Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 12.1932

DOI Artikel:
Klinckowstroem, Carl Ludwig Friedrich Otto von: Taschenspieler und Medien
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.73728#1262

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Taschenspieler und Medien
Von
Carl Graf v. Klinekowstroem
Ein Zauberkünstler hat einmal gesagt: Medien sind schlechte Taschenspieler;
denn sie brauchen die Dunkelheit für ihre Kunststücke, während wir Magier
bei strahlendem Licht arbeiten.
In dieser Aussage liegt insofern sogar eine Überschätzung mediumistischer
Kunstfertigkeit, als die wenigsten Medien wirklich über taschenspielerische
Fähigkeiten verfügen. Das Geheimnis ihres Erfolges liegt zum größten Teil in den
Bedingungen, unter denen sie sich zu Sitzungen herbeilassen. Der Ritus dieser
Sitzungen hat sich seit Beginn der spiritistischen Bewegung nahezu unverändert
erhalten. Er läuft darauf hinaus, die Beobachtung zu erschweren, Betrug zu
begünstigen und eine Entlarvung nach Möglichkeit zu verhindern: Dunkelheit,
Lärm durch Musik, Gesang oder gesteigerte Unterhaltung, die Händekette,
Verbot unvermuteten Lichtmachens und Zugriffs; dazu das mystische Milieu.
Das sind die wesentlichen Bestandteile dieses sehr zweckmäßig ersonnenen
Betrugssystems, das einem gewandten Medium ermöglicht, verblüffende Phäno-
mene zu zeigen.
Eines der ganz wenigen Medien, das wirklich über taschenspielerisches
Können verfügte, war der Amerikaner Henry Slade, der durch die Versuche
Prof. Zöllners in Leipzig (1877/78) zu unverdientem Ruhme gelangt ist. Seine
Spezialität war der bekannte Geistertafeltrick. In dieser Vorführung erlangte
Slade eine solche Fertigkeit, daß auch Berufszauberkünstler, wie der berühmte
Bellachini, nicht dahinter kamen, wie er es machte, und ihm bezeugten, daß es
sich um ein übernormales Phänomen handeln müsse. Das darf uns nicht weiter
wundern. Denn Slade bot etwas ganz Neues, er war Spezialist. Auch ein gewiegter
Zauberkünstler braucht durchaus nicht immer einen ihm neuen Trick, der ihm
gezeigt wird, sofort zu durchschauen. Sonst wäre es nicht möglich, daß z. B. im
Magischen Zirkel ein Mitglied den anderen einen neuen magischen Trick vor-
führt, der diesen zunächst undurchsichtig bleibt. Bellachinis Urteil beweist also
gar nichts für Slade.
Der Geistertafeltrick ist heute von dem Repertoire der Medien verschwunden,
denn er wurde von den Zauberkünstlern übernommen. Als einer der ersten
brachte es der englische Amateur-Taschenspieler S. J. Davey in der Ausführung
dieses Kunststücks zu einer solchen Vollendung, daß er Slade weit in den
Schatten stellte. Er bewies das im Rahmen einer Veranstaltung, die im Jahre 1886
von der Londoner Society for Psychical Research auf Veranlassung von Dr. Richard
Hodgson unternommen wurde zu dem Zwecke, auf experimentellem Wege die
Quellen der mannigfachen Beobachtungstäuschungen zu erforschen, wie sie bei
spiritistischen Sitzungen vorkommen mußten. Die englischen Forscher waren zu
der Überzeugung gelangt, daß in solchen Sitzungen eine ganze Reihe von Fehler-
quellen zusammenwirken mußte, um zu Berichten über ganz unerklärliche
Erscheinungen zu führen. Diese Fehlerquellen bestanden im wesentlichen in der

862
 
Annotationen