern, an denen Messer und Chemikalien herum-
gearbeitet haben, auch einen neuen Ausdruck geben: Was wäre das Gesicht der
Marlene Dietrich mit dem Blick der Bebe Daniels?
Da gibt es nun richtige Ausdrucks-Händler...
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Locken zausen und einen ihrem Alter angemessenen Flirt zärtlich darüberstreichen
ließ...
„A skin you love to touch", sagt John Woodburry. Das besagt viel mehr:
„Eine Haut, die du gern berührst . .
Und die Frau streicht angstvoll mit nervöser Hand über ihre zu dicken Hüften
oder über ihre rauhen Ellbogen oder ihr Doppelkinn, das Fett ansetzt.
Und schließlich die Königin der Kosmetik, in der Fifth Avenue! Nur drei
Worte, aber drei Worte, die man nicht vergißt: ,,Your masterpiece: yourself!"
Sehr viele erwähne ich gar nicht. Die Unzähligen, die keine Reklame machen,
keine Devisen haben und keine goldenen Türen mit goldenen Negern, die sie
öffnen. Ich übergehe alle die beinahe Namenlosen, die in kleinen Läden und
Zimmerchen schneiden, metzgern, zusammendrücken, massieren, durchbohren,
umgraben, zunähen, verlängern, strecken, malen und enthaaren und nur den
Frauen ihres Viertels bekannt sind, die hinkommen, um sich ihr Lächeln in
Ordnung bringen und die Lider herrichten zu lassen, während die Buttertoasts
am elektrischen Grill zwischen einer Scheibe Ananas und einer Scheibe Räucher-
lachs oder Speck rösten.
Denn bei diesen Schönheitsgeschäften wird das gleiche soziale Gesetz beob-
achtet,' das alles in USA bestimmt: das Kino für alle, das Auto für alle, das Bade-
zimmer, die frische Milch, der elektrische Stuhl... Und die Schönheit.
Das nenne ich Sozialismus!
Die Schönheitsmode kann sich ändern. Die Grundzüge allerdings sind un-
veränderlich, denn sie tragen die charakteristische Marke, das Siegel von USA.
Aber es besteht ein Unterschied zwischen dem Typus Mary Pickford, der einmal
ungeheuer beliebt war, und dem Stil Greta Garbo, an den sich die amerikanischen
Frauen augenblicklich zu halten scheinen. Tatsächlich hängt das alles eng mit dem
Kino zusammen, das dem Publikum die greifbare Form seiner Idole bietet.
Augenblicklich werden also Greta Garbos fabriziert. Auch Pola Negris und Clara
Bows gefielen sehr oder auch Joan Crawfords ... der Typus des Vorjahrs.
Der Traum des biederen amerikanischen Bürgers ist solchermaßen Wirklich-
keit geworden: er kann jeden Abend mit einem Filmstar bei Tisch sitzen. Nur
kommt es vor, daß sich sein Traum, wenn er einmal eine Zeitlang abwesend ist,
inzwischen ändert. Der Mann hat Lilian Gish verlassen und findet, zurückgekehrt,
statt ihrer eine Gloria Swanson oder Lupe Velez. Eine gewisse Anpassungs-
fähigkeit muß da sein. Denn es kann einem leicht passieren, daß man eine amerika-
nische Frau, die man längere Zeit allein gelassen hat, nicht mehr wiederfindet.
Die Hauptbeschäftigung der Schönheitsinstitute besteht darin, die Gesichter
zu „modernisieren".
Schließlich handelt es sich auch nicht nur darum, Nasen, Kinne oder Lippen
zu ändern, man muß den Gesichtern, an denen Messer und Chemikalien herum-
gearbeitet haben, auch einen neuen Ausdruck geben: Was wäre das Gesicht der
Marlene Dietrich mit dem Blick der Bebe Daniels?
Da gibt es nun richtige Ausdrucks-Händler...
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